Corona in Starnberg:Impfzentrum in Gauting braucht einen neuen Betreiber

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Für das Impfzentrum, das in einem Gebäude auf dem Gelände der Gautinger Asklepios-Klinik entstehen soll, sucht der Landkreis jetzt einen neuen Betreiber. Eine Entscheidung soll bis Ende der Woche fallen. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Nach nur 24 Stunden zieht der ausgewählte Bewerber sein Angebot zurück, die Corona-Praxis in Gauting zu betreiben. Grund sind Zweifel des Landratsamtes an seiner Vergangenheit.

Von David Costanzo und Christian Deussing, Starnberg

Die Mitteilung erscheint am Freitag um 13.48 Uhr: Der Betreiber für das in Gauting geplante Impfzentrum steht fest. Sobald der Wirkstoff ausgeliefert wird, sollen sich dort die Bürger des Landkreises gegen das Coronavirus immunisieren lassen können, bis zu 300 am Tag. "Eine wichtige Aufgabe", stellt Landrat Stefan Frey (CSU) fest und lobt das "junge Unternehmen" aus dem Landkreis sowie dessen Geschäftsführer und das Team als "professionelle Partner". Keine 24 Stunden später unterschreibt der Geschäftsführer eine Erklärung, nach der er sein Angebot zurückzieht. Der Landkreis steht seit Samstagmittag ohne Betreiber des Impfzentrums da.

"Wirtschaftliche und organisatorische Gründe" hätten bei dem Unternehmen zu dieser Entscheidung geführt, heißt es wenige Stunden später in der offiziellen Mitteilung des Landratsamts schlicht. Der Landkreis müsse sich nach einem neuen Betreiber umsehen. Tatsächlich soll es dabei weniger um das Konzept und die Firma gegangen sein, als vielmehr um die Vergangenheit des Chefs - und welche Rolle diese bei der Vergabe hätte spielen müssen. Der Geschäftsführer war vor einiger Zeit zu einer mehr als einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden, weil er bei Tätigkeiten im medizinischen Bereich falsche Angaben gemacht hatte, wie er selbst bestätigt.

Der Bewerber hätte angeben müssen, dass er vor einiger Zeit zu einer Freiheitsstrafe veurteilt worden ist, sagt der Landrat

Landrat Frey sagt, diese Vorgeschichte sei "nicht unerheblich": Man habe von einer Verurteilung des Betreibers erst im Nachhinein erfahren. Ein polizeiliches Führungszeugnis sei nicht verlangt worden, das sei in dem gewählten Vergabeverfahren nicht vorgesehen. Hier müsse der Bewerber selbst Angaben über mögliche Freiheitsstrafen machen und mögliche Ausschlussgründe darlegen. Der Betreiber habe jedoch eine Erklärung abgegeben, dass diese nicht vorlägen. Das Impfzentrum stehe sehr stark im Fokus der Öffentlichkeit, da sei ein besonderes Vertrauensverhältnis nötig.

Der Geschäftsführer wiederum ist davon überzeugt, bei der Ausschreibung nichts falsch gemacht zu haben. Als Bieter trete sein Unternehmen auf und nicht er persönlich. Das Landratsamt habe sich nicht nach seiner Vergangenheit erkundigt. Er hätte Frey in einem in dieser Woche geplanten persönlichen Gespräch einweihen wollen, so wie er auch die bisherigen Geschäftspartner seiner Firma aufgeklärt habe. Er verstehe den Landrat, glaubt aber, das wäre der Öffentlichkeit zu vermitteln gewesen. Doch dazu kam es nicht.

Bis Mitte kommenden Jahres wäre das Unternehmen verantwortlich gewesen für die Impfung der Bürger im Landkreis, mit der Option auf eine Verlängerung um sechs Monate. Es hätte die komplette Logistik übernommen: Ärzte und Fachpersonal angestellt, die Räume auf dem Gelände der Asklepios-Klinik hergerichtet, Termine vergeben und auch mobile Impfteams in Pflegeheime sowie zu Risikopatienten nach Hause geschickt. Er habe ein "grundsolides Konzept" abgeliefert, betont der Geschäftsführer mehrmals. Seine Ideen seien vom Landratsamt gelobt und dankbar aufgenommen worden. Dass sich die Ärzte im Impfzentrum nach einer Schicht in Schutzmontur auch duschen können müssen, darauf sei vor ihm noch niemand gekommen.

Steht vorerst ohne einen Betreiber des geplanten Impfzentrums in Gauting da: Landrat Stefan Frey (CSU). (Foto: Nila Thiel)

Bei dem jungen Unternehmen war man dennoch zunächst überrascht, als die Nachricht vom Zuschlag eintraf - laut Geschäftsführer gleich bei der ersten Ausschreibung. Gegründet in diesem Juli beschäftige die Firma 13 Mitarbeiter. Sie berate Rettungsdienste und Kliniken in Personalfragen. Geführt wird sie als haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft - eine Rechtsform, die gemeinhin als "Mini-GmbH" gilt. Stammkapital bei Gründung: 500 Euro. Und dann gleich ein Millionenauftrag vom Landratsamt.

Der Landkreis habe unter Zeitdruck einen Betreiber finden müssen. Bis zum 15. Dezember müssen die Impfzentren stehen

Dass das Unternehmen nicht eingehender geprüft worden sei, erklärt Frey mit der knappen Zeit im Vergabeverfahren. Die Staatsregierung hatte den Landkreisen auferlegt, Impfzentren bis zum 15. Dezember einzurichten. "Aufgrund der Dringlichkeit und Schnelligkeit handelt es sich um eine Vergabe im Verhandlungsverfahren", sagt Frey. Das Unternehmen sei insbesondere anhand der Angaben aus den Ausschreibungsunterlagen sowie aus öffentlich zugänglichen Quellen geprüft worden.

Wie es nun mit dem Impfzentrum weitergeht? Zum zuvor festgelegten Datum an diesem Dienstag, 15. Dezember, wird es nicht einsatzbereit sein, so viel steht fest. Denn das Landratsamt will in dieser Woche nach einem neuen Betreiber suchen. Da der Impfstoff nicht vor Anfang Januar vorliegen werde, heißt es in einer Mitteilung, ergäben sich "keine wesentlichen Verzögerungen".

© SZ vom 14.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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