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Herrsching: Miene Gruber Kioskbetreiber Bayrische Brandung

"Miene" Gruber schließt seinen Kiosk freiwillig schon um 21.45 Uhr. Daran will er auch nichts ändern - selbst wenn seine Aktion "Ein Glas Wein auf die Vernunft" am 14. Juli die erwünschte Wirkung zeigen würde.

(Foto: Nila Thiel)

Drei Kioskbetreiber rufen zur Protestaktion am Herrschinger Dampfersteg gegen die "Prohibitionspolitik" der Gemeinde auf

Von Astrid Becker, Herrsching

Die Schilder sprechen eine klare Sprache: "Alkoholverbot von 22 bis 7 Uhr" ist darauf zu lesen. Und wer sie zum ersten Mal wahrnimmt, weil er beispielsweise als Tourist nach Herrsching gekommen ist und womöglich mit seiner Liebsten in einer lauen Sommernacht an der Herrschinger Kurpromenade - also direkt am Ufer des Ammersees - ein Glas Wein trinken und in den Sternenhimmel schauen will, wird angesichts dieser "Prohibitionspolitik" an seinem Urlaubsort nur den Kopf schütteln. So zumindest bezeichnet es Martin Reinhard Gruber, genannt "Miene", der an der Promenade die "Bayrische Brandung" betreibt, ein beliebter Ausschank für viele junge und ältere Herrschinger gleichermaßen. Und weil Miene Gruber dieses Vorgehen, das von einem Sicherheitsdienst streng überwacht wird, als generellen Angriff auf das Lebensgefühl empfindet, ruft er nun via Facebook zu einer besonderen Aktion am Samstag, 14. Juli, auf: "Ein Glas Wein auf die Vernunft", hat er sie genannt.

Genau genommen bittet er alle, die ebenfalls gegen derart generelle und strikte Anweisungen sind, sich an diesem Tag um Punkt 22 Uhr - also dem Zeitpunkt, von dem an das Alkoholverbot gilt - mit einem Glas mitgebrachten Weins am Dampfersteg einzufinden. Miene Gruber, der nach eigenen Angaben diese Aktion gemeinsam mit Jochen Nibbe vom "Bootshaus Herrsching" sowie Florian Koehlen vom "Chiringuito Treibgut", dem Kiosk unterhalb des italienischen Restaurants "Seespitz Da Mario", ins Leben gerufen hat, hofft auf viele Teilnehmer - genauer gesagt auf so viele, dass sich eine Menschenkette vom Dampfersteg bis zum Seespitz bilden lässt. Danach, so verkündet er auf Facebook, sollen alle wieder ganz ruhig nach Hause gehen. Denn um eine echte Revolution gehe es ja nicht, sagt er zur SZ - auch wenn das Datum, der 14. Juli, also Frankreichs Nationalfeiertag, der an den Sturm auf die Bastille erinnert, ganz bewusst gewählt worden sei: "Es geht ja um Liberalität, um leben und leben lassen."

Für das Ziel der Gemeinde, damit die in der Vergangenheit immer wieder ausufernden Partys und rauschhafte Randale am Kurparkschlösschen in den Griff zu bekommen, habe er zwar schon Verständnis. "Es würde aber reichen, nur dort so ein Verbot auszusprechen", sagt Miene Gruber. Er könne aber einfach nicht verstehen, warum man die keinen Müll erzeugenden und in aller Ruhe am Seeufer sitzenden Menschen mit einer Taschenlampe blenden und offenbar recht heftig behandeln müsse. "Ein vernünftiges Gespräch müsste da doch reichen."

Bürgermeister Christian Schiller dagegen verweist in diesem Zusammenhang auf Schäden im hohen fünfstelligen Bereich, die durch nächtliche Exzesse entstanden seien, und zwar "insgesamt, nicht nur am Kurparkschlösschen." Auf die Kritik am Vorgehen der Security habe der Gemeinderat längst reagiert und das Gespräch mit dem Chef der Firma gesucht. In öffentlicher Sitzung, wie er sagt: "Seither liegen uns keine Beschwerden in dieser Richtung mehr vor. Wenn es dafür Grund gibt, bitte melden." Und eines verspricht er darüber hinaus: Niemand wolle den Menschen um 22 Uhr verbieten, noch in Ruhe ihr Glas am See auszutrinken. Das Alkoholverbot, so sagt er aber auch, gelte in allen öffentlichen Grünanlagen - und sei auf Empfehlung der örtlichen Polizei erlassen worden. "Nur so haben wir eine rechtliche Handhabe." Vor kurzem wurde der Bereich, den die Sicherheitskräfte nachts kontrollieren, übrigens noch ausgedehnt: Er reicht jetzt bis zu den Sportanlagen.

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