Gesundheitspolitik:Lauterbachs Reform kippt Klinik-Pläne

Lesezeit: 3 min

Es bleibt beim Entwurf: So sollte die neue Klinik in Herrsching aussehen, aber der Bau ist vorerst auf unbestimmte Zeit verschoben. (Foto: www.Mocca-Architects.com mit Dewan Friedenberger Architekten)

Der seit Jahren geplante Neubau eines Krankenhauses in Herrsching ist auf unbestimmte Zeit verschoben. Wegen der künftigen Finanzierungsvorgaben muss erst einmal der Versorgungsplan für den ganzen Landkreis Starnberg überarbeitet werden.

Von Tim Graser, Herrsching

Begrünte Dachterrassen, helle Innenhöfe und von den oberen Etagen der Klink ein Blick auf den Ammersee: Doch daraus wird nichts. Die Pläne für einen Neubau in Herrsching bleiben erstmal in der Schublade. Das haben Landrat Stefan Frey (CSU) und Klinik-Geschäftsführer Thomas Weiler bekanntgegeben. Verantwortlich dafür machen sie die Klinikreform des Bundes. Für die Planungen habe man etwa eine Million Euro ausgegeben, hieß es bei einer Pressekonferenz am Dienstag.

Im April hatte Frey zusammen mit Herrschings Bürgermeister Christian Schiller bei einer Informationsveranstaltung noch ein Modell vorgestellt: 12 000 Quadratmeter Fläche, Radiologie, Nuklearmedizin sowie eine umfangreiche Notaufnahme waren demnach vorgesehen; 190 Betten sollte die Klinik haben. Die auf Innere Medizin spezialisierte Herrschinger Schindlbeck-Klinik und das auf Chirurgie spezialisierte Seefelder Krankenhaus sollten darin aufgehen. Zusammen mit dem Starnberger Krankenhaus bilden diese drei Häuser den Verbund der Starnberger Kliniken.

Newsletter abonnieren
:SZ Gerne draußen!

Land und Leute rund um München erkunden: Jeden Donnerstag mit den besten Freizeittipps fürs Wochenende. Kostenlos anmelden.

Angesichts der anstehenden Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte Frey aber schon gewarnt, man wisse noch nicht genau, wie sich Bund und Freistaat finanziell beteiligen; das ergebe sich erst aus dem neuen Gesetz. Am 10. Juli haben sich Bund und Länder dann auf die Eckpunkte der Reform geeinigt, die nach der Sommerpause im Parlament beschlossen werden soll. Damit war das Schicksal der Krankenhauspläne im Landkreis Starnberg klar. "Sie raten uns, den Neubau so nicht mehr weiter zu verfolgen", berichtet der Landrat aus Gesprächen mit dem bayerischen Gesundheitsministerium.

"Wir stehen wieder am Anfang unserer Überlegungen": Krankenhaus-Geschäftsführer Thomas Weiler (links) und Landrat Stefan Frey. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Mit der Reform ändert sich das Vergütungssystem. Statt Fallpauschalen soll es künftig Vorhaltepauschalen für die Krankenhäuser geben. Die Kliniken sollen einen großen Anteil der Vergütung alleine für das Vorhalten von Personal und Technik erhalten, und nicht erst, wenn diese zum Einsatz kommen. Die Krankenhäuser sollen so nach den Vorstellungen von Minister Lauterbach vom wirtschaftlichen Druck befreit werden, immer mehr Fälle übernehmen zu müssen.

Das Schicksal des geplanten Neubaus in Herrsching hatte sich schon während der Verhandlungen über die Reform abgezeichnet. Als einziges Bundesland hatte Bayern gegen den Entwurf gestimmt, Herrsching hat dabei wohl eine Rolle gespielt. "Das bayerische Gesundheitsministerium hätte uns den Entwurf so abgenommen", sagte Klinikchef Weiler. Lauterbach kannte nach Weilers Worten die Lage im Landkreis Starnberg. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) habe den Neubau Lauterbach gegenüber in den Bund-Länder-Verhandlungen explizit als Beispiel genannt, allerdings vergeblich.

Das Kreisklinikum in Starnberg muss saniert werden. (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Zum Verbund gehören auch die Chirurgische Klinik in Seefeld... (Foto: Franz Xaver Fuchs)
Die Schindlbeck-Klinik in Herrsching: Die langfristige Zukunft des Hauses ist ungewiss. (Foto: Arlet Ulfers)

Ein Problem ist beispielsweise die umfangreiche Notfallaufnahme, die für Herrsching geplant war, aber im Starnberger Klinikum schon vorhanden ist. Für zwei Notaufnahmen in einem Landkreis gäbe es kein Geld. Insgesamt muss wohl das ganze Konzept des Starnberger Klinikverbundes im Sinne der Reform neu gedacht werden. Dabei ist alles möglich: der Bestand aller drei Standorte inklusive Seefelder Krankenhaus und Schindlbeck-Klinik oder auch ein Neubau in Herrsching oder eine einzige große Zentralklinik für den ganzen Landkreis in Starnberg. "Auch das ist eine Option", sagte der Landrat am Dienstag. Vor allem sollen keine Leistungen mehr doppelt angeboten werden. "Mit der Krankenhausreform stehen wir wieder am Anfang unserer Überlegungen", sagte Weiler.

Das Starnberger Krankenhaus bedarf eigentlich einer Generalsanierung. So etwas dauere insgesamt etwa zehn Jahre, in denen dauerhaft hundert Betten fehlten. Dieses Defizit wollte man mit dem Neubau eigentlich auffangen, sagte Weiler. "Deswegen hatten wir Herrsching etwas größer geplant." Frey will daher keine Sanierung in Auftrag geben, solange keine Ersatzkapazitäten zur Verfügung stehen. Versorgungsengpässe in den kommenden Jahren kann Weiler trotzdem nicht ausschließen.

Der Landkreis gibt ein Strategiegutachten für den Klinikverbund in Auftrag

Ganz vom Tisch ist die neue Herrschinger Klinik aber nicht. Auf Grundlage des neuen Gesetzes soll für den Klinikverbund ein "Strategiegutachten" in Auftrag gegeben werden, das die verschiedenen denkbaren Szenarien untersucht. Mitte nächsten Jahres soll es vorliegen. Erst dann könne man mit den Planungen wieder von vorne beginnen.

Vergangene Woche waren Weiler und Frey deswegen im Kreistag und im Herrschinger Gemeinderat, um den Gremien die schlechte Nachricht zu überbringen. Dabei habe man zwar Enttäuschung, aber auch Wohlwollen für die weitere Vorgehensweise geerntet - fraktionsübergreifend, wie der Landrat betont.

Die Variante mit einer großen Zentralklinik in Starnberg, die in München präferiert werde, hält Weiler für unwahrscheinlich. Dafür reiche der Platz an der Oßwaldstraße nicht aus. Er ist hingegen "sehr zuversichtlich, dass wir in Herrsching bauen können". Nur wie und wann, das steht noch in den Sternen. Sicher ist: Vor 2030 wird es im Landkreis keine neue Klinik geben.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusInterview mit Peter Maffay
:"Meine Kumpels treffe ich immer noch im Motorradclub"

Peter Maffay ist der erfolgreichste Künstler der deutschen Chart-Geschichte. Den 73-Jährigen treibt aber auch der Naturschutz um. Ist er jetzt ein Klima-Rocker?

Interview von Léonardo Kahn

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: