Radschnellweg:"Da wird die Angstkulisse einer Rennstrecke aufgebaut"

Lesezeit: 3 min

Anton Maier, Kreisrat und passionierter Radler, spricht im Interview über die Vorbehalte gegen die wohl gescheiterte Verbindung zwischen Starnberg und München.

Interview von Michael Berzl, Starnberg

Wenn es ums Radfahren geht, kennt sich kaum einer so gut aus wie Anton Maier aus Feldafing - und das aus eigener Anschauung. Der Berufsschullehrer und Starnberger Grünen-Kreisrat fährt mehrmals pro Woche mit dem Rad knapp 40 Kilometer in die Arbeit in Schwabing. Und auch als Kommunalpolitiker setzt er sich stets für diese Alternative zum Auto ein.

SZ: Wie oft fahren Sie mit dem Rad?

Anton Maier: Drei Tagen die Woche, weil der Stundenplan das erlaubt. Wenn ich ganz früh anfange oder einen langen Tag habe, dann nehme ich die S-Bahn.

Warum nicht das Auto?

Wir haben keine Parkplätze. Es gibt 17 Plätze bei 80 Kollegen.

Das ist ein Grund. Wenn das Radfahren attraktiver wäre, würden vielleicht noch mehr Menschen umsteigen. Darum auch ein Schnellweg. Gerade sieht es aber so aus, als würde daraus im Landkreis Starnberg nichts werden, weil die Strecke in den Kommunen auf Widerstände stößt. Was ist da schiefgelaufen?

In Krailling bauen die eine Angstkulisse auf, als würde das eine Rennstrecke für Rennradler, wie eine Autobahn, die man nicht überqueren kann. Die haben offenbar überlesen, dass die Geschwindigkeit 20 Kilometer pro Stunde sein soll. Das verträgt sich doch auch mit einer Ortsmitte. Das wäre sogar ideal, weil dort Radfahrten gebündelt werden sollen und nicht die Autostellplätze. Da sollen diejenigen mit dem Rad hinkommen, die Einkäufe erledigen oder ein Eis essen oder was auch immer. Aber dass die Kraillinger das ablehnen, war absehbar. Die hatten Alternativrouten vorgeschlagen, aber darauf ist das Planungsbüro nicht eingegangen. Es war klar, dass die Ortsmitte für die Gemeinde Krailling eine hohe Priorität hat. In Gauting sind es wohl unter anderem Parkplätze an der Hangstraße, die wegfallen würden.

Und jetzt halten sowohl die Kraillinger als auch die Gautinger die von Fachleuten als beste Variante ausgewählte Route für nicht machbar.

Die hatten vielleicht falsche Vorstellungen, wie von der Nordbahn in Wuppertal auf einer ehemaligen Bahnstrecke. Da war kein Stellplatz drauf vorher, da ist kein Geschäft am Weg, es geht nicht durch die Ortsmitte. Der große Nachteil ist, man muss immer von dieser Bahn runter, wenn man zum Ort will. Eigentlich ist das etwas für den Durchgangsverkehr. Diese Art von Radschnellweg brauchen wir aber nicht, sondern eine Route, die man für den Schulweg oder zum Einkaufen ein Stück nutzt oder wenn man etwa einen Arbeitsplatz in Pasing erreichen will. Da genießt man eine hindernisfreie Fahrt, muss nicht an der Ampel halten, rechts vor links beachten oder an geparkten Autos vorbei. Bei solchen Hindernissen fährt man halt doch schneller mit dem Auto.

Die Route wäre richtig gewesen?

Die Planer haben ja vieles berücksichtigen müssen: die Pendler, die Alltagsfahrten, die Schüler. Ganz wichtig ist der Campus Martinsried mit vielen jungen Leuten, die radaffin sind. Natürlich ist das ein Weg, der auch durch Wohngebiete geht. Vor allem die Funktion hat man schlecht verkauft.

Braucht man denn so einen Radweg tatsächlich, würde der angenommen? Oder ist das überambitionierte Traumtänzerei?

Der Weg soll ja zum Umsteigen motivieren. Er muss also komfortabler und sicherer sein als das, was wir jetzt anbieten. Viele Radler fahren jetzt schon auf der Margaretenstraße in Krailling an der Würm entlang oder in Stockdorf an der Schule vorbei in Richtung Pasing. Um das attraktiver zu machen, muss ich den Radlern Vorfahrt gewähren oder auch mal eine Kreuzung so umbauen, so dass es unkomfortabler wird für andere Verkehre.

Eine ziemlich teure Angelegenheit, wenn man die Schätzungen in der Studie anschaut. Da ist von Gesamtkosten von 19 Millionen Euro die Rede. Der Aufwand beträchtlich. Fahrbahnbreiten von bis zu vier Metern. Muss in Deutschland immer alles 150-prozentig sein? Ginge es nicht auch eine Nummer kleiner?

Die Breite würde ich nicht infrage stellen. Man konnte das im vergangen Jahr sehen, bei Ausflugswetter auf einem eigentlich gut ausgebauten Radweg an der alten Olympiastraße. Da reichen drei Meter nicht aus für Radverkehr in beide Richtungen. Und in einer Ortsmitte verträgt sich das nicht, wenn die einen einkaufen wollen und andere daran vorbei fahren. Das muss man baulich entsprechend gestalten. Sichere Kreuzungen brauchen wir auch ohne Radschnellweg.

Nun will das aber offenbar niemand. Ist das Projekt damit gestorben - oder ist es irgendwie noch zu retten?

Das hängt ganz stark vom Thema Förderung ab. Wenn es so ist, wie der Landrat sagt, dass bei Abweichungen vom Plan die Förderung weg ist, fürchte ich, dass es gestorben ist. Als großen Wurf, alle Hindernisse auf der Strecke in einem überschaubaren Zeitraum umzubauen, können wir das nicht leisten ohne diesen Masterplan. Es kann vielleicht die eine oder andere Stelle ausgebessert werden aber nicht in der großzügigen Art. Man könnte höchstens noch einige unstrittige Teilstücke für den Alltagsverkehr verbessern. Sehr wichtig wäre der alltagstaugliche Ausbau Mühltal-Königswiesen an der Bahn, weil damit das Mühltal sicher überwunden werden kann.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Verkehrspolitik
:Niemand will die Radlautobahn

In Krailling und Gauting wehrt man sich gegen die von Fachleuten ausgewählte Route für den Schnellweg von Starnberg nach München - nicht nur wegen der hohen Kosten. Damit ist das Millionenprojekt eigentlich schon im Ansatz gescheitert.

Von Michael Berzl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: