Coronavirus im Landkreis Starnberg:Bis zu 1000 Anrufer am Tag bei der Impfhotline

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Auch wenn die Menschen ungeduldig sind, werden die Wirkstoffe im Gautinger Impfzentrum streng nach den Vorgaben gespritzt. Ein Wahl gibt es nicht.

Von Astrid Becker, Starnberg

Die Telefone stehen kaum still. In der Leitung sind viele Menschen, die langsam die Geduld verlieren. Sie wollen geimpft werden. Am besten gleich. Mehr als 1000 solcher Anrufe habe die Corona-Hotline allein am vergangenen Montag entgegengenommen, berichtet Karin Windorfer, Sprecherin des Bayerischen Roten Kreuzes im Landkreis, das die Impfstation in Gauting betreibt. Doch der Impfstoff ist noch immer zu knapp, auch wenn die Staatsregierung für das zweite Quartal 800 bis 1000 Dosen pro Tag für den Kreis angekündigt hat.

Einen Termin bekommt nur derjenige, der tatsächlich an der Reihe ist - und das sind im Landkreis derzeit nur Menschen in der höchsten Priorisierungsstufe. Dazu gehören laut Landratsamt über 80-Jährige, Klinik- und Pflegepersonal in Senioreneinrichtungen, deren Bewohner, Mitarbeiter von ambulanten Pflegediensten sowie von teilstationären Einrichtungen und deren Betreute, sowie Personen in Bereichen medizinischer Einrichtungen mit einem sehr hohen Expositionsrisiko. Dazu zählen den Angaben der Kreisbehörde zufolge etwa Augenärzte, HNO-Ärzte, Zahnärzte oder auch Hausärzte mit Infektsprechstunde. Wer aus diesem priorisierten Personenkreis jünger ist als 65, wird mit Astra Zeneca geimpft, alle Älteren mit Biontech und neuerdings auch mit Moderna. 300 Dosen davon habe der Landkreis erstmals erhalten, teilt die Sprecherin des Landratsamts, Barbara Beck, mit. Am Dienstag seien bereits die ersten 140 Bürger über 80 mit Moderna geimpft worden. "Eine Wahlmöglichkeit gibt es nicht", betont sie. Wer das Impfangebot nicht annehme, müsse warten, bis er wieder eines bekomme. Der Termin werde storniert und der Impfwillige müsse sich erneut anmelden.

"Astra Zeneca" wird mittlerweile auch an den Landkreis geliefert, aber derzeit nur an unter 65-Jährige in der höchsten Priorisierungsstufe verimpft. (Foto: Franz X. Fuchs)

Vom teilweise misstrauisch beäugten Astra Zeneca sind laut Beck bisher 600 Dosen in den Landkreis geliefert worden, für Freitag sind weitere angekündigt. Wie viele genau, will sie nicht sagen: "Über Zahlen sprechen wir nicht, erst wenn wir wissen, wie viel am Ende wirklich gekommen ist." Am vergangenen Wochenende wurden 350 unter 65-Jährige aus der höchsten Priorisierungsgruppe damit geimpft: "Wir versuchen, das gruppenweise zu organisieren", sagt sie. Damit wirklich jeder den Impfstoff bekomme, der für ihn gedacht sei. Etwa 20 der Betroffenen hätten bisher die Impfung mit Astra Zeneca abgelehnt. Das bedeutet aber nicht, dass diese Dosen nun für Freiwillige zur Verfügung stehen: "Wir verimpfen alles", sagt auch der Leiter des Impfzentrums in Gauting, Richard Aulehner, "und zwar streng nach den staatlichen Vorgaben." Das heißt: Es kommt einfach der nächste auf der Liste in der höchsten Priorisierungsstufe an die Reihe. Ein Haltbarkeitsproblem gibt es bei Astra Zeneca ohnehin nicht: Dieser Impfstoff kann im Kühlschrank gelagert werden, anders als etwa Biontech, der weitaus tiefere Temperaturen benötigt.

Dennoch stellen sich derzeit viele die Frage, warum sie noch nicht an der Reihe sind - wie auch unzählige Zuschriften dazu an die SZ belegen. "Mein Mann ist schwer krank und über 80, warum hat er noch keinen Termin?", "Ich bin über 70 und würde mir sofort Astra Zeneca impfen lassen - aber ich werde abgelehnt", ist beispielsweise dort zu lesen. Der Unmut, die Verzweiflung ist groß: "Sie haben einfach Todesangst und die Mutanten verstärken sie noch", glaubt auch BRK-Sprecherin Karin Windorfer. Bei den Beschäftigten am Telefon lägen die Nerven langsam blank, berichtet sie. Deshalb würden sie nun vom BRK geschult, wie sie mit derlei Anfragen besser umgehen können.

Auch im Landratsamt häufen sich die Anfragen. "Wir beantworten alle", sagt Landrat Stefan Frey am Donnerstag in einer Online-Informationsveranstaltung zur Impfsituation im Landkreis. Doch wann wer einen Termin bekommt, weiß auch er nicht. Es werde wöchentlich ein Impfplan erstellt, auf Basis der vorhandenen Dosen. Wer davon profitiert, entscheidet der Algorithmus: "Wie die Faktoren Alter, Tätigkeit, Vorerkrankungen genau gewichtet werden, kann ich nicht sagen." Die Terminvergabe erfolgt nach Angaben seiner Behörde daher meist recht kurzfristig, eben dann, wenn feststeht, wie viel Impfstoff zur Verfügung steht - und das ist bisher zu wenig für die besondere Struktur des Landkreises mit zehn Kliniken mit allein 1250 Mitarbeitern in Starnberg, 1200 Heimbewohnern und Pflegebedürftigen in Senioreneinrichtungen, 38 ambulant betreuende Alten- und Pflegeeinrichtungen sowie den 11 000 über 80-Jährigen. "Zugeteilt wird aber nicht nach der Struktur, sondern nach Einwohnerzahl, was ich kritisiere", so Landrat Stefan Frey in der Online-Informationsveranstaltung.

Eine Besserung der Lage sei aber in Sicht: Das Gesundheitsministerium hat deutlich mehr Impfdosen für das zweite Quartal angekündigt. Deshalb wird es bald fünf Außenstellen des Impfzentrums geben: in Starnberg, Herrsching, Gilching, Feldafing und Wörthsee. Laut Frey sollen sie vermutlich bereits im März ihren Betrieb aufnehmen.

© SZ vom 26.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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