Prozess:Transporter fährt Kleinkind in Gauting vor der Kita an

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Der damals 16 Monate alte Bub leidet noch immer an den Folgen des Unfalls. Zwei Erzieherinnen wird vorgeworfen, ihre Aufsichtspflicht verletzt zu haben. Vor dem Amtsgericht erzielen sie einen Teilerfolg.

Von Christian Deussing, Gauting/Starnberg

Es war ein schrecklicher Unfall und ein Albtraum aller Eltern, der sich vor zwei Jahren auf dem Gelände des neuen BRK-Kindergartens in Gauting abgespielt hat: Ein Monteur parkte rückwärts am Bauzaun aus und übersah einen 16 Monate alten Buben, den er mit seinem Kleintransporter anfuhr. Das Kind erlitt ein Hirn-Schädel-Trauma und etliche Knochenbrüche und leidet medizinischen Gutachten zufolge noch erheblich unter den Folgen des Unfalls. Zwei Erzieherinnen erhielten wegen fahrlässiger Körperverletzung einen Strafbefehl über je 3000 Euro, wogegen sie beim Amtsgericht Starnberg Einspruch einlegten - mit einem Teilerfolg, denn das Verfahren wurde nach einem Rechtsgespräch gegen Geldauflagen von jeweils 1500 Euro und einem Täter-Opfer-Ausgleich am Mittwoch eingestellt.

Den beiden 58 und 37 Jahre alten Betreuerinnen wird vorgeworfen, ihre Aufsichtspflicht verletzt zu haben, als eine Gruppe von elf Kindern vor der Kita auf dem Platz spielten, wo Handwerker ihre Fahrzeuge parkten, um im Kindergarten ihre Arbeiten fortzusetzen. Der Unfall sei "vorhersehbar und vermeidbar gewesen", erklärte im Prozess der Staatsanwalt. Die angeklagten Pädagoginnen versicherten dagegen, die Kinder im Blick gehabt zu haben und davon ausgegangen zu sein, dass am späten Vormittag kein Handwerker wegfahren oder noch auf den Kita-Parkplatz fahren würde.

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Man sei an dem heißen Tag von der Kita-Leitung angewiesen worden, hinaus zu gehen, habe aber nicht gewusst, dass die Fläche hinter dem Bauzaun als provisorischer Spielplatz dafür vorgesehen gewesen sei. "Das wurde vorher nicht kommuniziert, es war für uns nicht erkennbar, weil dort auch keine Spielgeräte aufgebaut waren", betonten die Erzieherinnen, die in der Einrichtung nicht mehr tätig sind. Der furchtbare Unfall belaste noch immer beide Angeklagte, betonten ihre Verteidiger. Die Betreuerinen beteuerten auch, nicht bemerkt zu haben, dass ein Handwerker in seinen Wagen gestiegen sei.

Der Fahrer akzeptiert einen Strafbefehl über 1600 Euro

"Für mich war es unvorstellbar, dass so etwas passieren kann, wenn zwei Erzieherinnen mit draußen bei den Kindern sind", sagte die 27-jährige Mutter in der Verhandlung. Sie trat als Nebenklägerin auf und ihre Verbitterung und Wut auf die beschuldigten Aufsichtspersonen der Krippe waren spürbar. Ihr Sohn habe 34 Tage im Krankenhaus gelegen, müsse bald wieder operiert werden und habe einen deutlichen Hörverlust. Zudem sei das rechte Bein ihres Kindes fünfmal operiert worden, berichtete die Gautingerin. Sie hätte sich auch eine Entschuldigung von den Erzieherinnen erwünscht, habe aber nur einen Elternbrief erhalten. Ein Treffen mit dem BRK-Geschäftsführer Jan Lang habe sie nach dem Unglück abgelehnt, auch sein Angebot, die Sache außergerichtlich zu klären, sagte die Mutter in der Verhandlung.

Die betroffene Frau kämpfte im Prozess mit den Tränen, als der Unfallfahrer das Drama aus seiner Sicht schilderte. Er habe den Buben nicht gesehen und sich aber gewundert, dass die Erzieherinnen nicht bemerkt hätten, dass er wegfahren werde. "Ich bin fünfmal zwischen dem Kindergarten und meinem Transporter hin- und hergegangen." Er sei öfter auf dem Gelände gewesen, er habe aber keine Hinweisschilder an der Kita-Zufahrt gesehen, betonte der 58-jährige Monteur, der einen Strafbefehl von 1600 Euro wegen fahrlässiger Körperverletzung akzeptiert hatte.

"Es war ein schlimmer Unfall mit ganz schwerwiegenden Folgen für Eltern, aber auch für die Erzieherinnen", befand die Richterin. An dem Tag seien die Umstände anders verlaufen, wobei die Kita-Leitung wohl den falschen Spielbereich zugewiesen habe. Auf SZ-Anfrage erklärte BRK-Geschäftsführer Lang, dass hier womöglich ein Missverständnis vorgelegen habe, denn es habe für die Kinder eine doppelt gesicherte Spielfläche hinter dem Bauzaun zur Verfügung gestanden.

© SZ vom 16.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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