Prozess in München:Frau fordert Schmerzensgeld wegen Schlagstock-Einsatzes der Polizei

Lesezeit: 2 min

  • Eine Frau verlangt vom Freistaat ein Schmerzensgeld von 1000 Euro.
  • Ihren Angaben zufolge habe die Polizei sie nach einem Fußballspiel im April 2014 vor dem Grünwalder Stadion mit einem Schlagstock verletzt.
  • Die Polizei sieht es nicht als erwiesen an, dass sich der Fall so zugetragen hat.

Von Stephan Handel

Es war ein Versehen, sagt die Polizei, und sowieso könne sie nicht mehr feststellen, wer denn da tatsächlich zugeschlagen hat mit dem "Einsatzmehrzweckstock" im April 2014 vor dem Grünwalder Stadion: Der 1. FC Schweinfurt 05 hatte in der Regionalliga gegen die zweite Mannschaft des FC Bayern gespielt und 1:2 verloren, Tobias Schweinsteiger hatte in der 92. Minute den Siegtreffer der Bayern geschossen.

Die Polizei hatte das Spiel als eines von mittlerem Risiko eingestuft. Dennoch kam es zu Rangeleien, als die Schweinfurter Fans das Stadion verlassen wollten - die Polizei meldete später, sie sei angegriffen worden, während die Fans die Situation natürlich genau andersrum darstellten. Mittendrin in der Masse befand sich die damals 23-jährige Christina Y. und sie erlitt, so stellt sie es dar, durch den Stockschlag eines Polizisten auf den Hinterkopf eine Schädelprellung und eine Versteifung der Halswirbelsäule, sie habe erbrechen müssen und am Abend habe die Nase geblutet.

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Dafür - und weil sie eine Woche unter Schmerzen gelitten habe - verlangt sie nun vom Freistaat im Wege der Amtshaftung ein Schmerzensgeld von 1000 Euro; weil der nicht freiwillig zahlen will, klagt sie vor dem Landgericht.

Seine Mandantin, sagt Rechtsanwalt Ralf Peisl, sei beileibe keine Fußball-Randaliererin - sie wollte nach Spielende einfach nur zu ihrem Auto gehen und heimfahren. Aber sie war nun einmal mit den anderen Schweinfurter Fans in einem Block zusammengefasst, sie durften nur getrennt von den Bayern-Anhängern das Stadion verlassen. Dabei seien sie fast schon draußen gewesen, als die Polizei plötzlich begonnen habe, die Besuchermasse wieder zurückzudrängen. Damit waren wohl nicht alle einverstanden, und in dem so entstandenen Kuddelmuddel traf sie der Schlagstock.

Das findet die Polizei nun alles überhaupt nicht bewiesen: Die Verletzungen schon nicht, aber auch überhaupt den Schlag. Auf den Überwachungsvideos jedenfalls lässt sich die Situation nicht ausmachen, was ja aber noch nicht bedeutet, dass sie nicht stattgefunden hat. Als Christina Y. am Tag nach dem Spiel Strafanzeige erstattete, seien keine Verletzungen erkennbar gewesen, so haben es die Polizeibeamten damals protokolliert.

Außerdem: Sei es überhaupt bewiesen, dass Christina Y. tatsächlich im Stadion und nach dem Spiel am Ort der Auseinandersetzung zwischen Fans und Polizei gewesen sei? Und schließlich komme es ja wohl auch noch darauf an, ob der Polizeieinsatz rechtens war, ob also der Stockschlag, so es ihn überhaupt gab und so er Christina Y. überhaupt getroffen hat, denn auch schuldhaft zu werten sei.

Da allerdings hakt Frank Tholl ein, der Vorsitzende Richter: Der Bundesgerichtshof nämlich hat vor kurzem entschieden, dass es Entschädigungsansprüche auch bei rechtmäßigem Handeln der Obrigkeit geben kann. Das alles herauszufinden würde aber viel Arbeit bedeuten: Zeugenvernehmungen, Sachverständigen-Gutachten, das gesamte Werkzeug der Zivilprozessordnung. Da macht Tholl lieber den Vorschlag, ob man sich nicht gütlich einigen könnte? 150 Euro habe die Kammer in ähnlichen Fällen zugesprochen. Ralf Preisl bezweifelt, dass er seine Mandantin für diese Lösung begeistern kann, will es aber versuchen. Vier Wochen haben die Parteien Zeit, über den Vorschlag des Gerichts nachzudenken.

© SZ vom 29.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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