Eklat nach Podiumsdiskussion:Der Rechtspopulist neben mir

Lesezeit: 3 Min.

Eine Frage der Distanz (v. li.): Jörg Jovy (Die Linke) neben dem AfD-Kandidaten Alexander Neumeyer sowie Christiane Feichtmeier (SPD), Moderator Michael A. Rappenglück, Andrea Schulte-Krauss (Grüne) und Walter Haefeker (ÖDP). (Foto: Georgine Treybal)

Bei einer Veranstaltung in Gilching setzt sich AfD-Mann Alexander Neumeyer einfach aufs Podium und diskutiert mit - obwohl er gar nicht eingeladen war. Wie soll man mit solchen Aktionen umgehen?

Von Michael Berzl und Linus Freymark, Gilching

Und plötzlich sitzt die AfD mit auf dem Podium. Der Landtagskandidat Alexander Neumeyer aus Seeshaupt war zwar nicht eingeladen zur Diskussion des Fluglärm-Vereins in Gilching, auf der Bühne war er dann trotzdem. Und das hat nun ein Nachspiel. FW-Kandidat Matthias Vilsmayer erhebt schwere Vorwürfe gegen den Veranstalter und Vereinsvorsitzenden Michael A. Rappenglück. Auch anderen Diskussionsteilnehmern erscheint es im Nachhinein mehr als unglücklich, was da am Dienstagabend geschehen ist.

Es sollte um den Betrieb auf dem Sonderflughafen Oberpfaffenhofen gehen, um die Lärmbelastung, um Forderungen an die Politik, wie insbesondere die Starts und Landungen von Privatjets beschränkt werden könnten. Eingeladen waren Landtagskandidaten aus dem Wahlkreis - nicht aber Neumeyer.

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Nach einleitenden Worten von Helmut Mattes vom Vereinsvorstand sollten die Kandidaten, die zunächst bei den Zuschauern saßen, auf die Bühne kommen. Der AfD-Mann hatte schon zuvor auf sich aufmerksam gemacht, ließ sich dann nicht lange bitten und nahm ebenfalls auf der Bühne Platz - zwischen den Vertretern von der Linken und der SPD, vor etwa 100 Zuhörern. Und so nahm er unversehens an einer Diskussion teil, zu der er gar nicht gebeten war. Seine Redebeiträge waren weder auf- noch ausfällig, für seine Äußerung, dass man darauf achten müsse, das das in Oberpfaffenhofen "nicht zu einem Millionärsflughafen ausarte", erhielt er Applaus vom Publikum. Aber die Frage bleibt: Wie soll man umgehen mit einem, der sich einfach so dazusetzt und mitredet?

Veranstalter Rappenglück unternahm gegen all das nichts. Den meisten Zuschauern war wohl gar nicht klar, dass da gerade etwas aus dem Ruder lief. Vielmehr konnte der Eindruck entstehen, dass der AfD-Mann Neumeyer zu den eingeladenen Teilnehmern gehörte. Wenn das der Fall gewesen wäre, hätten andere Kandidaten eigenen Aussagen zufolge aber gar nicht daran teilgenommen. Sie sind nun entsprechend brüskiert. "Was hätte ich denn tun sollen?", fragt Rappenglück am Tag danach. Ansonsten wäre die Veranstaltung "völlig zerschlagen worden". Denn dann wäre es nicht mehr um Fluglärm gegangen, sondern die AfD hätte die Themen gesetzt.

Michael Rappenglück vom Verein "Fluglärm Fünfseenland" sieht die kurzen, privaten Flüge kritisch. (Foto: Georgine Treybal)

Ähnlich sieht das die Grünen-Kandidatin Schulte-Krauss. Hätte man die Situation eskalieren lassen, hätte Neumeyer "einen Großteil der Zeit auf sich gezogen" und sich im Nachhinein in die "rechte Opferrolle" hinein konstruiert. Sie habe lange über die Geschehnisse nachgedacht, sagt sie und konstatiert: "Ich glaube, dass wir richtig gehandelt haben." Auch verteidigt sie Rappenglück, der die Veranstaltung weiterlaufen ließ. Allerdings wolle sie in Zukunft mit den Veranstaltern im Vorfeld ein gemeinsames Vorgehen abstimmen, sollte es erneut zu Störungen kommen. Über Neumeyers Aktion zeigt sie sich erschüttert. "Das war ganz perfide", sagt sie - erst recht, weil sich die AfD kaum für eine Reduzierung des Fluglärms einsetzen wolle.

Wie soll man in Zukunft mit solchen Aktionen umgehen? Das fragt sich Christiane Feichtmeier von der SPD. Denn sie befürchtet: Die Aktion in Gilching könnte nicht die einzige ihrer Art gewesen sein. "Immerhin habe ich nun ein Gesicht zum AfD-Kandidaten", sagt sie. Das erleichtere es, beim nächsten Mal zu reagieren. Feichtmeier sagt, sie nehme an keinen Veranstaltungen teil, zu denen AfD-Vertreter eingeladen sind. Aber was, wenn der sich einfach auf der Bühne setzt? "Da muss ich echt noch mal in mich gehen", sagt Feichtmeier.

"Beschämend für unsere Demokratie", nennt AfD-Kandidat Alexander Neumeyer das Verhalten seiner politischen Gegner. (Foto: Georgine Treybal)

Auch Jörg Jovy von der Linken ist im Nachgang unglücklich mit dem Verlauf des Abends. "Ich hadere mit mir selbst", sagt er. Zwar findet auch er, es sei richtig gewesen zu bleiben und den AfD-Politiker auf dem Podium zu ignorieren - allerdings hätte man das Publikum auf die fadenscheinigen Argumente des Rechtspopulisten hinweisen sollen. "Die AfD ist eine neoliberale Partei", sagt Jovy. Dass sich diese ernsthaft gegen Fluglärm engagieren wolle, sei kaum vorstellbar.

"Für mich ist das in Ordnung, dass da jemand auf der Bühne sitzt, der auf dem Wahlzettel steht", meint hingegen ÖDP-Kandidat Walter Haefeker, der ebenso wie Neumeyer aus Seeshaupt kommt. Man müsse sich mit der AfD auseinandersetzen, Ausgrenzung sei seiner Ansicht nach der falsche Weg. "Ich persönlich sehe zuerst den Menschen, dann die Partei", erklärt Haefeker.

Deutliche Kritik dagegen äußert Matthias Vilsmayer von den Freien Wählern, der zwar eingeladen, aber nicht anwesend war. Er sei "erschüttert und wirklich massiv enttäuscht", dass der AfD-Kandidat auf dem Podium zugelassen worden sei, teilt Vilsmayer mit. Er erwarte vom Veranstalter, in solchen Fällen konsequent zu handeln und vom Hausrecht Gebrauch zu machen. Dieser jedoch entschied sich für ein anderes Vorgehen. Zum Abschied wünschte Rappenglück "allen Kandidaten einen guten Erfolg für die Wahl".

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