Politik in München:Clemens Baumgärntner wird wohl neuer Wiesnchef

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Clemens Baumgärtner will sich neben dem Oktoberfest auch darum kümmern, dass Gewerbe und Handwerk in den Vierteln Platz findet. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Clemens Baumgärtner ist der CSU-Kandidat für das Amt des Referenten für Unternehmen und Oktoberfest.
  • Der Wirtschaftsanwalt war bislang Vorsitzender des Bezirksausschusses Untergiesing-Harlaching.
  • Die Wiesn ist für ihn "integraler Bestandteil" des Münchner Wirtschaftslebens, mit Betonung auf "Teil". Er will sich auch darum kümmern, dass Gewerbe und Handwerk in den Vierteln Platz finden.

Von Julian Raff, München

Mit dem 42-jährigen Wirtschaftsanwalt Clemens Baumgärtner präsentiert die CSU einen Überraschungskandidaten für das Amt des städtischen Wirtschaftsreferenten und Wiesnchefs, das Vizebürgermeister Josef Schmid mit seinem Wechsel in den Landtag räumt. Baumgärtners kommunales Profil reicht zwar zeitlich bis 1996 zurück, örtlich aber bisher nicht über den Münchner Süden hinaus.

Ein knappes Jahr nach dem Abitur wurde der Harlachinger in den Bezirksausschuss Untergiesing-Harlaching (BA 18) gewählt, dessen Vorsitz er 2012 übernahm, nachdem sein Vorgänger gesundheitsbedingt zurückgetreten war. Die Wiederwahl 2014 und eine sattelfeste Position im Gremium verdankt Baumgärtner einer schwarz-grünen Kooperation, die bereits funktionierte, bevor dieser Arbeitsmodus mit der Kommunalwahl 2014 in vielen anderen Stadtteilgremien einzog. Von 2008 bis 2014 saß Baumgärtner außerdem für die CSU im oberbayerischen Bezirkstag.

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Vor einigen Wochen hat ihm Schmid die Kandidatur angetragen - und brauchte dabei offenbar wenig Überredungskünste: Mit 42 kann sich der Jurist Baumgärtner den beruflichen Kurswechsel gut vorstellen, ungeachtet eines soliden, hauptsächlich in Münchner Unternehmerkreisen angesiedelten Mandantenstamms, den er in Zivil-, Verwaltungs- oder Insolvenzangelegenheiten vertritt, wo nötig auch im Wirtschaftsstrafrecht. Als reiner Strafverteidiger habe er sich gelegentlich betätigt, in diesem Metier aber nicht wirklich wohl gefühlt, sagt Baumgärtner. Ökonomisch spezialisierte er sich nach dem ersten Staatsexamen an der LMU mit einem Aufbaustudium in Europäischem- und Internationalem Wirtschaftsrecht, parallel zum Referendariat am Oberlandesgericht.

Dass er als Stadtviertelpolitiker ohne Stadtratsmandat Vertrauen gewinnen muss und kein "Schlafwagenabteil" ins Amt gebucht hat, ist dem Kandidaten natürlich klar. Zunächst seien also alle Stadtratsfraktionen persönlich zu überzeugen. Wirklich alle, wie Baumgärtner betont, also die eigene CSU und ebenso Randgruppen wie die Liberal-Konservativen Reformer (LKR). Kontakt zu Dieter Reiter hatte Baumgärtner bisher ausschließlich als BA-Chef. Die Verständigung mit dem OB könnte aber gut laufen: Wie im Bezirksausschuss regelmäßig zu hören ist, spricht auch Baumgärtner gerne schnörkellos, wenn ihm eine Sache wirklich wichtig ist.

In den Stadtrat drängte es ihn bislang aber nicht. Dort habe es nicht viel an Gestaltungsmöglichkeiten zu gewinnen gegeben, sagt Baumgärtner. Was überheblich klingen könnte, wären ihm die Grenzen seines bisherigen Ehrenamtes nicht allzu klar. Nicht nur in Untergiesing-Harlaching hinterlassen BA-Sitzungen oft den Eindruck, als würden Referate und Stadtbezirke eher gegen- als miteinander arbeiten. Trotzdem möchte Baumgärtner sein Stadtteilmandat nicht für den Referentenposten aufgeben. Im 18. Bezirk, wo Gartenstadt, Wohnsiedlungen und Kleingewerbe anstelle von Industrie dominieren, sieht er wenig Konfliktpotenzial. Notfalls könne er sich ja vertreten lassen, und die Theresienwiese samt ihrer entnervten Nachbarn ist weit weg.

Überhaupt, die Wiesn. Dass dieser Teil des Wunschjobs viel öffentliche Aufmerksamkeit bringt, begeistert den Aspiranten nur mäßig, auch wenn er den dazu gehörigen Part des Genussmenschen gut und gerne ausfüllt. Seine Kontakte in den Kreis der Wiesnwirte nennt Baumgärtner "bis dato überschaubar". Das Oktoberfest ist für ihn "integraler Bestandteil" des Münchner Wirtschaftslebens, mit Betonung auf "Teil". Die Stadt lebe nun mal nicht nur von zeitlos profitabler Gemütlichkeit. Vielmehr müsse sie sich als Auto- und High- techstandort gegen Konjunktureinbrüche wappnen und außerdem die hochmobile Digitalbranche nicht nur anlocken, sondern auch hier halten.

Stadtweit wiederholt Baumgärtner auch gern, was er vor allem für sein Untergiesing fordert, nämlich das Gewerbe, vom Maschinenbauer bis zum Handwerker, nicht aus den Vierteln zu drängen, so wichtig neue Wohnungen auch seien. Eine dritte Hauptaufgabe sieht der Referatsanwärter in der wirtschaftlichen Integration von Flüchtlingen, sei es durch Bürokratieabbau oder über den zweiten und dritten Arbeitsmarkt.

Die familiäre Rückendeckung für einen termingespickten neuen Job habe er bei seiner Frau und den beiden Kindern bereits eingeholt, so Baumgärtner, wobei ihn sein jetziger Job werktags auch von Frühmorgens bis Mitternacht beanspruche. Sollte der Umstieg also doch noch politisch scheitern, könne er auch damit leben, gibt sich Baumgärtner vorsichtig: "Ich glaube es erst, wenn ich die Ernennungsurkunde in den Händen halte."

© SZ vom 20.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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