Konzert:Groove-Jazz gehört zur DNA

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Das Jazz-Quartett "The Jakob Manz Project" um Altsaxofonist Jakob Manz (Mitte) begeistert das Publikum im Bürgersaal des Rathauses Feldafing. (Foto: Georgine Treybal)

Die emotionale Wirkung der Musik steht beim Quartett "The Jakob Manz Project" im Bürgersaal des Rathauses Feldafing im Vordergrund.

Von Reinhard Palmer, Feldafing

Es sind viele Jahre vergangen, seit der Jazz-am-See-Award zuletzt verliehen worden ist. Nun seien sich die Gremien erneut einig gewesen, einen außergewöhnlichen Künstler mit einem dafür einst eingekauften Werk aus der Reihe von Jazzbildern der Feldafinger Künstlerin Ina Kohlschowski-Lang auszuzeichnen, verkündete Bürgermeister und Vereinsvorsitzender Bernhard Sontheim.

Mit seinen knapp 23 Jahren ist der Altsaxofonist Jakob Manz vermutlich der bisher jüngste Preisträger, der bei seinen vorhergehenden zwei Auftritten am See vor allem mit seiner musikalischen Vielseitigkeit bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Laudator und Mentor Wolfgang Schmid, Bassist und einst Mitglied der Doldinger-Formation Passport, schwärmte vor allem von der frühen Begeisterung für Jazz des Ausnahmetalents aus dem Ländle, das an der Stuttgarter Musikhochschule offenbar die nötige Förderung erfahren hat.

Um einige Anekdoten reicher hieß es dann aber auch: Bühne frei für The Jakob Manz Project. Seit 2017 - da war Manz gerade erst 16 - begeistert das jung besetzte Quartett mit einem packenden Zugriff und fesselnden Eigenkompositionen vor allem bei renommierten Festivals, prämiert mit einigen bedeutenden Jazzpreisen. Auch Pianist und Keyboarder Hannes Stollsteimer ist ein Zögling der Stuttgarter Hochschule und war schon früh musikalischer Partner Manz'.

Schlagzeuger Paul Albrecht war als Jungstudent in Stuttgart, wechselte dann aber nach Essen. In Stuttgart geblieben ist ebenso Bassist Frieder Klein, der normalerweise zur Band gehört. Doch wegen Erkrankung sprang der in Köln und Essen ausgebildete Calvin Lennig ein, der eine Vorgeschichte in Rock und Pop hat, also in Vielseitigkeit geübt keine Mühe hatte, sich in Sound und Diktion Kleins einzufühlen, um den Charakter und Klang der Band zu wahren.

Das war schon wichtig, denn gerade die Entschiedenheit und Einigkeit im Zugriff machen die Kraft der Formation aus. Die Aussage, die Manz in Bezug auf das erste Album "The Answer" traf, machte Groove-Jazz zur DNA des Quartetts. Und das ist auch auf dem kürzlich erschienenen zweiten Album "Natural Energy" deutlich zu hören, erst recht live im Bürgersaal im Rathaus von Feldafing, der zum vierten Mal in Folge ausverkauft war.

Der eigenwilligen Musik von The Jakob Manz Project kann man sich schwerlich entziehen, was wohl daran liegt, dass die vier Musiker vermutlich mit einem festen Vorsatz auf die Bühne gehen, vor allem mit ihrem Enthusiasmus anzustecken. Die emotionale Wirkung der Musik steht jedenfalls deutlich im Vordergrund.

Grooves sind eine wesentliche Zutat dafür, sind sie doch ein ideales Mittel, zu fesseln und mitzureißen. Ostinate Begleitfiguren oder Basslinien wie auch harmonische Schemata mit kraftvollem Puls sind daher den meisten Titeln unterlegt. Aber auch mit viel Fingerspitzengefühl dosiert. Selbst Monotonie kann stark emotional rüberkommen, wenn sie als Kontrastmittel sparsam angewandt wird.

Atemberaubend sind die ungeheuer gefühlvollen Balladen

Die Kompositionen der Musiker werden daher stets einer strengen und fesselnden Choreographie unterzogen, die einerseits einen weiten und schlüssigen Spannungsbogen zieht, andererseits im Wechselbad der Gefühle jeder Einförmigkeit entgegenwirkt und faszinierende Überraschungsmomente zu kreieren vermag. Um das zu erreichen, ziehen die Musiker viele Register über die Grenzen der Genres hinweg, etwa zu Soul, Funk, Pop oder Rock.

Auch was den Jazz betrifft, wird alles herangezogen, was zum jeweiligen Titel passt, ob Modern, Bebop oder Free. Die Kunst dabei ist, dass es eben nicht beliebig daherkommt, sondern immer schlüssig der Choreographie folgt. Und die dient mitunter einem programmatischen Hintergrund, sozusagen einer Bildergeschichte, denn die Titel tragen einen imaginativen Charakter, erzählen von Erlebnissen, die meist in den Titeln verraten werden, etwa mit "Fog Light", "Keep on Burning" oder "Voyage Sureel".

Und immer wieder atemberaubend sind die ungeheuer gefühlvollen Balladen, die meist im Duo Klavier-Saxophon, zur emotionalen Steigerung eventuell von Bass und Schlagwerk höchst behutsam unterstützt, mit etwas Hall ausgesungen werden. Das melancholisch-elegische "Crossroads" oder das stimmungsvolle "Only Now" waren hier solche Herzensbrecher. Aber was auch immer gespielt wird: Die instrumentale Beherrschung ist der entscheidende Punkt. Denn die Emotionen brauchen entsprechende Klangfärbungen oder schon mal wild-brillante Virtuosität. Und dahingehend haben die Project-Mannen erstaunlich viel drauf, allen voran Manz selbst.

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