Kolumne "Hertzkammer":Sound als Zuflucht

Lesezeit: 1 min

Ein-Mann-Band: Sainte Vie ist Sänger, Synthie-Tüftler und Produzent. (Foto: Stuart Tracte)

Der mexikanische Produzent Pablo Piña Hernandez alias Sainte Vie verschmilzt in seinen atmosphärischen Tracks mal Club und Pop, mal Electronica und lateinamerikanische Folklore. Nun ist er live in München zu erleben.

Von Martin Pfnür

Als Pablo Piña Hernandez im Alter von 16 Jahren von seinen Eltern aus der heiß und ewig pulsierenden Metropole Mexico City in die eher mäßig pulsierende französische 2800-Seelen-Gemeinde Bécon-Les-Granits nordöstlich von Nantes geschickt wird, ist es erst mal vorbei mit der anvisierten Musikkarriere. Anstatt mit seinen Schulhofspezln die Songs seiner Rockband Polar zu verfeinern, ist für Hernandez auf der ebenso altehrwürdigen wie superstrikten Internatsschule Institute Bois Roberts erst mal nichts als Büffeln angesagt. Keine Gitarre nirgendwo, allein den Computer darf er am Wochenende anwerfen.

Und so wird aus der Not eine Tugend und aus dieser wiederum doch noch eine Musikkarriere. Denn wer am Wochenende den Computer anwerfen darf, der darf darauf auch eine Musiksoftware wie das "Fruit Loop Studio" installieren. Und wer im westfranzösischen Idyll nur überschaubare Möglichkeiten zum Unfug veranstalten vorfindet, der vertieft sich nur umso mehr in all die fabelhaften virtuellen Synthesizer und Drum Machines, mit denen das Fruit Loop Studio aufwartet.

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13 Jahre ist diese Entdeckung einer musikalischen Zuflucht fern der Heimat nun her. Und längst ist der Elektronik-Novize Pablo Piña Hernandez, der damals noch den avantgardistischen Soundscapes des einstigen Wunderknaben Nicolas Jaar hinterhereiferte, zum Labelchef und Vollblutmusiker auf Welttournee gereift. Versammelt Hernandez auf seinem Label "Akumandra" vor allem Künstler, die sich den Möglichkeiten der elektronischen Musik auf unkonventionelle, da stets genreübergreifende Weise verschreiben, so erfüllt er diesen Anspruch mit seinem Solo-Projekt "Sainte Vie" natürlich auch selbst.

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Als eine Art Ein-Mann-Band baut er als Sänger und Analogsynthie-Tüftler immer wieder neue formschöne Brücken. Anfangs noch bevorzugt zwischen kraftvoll pumpender Electronica und dem Zauberklang herbeigesampelter lateinamerikanischer Folklore wie auf seiner brillanten Debüt-EP "Estación Inmortal". Mittlerweile aber auch sehr gerne mal zwischen Club und den dunkleren Spielarten des Pop, denn eine ähnlich sinister und hypnotisch auf den Dancefloor geschickte Depeche Mode-Hommage wie Hernandez' jüngste Single "Raindrops" wird man in diesem Pop-Jahr gewiss vergeblich suchen.

Sainte Vie (live), Freitag, 18. August, 22 Uhr, Bahnwärter Thiel, Tumblingerstraße 45

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