Pasing:Straße nach NS-Anhänger benannt: SPD fordert Umbenennung

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Die Alois-Wunder-Straße ist nach diesem Mann benannt, der eine NS-Vergangenheit hat. (Foto: oh)
  • Die SPD im Bezirksausschuss Pasing-Obermenzing fordert eine Umbenennung der Alois-Wunder-Straße.
  • Sie verweist auf neue Erkenntnisse, denen zufolge der ehemalige Pasinger Bürgermeister die Nationalsozialisten durch diverse Mitgliedschaften unterstützte.
  • 2012 hatte der Bezirksausschuss schon einmal beschlossen, dass Wunder der Namenspate der Straße bleiben darf.

Von Jutta Czeguhn, Pasing

Mitläufer des NS-Regimes sollten keine Ehrung durch die Nachwelt erfahren, heißt es in einem Antrag der SPD im Bezirksausschuss Pasing-Obermenzing. Der Ältestenrat des Münchner Stadtrats wird angesichts aktueller Geschehnisse wie dem NSU-Prozess oder fremdenfeindlicher Anschläge aufgefordert, die Neubenennung der Alois-Wunder-Straße nochmals zu prüfen.

2012 hatte sich das Gremium auf Wunsch des Bezirksausschusses schon einmal mit dem ehemaligen Pasinger Oberbürgermeister Alois Wunder (1878-1974) und dessen Rolle im Nationalsozialismus befasst und entschieden, dass Wunder Namenspate der kleinen Parallelstraße zur Landsberger Straße bleibt.

Wunders Bild hat deutliche Risse bekommen

Nach Ansicht der SPD und einer Mehrheit im Bezirksausschuss hat sich die Faktenlage über Wunders braune Vergangenheit aber mittlerweile verdichtet. In ihrem Antrag verweist die Fraktion auf die Forschungen, welche die beiden Stadtteilhistoriker Bernd-Michael Schülke und Bernhard Koch 2013 für die Ausstellung samt Begleitbuch "Alles wird anders - Pasing im Dritten Reich" ans Licht gebracht haben. Wunders Bild vom verdienstvollen Pasinger (Ober)-Bürgermeister habe dadurch nur noch deutlichere Risse bekommen.

Entscheidung in Coburg
:Stadtrat stimmt für Max-Brose-Straße

Der Coburger Stadtrat stimmt der umstrittenen Umbenennung zu: Die Von-Schultes-Straße wird zur Max-Brose-Straße. Zudem soll die Geschichte des Firmengründers aufgearbeitet werden, der NSDAP-Mitglied war und Zwangsarbeiter beschäftigte.

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Wunder, 1878 im fränkischen Zeyern geboren, stand seit 1907 im Dienst der Stadt Pasing - zunächst als sogenannter rechtskundiger Magistrat, von 1914 an als Bürgermeister. Von 1928 an trug er den Titel eines Oberbürgermeisters, 1932 wurde er zum Ehrenbürger Pasings ernannt.

Der Jurist galt als Vielarbeiter, war beliebt und fest ins gesellschaftliche Leben Pasings integriert; vom Kaninchenzüchterverein über die Feuerwehr bis hin zum Männergesangsverein reichten seine Mitgliedschaften. Und er war auch in der NSDAP, 5 904 262 lautete die Nummer auf seinem Mitgliedsausweis.

Er unternahm offenbar nichts gegen den Abtransport von Ratsmitgliedern

Er war außerdem Fördermitglied der SS, Mitglied im Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps (NSKK), der NS-Wohlfahrt, des NS-Rechtwahrerbundes, des Reichsluftschutzbundes, des NS-Reichsbundes für Leibesübungen, des Volksbundes für das Deutschtum im Ausland, des Kolonialbundes, des Roten Kreuzes, der Feuerschutzpolizei und des NS-Reichskriegerbundes.

Lange hieß es von Alois Wunder, er habe sein Leben riskiert, um beim Eingemeindungsvertrag mit München 1938 das Möglichste für Pasing herauszuholen. Schülke und Koch haben vor allem seine Rolle in den Jahren nach 1933 betrachtet.

Für die Monate nach der sogenannten Machtergreifung stellen die beiden Autoren Wunders "Untätigkeit im Zusammenhang mit den terroristisch-illegalen Verhaftungen, Verboten, Auflösungen und so weiter von demokratischen Politikern, Parteien, Institutionen und Organen" fest. Er habe den Abtransport von Pasinger Ratsmitgliedern, die den Nationalsozialisten politisch nicht genehm waren, nach Stadelheim, in die Ettstraße oder nach Dachau "anscheinend gleichgültig" zugesehen.

In ihrem Antrag, die Alois-Wunder-Straße umzubenennen, weist die SPD-Fraktion auch darauf hin, dass sich im direkten Umfeld zahlreiche Schulen finden.

© SZ vom 11.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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