Landkreis Starnberg:Flüchtlingsberatung vor dem Aus

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Der Verein "Hilfe von Mensch zu Mensch" wartet auf einen Millionen-Zuschuss. Hauptamtliche Integrationsberater sollen bereits ihre Kündigung bekommen haben.

Von Blanche Mamer, Starnberg

Die hauptamtliche Flüchtlings- und Integrationsberatung in der Region steht vor dem Aus. Diese leistet bislang der Verein "Hilfe von Mensch zu Mensch", der dafür staatliche Zuschüsse bekommt. Nach SZ-Informationen will das Innenministerium die nächste Rate erst im kommenden Jahr auszahlen. Über die Höhe und den Zeitpunkt gehen die Angaben auseinander: Der Verein geht in einem internen Rundschreiben von einer Summe von einer Million Euro aus, die erst im Juli 2019 ausgezahlt werden solle. Die Lücke könne "Hilfe von Mensch zu Mensch" nicht überbrücken, der Verein befürchtet, die Beratungsstellen in den Landkreisen Starnberg, Bad Tölz-Wolfratshausen und Miesbach auflösen zu müssen. Mitarbeiter sollen bereits ihre Kündigung zum Jahreswechsel erhalten haben.

Das Innenministerium weist diese Darstellung als unzutreffend zurück: Dem Verein sei eine erste Abschlagszahlung bis spätestens Februar 2019 zugesagt worden. Über die Höhe gab es keine Angaben.

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"Hilfe von Mensch zu Mensch"-Gründerin und Geschäftsführerin Sadija Klepo sagt, der Verein habe keine Rücklagen, um die Beratung bis Mitte 2019 vorzufinanzieren. Damit die Organisation erhalten bleibt und sie Flüchtlinge auf andere Weise weiter unterstützen kann, müssten wahrscheinlich die Standorte in den drei Landkreisen aufgelöst werden, hieß es im Rundschreiben an Helfer vom vergangenen Freitag. Mit den sechs Mitarbeitern im Landkreis Starnberg sei bereits "vorsorglich" gesprochen worden, sagt Klepo. Der Verein wolle die Büros aber nicht aufgeben und arbeite an einer Lösung. "Wir sind im Gespräch mit dem Ministerium und den Landratsämtern und hoffen, dass wir etwas erreichen", sagt Klepo. Sie will sich weitergehend jedoch nicht äußern. "Ich kritisiere kein Ministerium", sagt sie. "Wir sind nur ein freier Träger."

Es geht um Kosten in Höhe von einer Million Euro für die drei Landkreise. Allein im Landkreis Starnberg betreuen die hauptamtlichen Flüchtlings- und Integrationsberater 14 Gemeinschaftsunterkünfte mit etwa 1700 Flüchtlingen. Der Verein unterhält Büros in Starnberg, Gauting und Weßling. Julian Montoan, Koordinator des Vereins für den Landkreis Starnberg, wollte sich nicht äußern, bestätigte aber, dass es derzeit massive Sorgen gebe.

"Es wäre eine Katastrophe. Wenn die Integrationsberatung durch die Mitarbeiter von "Hilfe von Mensch zu Mensch" geschlossen werden müsste, wäre das ein massiver Eingriff in die Arbeit mit Flüchtlingen", warnt etwa Claudia von Maltitz vom ehrenamtlichen Gautinger Asylhelferkreis. Seit 2013 betreut sie Flüchtlinge in der Sammelunterkunft in der Paul-Hey-Villa an der Ammerseestraße. Vor allem bei Anträgen zur Arbeitserlaubnis oder Fragebögen fürs Jobcenter seien die meisten Ehrenamtliche überfordert. "Auch für uns Helferkreise wäre das der Super-GAU", sagt von Maltitz. Die Flüchtlingshelferin weiß, dass die ersten Kündigungen zum 1. Januar 2019 bereits ausgesprochen sind. "Wir Vertreter der Helferkreise haben einen Termin mit Landrat Karl Roth am 18. Dezember. Das könnte vielleicht schon zu spät sein, denn möglicherweise sind die Mitarbeiter dann nicht mehr verfügbar."

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Im Landratsamt Starnberg ist man ratlos. "Es gibt die Zusage vom Ministerium, für das kommende Jahr 7,4 Stellen zu bewilligen", sagt Sprecherin Barbara Beck. Vergangene Woche habe der Verein mitgeteilt, dass er die Beratung nicht weiter leisten könne. "Wir müssen sehen, wie wir damit umgehen", sagte sie. Zur Finanzierungslücke könne sie keine Auskunft geben, das sei Sache des Ministeriums. Dieses erklärt, "Hilfe von Mensch zu Mensch" sei die Finanzierungsgrundlage keinesfalls kurzfristig entzogen worden. Das Verfahren zur Auszahlung der Fördergelder bestehe seit Anfang des Jahres.

Geschäftsführerin Klepo rechnet vor, dass der Verein von Mitte 2015 bis November 2018 Rücklagen von 1,1 Million Euro für die Flüchtlingsberatung aufgewendet habe. Der Verein habe versucht, durch ergänzende Projekte zusätzliche Finanzmittel einzuwerben. "Im Juni 2018 wurde eine bereits genehmigte Förderung wesentlich reduziert, was unsere Finanzplanung zusätzlich erschwerte." Darum muss der Verein die Zahl der Stellen im Landkreis ohnehin von elf bis zum Ende dieses Jahres auf sechs reduzieren. Diese Zuschusskürzung sei ohne vorherige Bekanntmachung vollzogen worden, erklärt Klepo. "Die Rücklagen des Vereins reichen nicht aus, um die notwendige Vorfinanzierung aufzubringen."

© SZ vom 04.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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