Puls Open Air:Geld zurück - und trotzdem neue Karten

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Große Bühne für Newcomer und etablierte Jung-Stars wie Juju und Casper auf dem "Puls Open Air". (Foto: Fabian Stoffers/BR)

Das Puls-Festival musste 2022 abgebrochen werden. Im nächsten Jahr werden alle Besucher, die wieder heimfahren mussten, vom BR eingeladen - und sollen trotzdem ihr Geld zurückbekommen.

Von Michael Zirnstein

Sollte das in den ganzen Long-Covid-Wirrnissen in der Kultur mit ihren Absagen und Verschiebungen von Veranstaltungen untergegangen sein, dann sei noch mal deutlich gemacht: Der Abbruch des "Puls Open Airs" im Juni 2022 war ein Erdbeben, das die ganze Rock-Branche nachhaltig durchgeschüttelt und alarmiert hat. Moritz Rügamer, der zusammen mit Andi Barsekow vonseiten der Puls-Redaktion und des Bayerischen Rundfunks aus für das Festival zuständig ist, erinnert sich an jenes Wochenende, an dem er 50 Stunden am Stück nicht geschlafen hatte.

Am Donnerstag waren 4000 der erwarteten 11 000 Gäste bereits angereist auf Schloss Kaltenberg im Landkreis Landsberg, bauten ihre Zelte auf oder feierten beim Warm-up-Programm; aber hinter den Kulissen ging der Alarm los: Es hatten sich viel zu wenig der 150 benötigten Sicherheitskräfte für Freitag zum Dienst gemeldet, trotz aller Notrufe und Kontakte im Netzwerk erschien bis zuletzt eine "Anzahl im hohen zweistelligen Bereich" nicht. Der Krisenstab aus Behörden, dem Veranstalter und dem BR entschied "schweren Herzens": Abbruch, am Freitagmorgen mussten alle das Festival-Gelände, den Camping- und Wohnwagenplatz räumen.

Abzug: Am Festival-Freitag mussten die Camper das Open-Air-Areal räumen. (Foto: Löb Daniel/dpa)

Der Abzug verlief diszipliniert und ohne größere Proteste, für den Moment war alles noch einmal gut gegangen. Aber die Auswirkungen des Concertus interuptus beschäftigen die Verantwortlichen bis heute. Von der Rückzahlung der Tickets bis zur Frage, wie und ob man noch einmal ein "Puls Open Air" veranstalten könne. Zumindest die letzte Frage ist inzwischen geklärt: 2023 soll es dieses spannende Festival wieder geben, von 8. bis 10. Juni. Auf vergrößertem Gelände sogar, mit "noch mehr zum Entdecken" und einem neuen Veranstalter. Puls-Redaktionsleiterin Nadine Ulrich freut sich, fortan den Hausherren Heinrich Prinz von Bayern selbst und seine Ritterturnier Kaltenberg Veranstaltungs-GmbH "als kompetenten und sympathischen Partner" an der Seite zu haben.

Hierzu muss man kurz die Konstruktion des Festivals erklären, das zwar "Puls Open Air" heißt, das aber anders als das Puls-Indoor-Festival in den eigenen BR-Studios einen externen Veranstalter hat. Bisher war das die Amont Gastro GmbH aus Chieming. Die war verantwortlich für die Event-Produktion (samt Sicherheit) und den Kartenverkauf. Die Jugendwelle Puls gibt ihren Namen, übernimmt die Kommunikation und berät einen extern beauftragten Booker bei einem Programm, "das zu uns passt", wie Moritz Rügamer sagt: Also divers, gendergerecht, mit spannenden Newcomern, aber auch etablierten Zugnummern wie 2022 Juju und Casper. So soll es 2023 weitergehen, die Verträge werden gerade unterzeichnet, noch darf aber nicht gesagt werden, mit wem.

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Die beste Nachricht für die Ticketbesitzer von 2022 ist schon raus: Sie dürfen alle 2023 wiederkommen, und das kostenlos auf Einladung des Bayerischen Rundfunks. Der große Shitstorm sei zwar ausgeblieben, sagt Rügamer. Aber "nach außen hin wirkt es ja schon so, als sei das Festival von uns". Bevor also der Abbruch und die noch immer andauernde Rückabwicklung durch den Veranstalter am Image des BR kratzt, hat man sich bis hinauf zur Direktionsebene zu dieser "einmaligen Marketingmaßnahme" entschieden. Man rechnet damit, dass 70 bis 80 Prozent der Besitzer der 120 Euro teuren Karten das Angebot annehmen, deshalb werden nur wenige Tickets in den Vorverkauf gehen.

Wohlgemerkt: Das Open Air 2023 ist kein Ersatz für 2022, sondern eine juristisch betrachtet völlig neue Veranstaltung - ein "klarer Schnitt, um handlungsfähig zu werden", sagt Rügamer. Unabhängig von der Einladung können die vom Abbruch 2022 Betroffenen zusätzlich ihr Eintrittsgeld zurückfordern. Bis heute befinden sich der bisherige Veranstalter, die Amont Gastro GmbH, und die Versicherung noch in Verhandlungen. Auf den Ausgang wartet die Festival-Branche gespannt: Wer zahlt für die Ausfälle, und wie wirkt sich das auf künftige Prämienzahlungen aus? Geschäftsführer Alexander Wolf erklärt den Stand in seinem Fall: Man sei sich einig, dass der Veranstalter keine Schuld am Ausbleiben der Security-Leute und somit auch nicht am Abbruch trage. Damit springe die Versicherung ein. Jetzt gehe es um die Details, aber die werde man dieses Jahr leider nicht mehr lösen können. "Wir haben uns auch vorgestellt, dass das schneller geht", beteuert Wolff, "wir sind dran, wir bedauern das sehr."

Viel Platz: Die Arena von Schloss Kaltenberg ist das Zentrum des "Puls Open Airs". Im Juni 2023 soll sie wieder bespielt werden. (Foto: Löb Daniel/dpa)

Wolff, der außerdem die noch größere "Brass Wiesn" bei Eching veranstaltet, ist auch enttäuscht darüber, das "Puls Open Air" abgeben zu müssen. "Das kam plötzlich, wir haben viel Arbeit und Zeit investiert, das aufzubauen und sieben Jahre lang freundschaftlich und unheimlich gut zusammengearbeitet", sagt er. Er weiß: "Dieses Jahr war der Hund drin", sieht sich aber auch als Opfer der Umstände, etwa der Personalknappheit im Eventbereich durch die Corona-Krise.

Beim "Medienpartner" und "Kurator" Puls macht man Amont Gastro deswegen auch keine Vorwürfe. Unabhängig vom Abbruch hätte man nach Auslauf der Kooperationsvereinbarung 2022 die Zusammenarbeit "ohnehin neu bewerten wollen", sagt Rügamer. Nun will man jedenfalls den kompletten Neustart mit neuer Deko, vergrößertem Gelände, und so will man eben mit einem neuen "Veranstalter in die Zukunft gehen, der gerade an diesem Ort sehr gut aufgestellt ist". Auch die Rückmeldungen aus der Festival-Community habe man berücksichtigt. Die Ritterturnier-Macher selbst sehen sich ebenfalls als Idealbesetzung für ihr nun eigenes Rock-Open-Air: "Niemand kennt das Gelände und seine unglaublichen Möglichkeiten besser als wir. Die Veranstalterrolle für das Puls Open Air ist daher ein logischer Schritt für uns", so Pressesprecher Markus Wiegand. Man wolle wie bei seinen bisherigen Veranstaltungen den Fokus auf Nachhaltigkeit legen und biete "ein eingespieltes Team in den Bereichen Sicherheit, Technik, Logistik und Gastronomie".

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