Herrsching:Prösterchen! 250 Menschen demonstrieren gegen Alkoholverbot am Ammersee

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Sommernachtleben an der längsten Seepromenade Deutschlands - wie schön und friedlich das sein kann, demonstrierten am Samstag die Teilnehmer der Aktion "Ein Glas Wein auf die Vernunft". Gastwirt Martin Reinhard Gruber, genannt "Miene", hatte mit Kollegen dazu aufgerufen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Nach 22 Uhr kontrolliert ein Sicherheitsdienst die Promenade. Der Prohibitions-Protest mündet in einer fröhlichen Menschenkette

Von Carina Seeburg, Herrsching

Um kurz nach 22 Uhr schließt sich die Menschenkette. Es liegt ein Klirren von unzähligen Weingläsern in der warmen Abendluft. Gleich einer La-Ola-Welle verläuft ihr Klang entlang der Herrschinger Uferpromenade inmitten von fröhlichem Stimmengewirr. So heiter die Aktion anmutet, so ernst ist den rund 250 Teilnehmern am Samstagabend ihr Anliegen. "Wir wollen mit unserem Protest ein Zeichen setzen gegen die strikte Prohibitionspolitik der Gemeinde, wir möchten damit etwas anstoßen im Rathaus", erklärt Gastwirt Martin Reinhard Gruber, genannt "Miene", der an der Promenade die "Bayerische Brandung" betreibt.

Anlass des Ärgers ist das seit Winter 2016 geltende Alkoholverbot für die Seepromenade und den Kurpark von 22 bis 7 Uhr, das von einem Sicherheitsdienst überwacht wird. Dabei käme es immer häufiger vor, so Gruber, dass völlig unauffällige Personen und Urlauber, von den Ordnungskräften ermahnt und kontrolliert würden. Das Vorgehen der Gemeinde sei dabei unverhältnismäßig. "Die Leute wollen sich hier an der Promenade nicht kriminalisieren und durchleuchten lassen, weil sie nach 22 Uhr noch ein Glas Wein in der Hand halten", erklärt Gruber. Niemand sei gegen den Einsatz von Security, um Ruhe und Ordnung zu gewährleisten, insbesondere im Kurpark. Es gehe darum, den Sicherheitsdienst anders zu beauftragen, damit er sich um tatsächliche Unruhestifter kümmere. "Ein Ende der pauschalen Prohibitionspolitik der Gemeinde ist nicht allein mein Anliegen, es ist das Anliegen vieler Menschen", schließt Gruber.

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Dass er mit seiner Sicht auf die Situation nicht allein dasteht, wurde am Samstag deutlich. Mit Jochen Nibbe vom "Bootshaus Herrsching" und Florian Koehlen vom "Chiringuito Treibgut" hat Gruber die Protestaktion "Ein Glas Wein auf die Vernunft" initiiert. Eine Menschenkette sollte anstoßen, als Zeichen gegen das Alkoholverbot. Um sich nicht wegen Aufrufs zur Ordnungswidrigkeit strafbar zu machen, appellierte Gruber an die Teilnehmer, anstatt Wein Traubensaft mitzubringen.

Dem Protestaufruf folgte nach Angaben der Herrschinger Polizei rund 250 Teilnehmer, die friedlich demonstrierten. Wie Polizeioberkommissar Bernard Weininger sagte, sei die Promenade zwischen Dampfersteg und Seespitz wenig kriminalitätsbelastet. Problematischer habe sich die Situation in der Vergangenheit um das Kurparkschlösschen dargestellt. Hier habe es wiederholt Schäden durch Vandalismus gegeben. Die erhöhten Sicherheitsmaßnahmen würden insbesondere im Kurpark Wirkung zeigen, so Weininger. Ob dies auf das Alkoholverbot ab 22 Uhr oder auf die Präsenz des Sicherheitsdienstes zurückzuführen ist, sei nicht feststellbar.

Bürgermeister Christian Schiller indes steht weiterhin hinter dem geltenden Alkoholverbot ab 22 Uhr für alle Bürger. Gegenüber der SZ verweist Schiller auf Schäden im hohen fünfstelligen Bereich, die durch nächtliche Exzesse entstanden seien. Auf Kritik am Vorgehen der Security habe man bereits reagiert und das Gespräch mit dem Chef der Firma gesucht. Die Menschenkette - ob mit Wein oder Traubensaft - löst sich nach 30 Minuten ganz entspannt auf. Gruber zeigt sich zufrieden. Es sei doch niemandem zu vermitteln, dass auf der längsten Seepromenade Deutschlands das Sommernachtleben kaputt gemacht werde.

© SZ vom 16.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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