Marodes Denkmal:Historischer Bauernhof soll zum Kulturhaus werden

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Einzigartige Lage, ambitionierte Nutzungsidee: Aus dem Perlschneiderhof auf der Pasinger Würminsel könnte ein Kulturzentrum werden, wie diese Simulation zeigt. (Foto: Sammlung Klee)

Der denkmalgeschützte Perlschneiderhof in Pasing befindet sich in einem desolaten Zustand. Für eine künftige Nutzung gäbe es ambitionierte Pläne, doch die Sanierung scheitert bisher an den Eigentumsverhältnissen.

Von Ellen Draxel

Es ist eine ambitionierte Vision. Der Perlschneiderhof in Pasing, eines der ältesten noch erhaltenen landwirtschaftlichen Anwesen in München, könnte nach der Idee der ÖDP-Stadträte Sonja Haider und Tobias Ruff und des Lokalpolitikers Hans-Joachim Kilian zu einem Kulturhaus werden. Mit einer Theater- und Musikbühne, sofern sich diese Nutzung mit der umliegenden Wohnbebauung vereinbaren lässt. Mit Ateliers und einer Vortragsbühne, etwa für Lesungen. Mit einem Skulpturenpark inmitten des Grüns. Auch eine Kino-Nutzung können sich die Initiatoren für das historische Kleinod vorstellen.

Stadtrat und Gewässerökologe Tobias Ruff plädiert dafür, auf dem Areal alte Obstbaumsorten anzupflanzen und die ursprüngliche Ufervegetation wieder herzustellen - als "hochwertiger Trittstein" für Tierarten wie Fische, Insekten und Fledermäuse, die zwischen Isar, Amper und Starnberger See wandern. Eine Visualisierung, die zeigen soll, was auf dem 1770 Quadratmeter großen Grundstück am Manzingerweg 3 alles möglich sein könnte, gibt es bereits. Die Politiker wollen damit ihrer langjährigen Forderung Nachdruck verleihen, den ehemaligen Bauernhof von städtischer Seite aus endlich vollständig zu erwerben und zu sanieren.

"Der Perlschneiderhof", sagt die Pasingerin Sonja Haider, "ist eine Perle, die man polieren muss." Idyllisch gelegen inmitten der Würminsel, nur wenige Hundert Meter vom Pasinger Bahnhof entfernt, gehört der erstmals im 16. Jahrhundert erwähnte Hof zum alten Ortskern. Das Landesamt für Denkmalpflege hat den Stadel des Hofs erst vor wenigen Monaten unter Denkmalschutz gestellt. Noch aber pfeift der Wind durch das Gemäuer, in dem früher Schweine kastriert wurden, Moos wuchert auf dem maroden Dach, der Garten ist verwildert. Das Grundstück, am Nordende eines der größten Landschaftsschutzgebiete Münchens gelegen, dient als Müllablageplatz.

Der weitere Verfall des Pasinger Perlschneiderhofs könnte jetzt gestoppt werden. (Foto: Sammlung Klee)

Dass eine Sanierung bisher nicht erfolgt ist, liegt an den Eigentumsverhältnissen. Denn der Perlschneiderhof, bis 1913 landwirtschaftlich genutzt, gehört nur zur Hälfte der Stadt. Die Kommune hat das Teilgrundstück in den Fünfzigerjahren Maria Senft abgekauft. Deren Schwester Anna jedoch behielt damals ihren Anteil und vererbte ihn weiter. Die spätere Besitzerin Philomena Irlbeck bekundete laut Haider dann zwar Interesse an einem Verkauf der zweiten Hälfte. "Aber zu einem Preis, den die Stadt nicht zahlen wollte." Inzwischen ist Irlbecks auf Betreuung angewiesener Sohn Teileigentümer, und auch er würde das halbe Grundstück gerne veräußern.

Doch das hat bisher nicht geklappt, weil die Kommune "unterirdische Preise aufgerufen hat", wie die Stadträtin sagt. Das Betreuungsgericht grätschte dazwischen, forderte eine angemessene Summe. Mittlerweile liegt ein Gutachten über den Verkehrswert des Anwesens dem Kommunalreferat vor. Sobald die Unterlagen gesichtet sind, versichert Behördensprecherin Maren Kowitz, werde "der Kauf mit Nachdruck städtischerseits weitergeführt, um schnellstmöglich einen Eigentumsübergang zu ermöglichen". Zur Höhe des Werts äußert sich die Verwaltung nicht.

Der Perlschneiderhof ist aber kein Einzelfall. Im Herzen Pasings gibt es noch ein zweites denkmalgeschütztes Gehöft, das dringend sanierungsbedürftig ist: den Riegerhof an der Planegger Straße 20. Das zweigeschossige "Wohnstallhaus", wie das Gebäude in direkter Nachbarschaft zur historischen Gatterburg und der Pasinger Moschee im Denkmalatlas genannt wird, weist nicht nur Rußspuren nach einem Brand im Januar 2011 auf. Es ist auch innen marode. Die rechtwinklig angeschlossene Scheune ist inzwischen in sich zusammengebrochen.

Martin Rieger, der bis 1977 in dem Haus mit seiner Frau Ingrid wohnte, wollte 2018 das rund 2340 Quadratmeter große Grundstück samt Bestand verkaufen. Eine Sanierung kam für das Ehepaar seinerzeit aus Kostengründen nicht infrage, weshalb es den Komplex zunächst abreißen lassen wollte. Dagegen erhob der Denkmalschutz Einspruch, da es sich bei dem Hof um ein Einzelbaudenkmal innerhalb des Denkmalensembles "Ehemaliger Ortskern Pasing" handelt. Man traf sich deshalb vor Gericht wieder.

Mittlerweile hat der Riegerhof den Besitzer gewechselt, für das Anwesen läuft ein Baugenehmigungsverfahren bei der Lokalbaukommission. Das Vorhaben beinhaltet den Umbau und die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes mit Nutzungsänderung zum Wohnen und zur Büronutzung. Die Scheune soll abgebrochen und durch einen Neubau mit Wohnraum sowie ein "Solitärgebäude" ersetzt werden. Auch zwei Tiefgaragen sind geplant. Der Abbruch des Stadels erfolgt in Absprache mit der Unteren Denkmalschutzbehörde.

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