Wohnungsbau am Starnberger See:Pleite in Luxus-Lage

Lesezeit: 2 min

Die Großbaustelle am südlichen Ortsrand von Berg ist verwaist. Denn der Projektentwickler "Euroboden Berg am Starnberger See GmbH" ist insolvent. (Foto: Arlet Ulfers)

Auf der Großbaustelle am südlichen Berger Ortsrand stehen die Arbeiten still. Der Projektentwickler "Euroboden Berg am Starnberger See GmbH" ist insolvent. Der Bürgermeister spricht von einem Desaster für seine Gemeinde.

Von Sabine Bader, Berg

Wo bis vor wenigen Tagen noch reger Betrieb herrschte, Baufahrzeuge geschäftig ein und ausfuhren, Arbeiter bohrten und hämmerten, steht jetzt alles still. Ein Metallgitter riegelt das Gelände ab. Die Großbaustelle am südlichen Berger Ortsrand wirkt verlassen. Sie ist es auch. Kein Wunder, denn der Projektentwickler, die "Euroboden Berg am Starnberger See GmbH", ist insolvent. Ein erzwungener Baustopp also auf einem Grundstück in Top-Lage.

Dabei wird auf der Homepage des Unternehmens noch mit blumigen Worten wie "Livestyle am See" und einem "erfüllten Leben in traumschöner Landschaft" geworben. Ein Filmchen zeigt eine junge Frau auf einer Terrasse im Grünen sitzend und verspricht den Interessenten des Projekts, abends schnell mal mit Flipflops und dem Handtuch unterm Arm zum See laufen zu können. Es ist von "Galeriehäusern" die Rede und von luxuriösen Extras, die die künftigen Bewohner der Bauten nutzen könnten. Dazu zählen eine Gästesuite, ein Kinosaal, eine Werkstatt und ein restauriertes Holzboot mit Elektromotor und Liegeplatz am Seeufer.

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Mag keiner behaupten, der Projektentwickler sei nicht gewarnt worden. Noch im März 2021 hatte der Berger Bürgermeister Rupert Steigenberger, wie er erzählt, den Vertretern des Unternehmens in einem Gespräch gesagt, dass sie am Bedarf in seiner Gemeinde vorbeiplanen würden. "Was wir hier brauchen, sind nicht Reihenhäuser, sondern barrierefreie Wohnungen, damit ältere Leute, die in einem riesengroßen Haus leben, dieses frei machen können für Familien."

Doch Steigenbergers Empfehlung fand bei den Verantwortlichen kein Gehör. Sie blieben bei ihrem Konzept. Im Bau befinden sich nun auf dem 6200 Quadratmeter großen Gelände zwischen Seeshaupter Straße und Schatzlgasse vier mehrspännige Gebäude mit je sechs Reihenhäusern. Von denen jedes zwischen 130 bis 170 Quadratmetern groß ist.

"Betreten der Baustelle verboten" steht auf dem gelben Schild am Absperrgitter, das Unbefugten den Zutritt zum Baugrundstück verwehrt. (Foto: Arlet Ulfers)

Der Kaufpreis für jedes der 24 Galeriehäuser lag bisher laut Steigenberger bei 1,5 bis zwei Millionen Euro. Doch die deftigen Quadratmeterpreise waren auch den meisten potenziellen Interessenten des Projekts zu hoch. Laut dem vorläufigen Insolvenzverwalter Axel Bierbach von der Kanzlei Müller-Heydenreich Bierbach & Kollegen "ist erst ein Anteil verkauft, wobei die Gesellschaft noch keine Kaufpreiszahlung erhalten hat".

Die Anwaltskanzlei mit Sitz in München ist auf Sanierungen und Insolvenzen spezialisiert. Die Euroboden GmbH hatte bereits im August Insolvenzantrag eingereicht und erklärt, es sei "vor allem aufgrund von gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten, dem Anstieg der Bauzinsen sowie aufgrund von Nachfrageeinbrüchen" zu den wirtschaftlichen Schwierigkeiten gekommen.

Der Bürgermeister hofft, dass die Häuser künftig günstiger verkauft werden können

Laut Bierbachs Angaben wurde der Insolvenzantrag des Tochter-Unternehmens "Euroboden Berg am Starnberger See GmbH" dann einen Monat später am 7. September beim Amtsgericht München gestellt. Bei dem Berger Projekt "bestehen Bauverträge mit zirka 30 Baufirmen", teilte er mit. Zu den Unternehmen, die auf seiner Gläubigerliste stehen, zählten auch Planer und Lieferanten. Und zum weiteren Vorgehen meinte Bierbach noch: "Wir informierten zunächst die beteiligten Bauunternehmen und klären mit der finanzierenden Bank, wie wir weiter verfahren können. Alle weiteren Schritte hängen davon ab, welche finanziellen Mittel die Bank noch freigibt. Unser Bestreben ist es, die geschaffenen Werte zu bewahren und das Projekt, gegebenenfalls mit einem neuen Investor, fertig zu stellen."

Das dürfte ganz im Sinne der Gemeinde Berg sein. "Letztlich hat keiner von uns ein Interesse daran, in dieser exponierten Lage eine Bauruine stehen zu haben", sagt Steigenberger im Gespräch mit der SZ. Er hofft natürlich, dass das Gelände von jemandem erworben wird, der die Bauten "deutlich günstiger verkauft, so dass sie auch für den ein oder andern Gemeindebürger eine Alternative darstellen". Der Rathauschef macht keinen Hehl daraus, dass er zum derzeitigen Zeitpunkt für seine Kommune keine Chance sieht, dazu beizutragen, dass die Beteiligten möglichst gut aus dieser Misere herauskommen. Die Verantwortlichen seien seinerzeit "beratungsresistent" gewesen. Steigenberger: "Jetzt ist das Desaster da." Kontakt mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter hatte der Berger Rathauschef nach eigenen Angaben bislang noch nicht.

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