Schifffahrt am Ammersee:Ultraschall-Untersuchung für den Schiffsbauch

Lesezeit: 3 min

Bei der TÜV-Untersuchung der MS Utting schreibt Jan Haupt auf seinem Klemmbrett mit. (Foto: Nila Thiel)

Mit einem Blick fürs Detail untersucht Jan Haupt vom TÜV-Süd die MS Utting von der Ammersee-Schifffahrt. Was er bei der vorgeschriebenen Inspektion alles überprüft - und wie sein Urteil ausfällt.

Von Christina Rebhahn-Roither, Inning

Jan Haupt steigt die Stufen in das Trockendock hinunter. Mit Klemmbrett, Hammer, Klebeband, Taschenlampe und einem Ultraschallmessgerät ausgestattet, wird er in den nächsten Stunden die MS Utting untersuchen. Wofür er die Utensilien genau braucht, dazu gleich mehr. Zunächst sticht nämlich ins Auge, dass dem Schiff etwas Entscheidendes fehlt: Wasser. Die MS Utting befindet sich derzeit im sogenannten Trockendock der Ammersee-Schifffahrt. Das bedeutet, dass sie im Trockenen liegt, um genau zu sein auf mehreren großen Klötzen steht. Das Wasser ringsum wurde abgepumpt, so dass nun auch jener Teil des Schiffs zugänglich ist, der normalerweise unter dem Seespiegel liegt.

Der 49-jährige Haupt mit getrimmtem Bart, grüner Mütze und genauem Blick arbeitet für den TÜV-Süd und nimmt heute eine Überprüfung vor, die für Schiffe wie die MS Utting alle fünf Jahre ansteht. Es ist die erste Landuntersuchung für das Schiff, das seit 2017 über den Ammersee schippert. Haupt sagt mehrmals, dass "nicht viel zu erwarten" sei bei diesem Schiff. Dem gelernten Maschinenbauer geht es heute darum, den Bootskörper zu untersuchen. Die Technik, wie zum Beispiel der Motor, wird separat bei der sogenannten Betriebsuntersuchung alle zwei Jahre kontrolliert. Haupt beginnt, das Schiff Schritt für Schritt von außen abzugehen, klopft ab und an mit seinem Hammer gegen den Stahl, hält Ausschau nach Dellen und wirft einen genauen Blick auf die Schweißnähte. Normalerweise leuchtet er Schiffe dafür aus, erzählt er, doch heute scheint am Ammersee die Sonne und Haupt kommt - noch - ohne künstliche Lichtquelle aus. Der Prüfer entdeckt eine kleine Korrosion, also Rost. Er klopft mit dem Hammer darauf. Würde nun etwas herausfallen, wäre das nicht gut, doch dem ist nicht so. Die Stelle sei kein Problem für den Schiffskörper, so Haupt.

Jan Haupt vom TÜV-Süd überprüft den Bootskörper der MS Utting, die im Trockendock steht. (Foto: Nila Thiel)

Etwas ungewöhnlich findet er, dass der Lack an einigen Stellen deutlich abblättert. Das sollte nicht so sein, doch ein sicherheitstechnisches Problem sei es nicht, versichert der Fachmann, denn die Oberfläche darunter ist blank. Über die Jahre solle man das beobachten. Der Betriebsleiter der Ammersee-Schifffahrt, Florian Schmid, versichert sogleich, dass die zuständige Werft den Lack wo nötig problemfrei ausbessern und erneuern werde.

Mit einem Ultraschallmessgerät misst Haupt die Stahldicke

Auch das Klebeband kommt auf der Außenseite der MS Utting zum Einsatz. Damit versucht Haupt natürlich nicht, den herunterblätternden Lack zu fixieren, sondern nutzt es als Markierung. An den gewählten Stellen schleift ein Arbeiter die Lackierung ab, damit Haupt die Stärke der Wand genau messen kann. Und dabei kommt nun das Ultraschallmessgerät zum Einsatz. Auf dem Display wird in Millimetern die Stahldicke anzeigt, als Haupt das Ende eines Kabels an die Bootswand hält. Zuerst trägt er aber noch Kopplungsmittel auf, "wie beim Arzt" sagt er. Das Ergebnis der ersten Messung: Etwas mehr als sechs Millimeter. Haupt ist zufrieden. Im Vorfeld wurde berechnet, dass die Wand der MS Utting mindestens 3,4 Millimeter stark sein sollte. Mit der Außenseite des Schiffs ist Haupt damit erst einmal zufrieden, später wird er noch an den restlichen Stellen die Wanddicke messen.

Die Stahldicke der MS Utting wird von Jan Haupt gemessen. Florian Schmid, Betriebsleiter der Ammersee-Schifffahrt, beobachtet den Vorgang. (Foto: Nila Thiel)

Der TÜV-Süd-Industrieservice ist nach Haupts Angaben das einzige Unternehmen, das TÜV-Prüfungen an Fahrgastschiffen auf bayerischen Seen durchführen kann. Drei solcher Schiffe hat Haupt in diesem Jahr nun schon untersucht. Nur etwa eine Handvoll Leute wie ihn gebe es in dem Bereich in Bayern, aber das reiche auch. Der 49-Jährige prüft seit etwa zehn Jahren Schiffe und wurde dafür extra geschult, wie er erzählt. Parallel überprüft er auch Dampfkesselanlagen. Früher hat Haupt neue Brennstäbe für Kernkraftwerke unter die Lupe genommen. Ein beruhigendes Gefühl, wenn ein Mann mit so viel Erfahrung nun das Schiff für die Fahrt über den Ammersee durchcheckt.

Etwas später im Jahr stehen dann noch Sportboote auf Haupts To-Do-Liste. "Das sind viele", sagt er. Deshalb gibt es von Mai an Sammeltermine mit jeweils zwölf bis 15 Booten und außerdem mehrere zuständige Kollegen. Schließlich verrät Haupt auch ein Detail, das man von jemandem, der beruflich mit Schiffen zu tun hat, wohl nicht erwartet hätte: Er wird leicht seekrank.

Für die TÜV-Untersuchung überprüft Jan Haupt die Stahlbeschaffenheit auch im Inneren des Schiffes, hier im Tankraum. (Foto: Nila Thiel)

An diesem Tag hat Haupt in der Hinsicht aber Glück, denn die MS Utting schaukelt nicht auf den Wellen, als er seine Untersuchung im Inneren des Schiffs fortsetzt. Auch von dieser Seite wird die Wand geprüft und nun braucht Haupt doch noch eine Taschenlampe. Mancherorts müssen Platten hochgehoben werden, damit er in versteckte Winkel leuchten kann. Haupt prüft unter anderem den Boden im Maschinenraum. "Alles sauber und blank."

Schließlich zieht der Mann mit dem Klemmbrett ein Resümee: Das Ergebnis sei positiv - erwartungsgemäß. Es gebe "soweit keine Auffälligkeiten" und keinerlei Auflagen. Nur eine Empfehlung spricht er noch aus, nämlich die Stellen, an denen der Lack abgesplittert ist, zu beobachten. Nach dem abgeschlossenen Besuch des TÜV-Süd wird Haupt das Ergebnis seines Berichts auch an das zuständige Landratsamt schicken. Ein paar Wochen vor dem Saisonstart, so plant es Betriebsleiter Schmid, soll die MS Utting dann schließlich nach ihrer Zeit im Trockendock wieder in den Ammersee entlassen werden.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ-Serie S(ee)aisonarbeiter
:Der Handwerker-Kapitän

Unter dem Jahr steht Helmut Diller am Steuerrad eines Ammerseedampfers, im Winter bereiten er und seine Kollegen in der Schifffahrtswerkstatt alles für die neue Saison vor. Zu Besuch an einem Ort, wo man schon jetzt Sommergefühle hat.

Von Christina Rebhahn-Roither

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: