Pasinger Bahnhof:"Wir sind extrem enttäuscht von der Bahn"

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Der nördliche Zugang zum Pasinger Bahnhof (rechts) ist alles andere als ein Schmuckstück. (Foto: Catherina Hess)

Beim Ausbau des Pasinger Bahnhofs fällt nicht viel ab für die Nachbarschaft. Im Viertel wächst die Unzufriedenheit - zumal auch Ideen für den Vorplatz auf sich warten lassen. Und der Investor eines womöglich spektakulären Projekts hüllt sich in Schweigen.

Von Ellen Draxel

Die Nordseite des Pasinger Bahnhofs erhält in den kommenden Jahren ein neues Gesicht. Und das großräumig: Denn verändert werden soll nicht nur der Bahnhofseingang selbst. Auch das Umfeld wird umgestaltet - zwei Neubauten in unmittelbarer Bahnhofsnähe inklusive. Doch im Viertel herrscht wenig Begeisterung über die Pläne und ihr zähes Vorankommen.

Der Pasinger Bahnhof ist eines der größten Schienen-Drehkreuze Bayerns. Die Bahn will daher den Knotenpunkt, an dem schon heute tausend Züge täglich halten und den rund 100 000 Fahrgäste nutzen, mit einer halben Milliarde Euro fit für die Zukunft machen. Für das erste Projekt des mehrstufigen Ausbaus, den Bau eines zusätzlichen Bahnsteigs zwischen den vorhandenen Gleisen 12 und 14, an dem künftig vor allem Züge in und aus Richtung Augsburg halten werden, läuft bereits das Planfeststellungsverfahren.

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Auch die Errichtung einer 1340 Meter langen, bis zu vier Meter hohen Lärmschutzwand von der Offenbachstraße bis zu den Kleingärten westlich der Pippinger Straße sowie den Bau eines neuen Empfangsgebäudes am Nordausgang beinhaltet dieses erste Teilvorhaben. Baubeginn ist für 2026 vorgesehen, zwei Jahre sollen die Baumaßnahmen in Anspruch nehmen. Die Aussagen zum Entrée allerdings sind wenig substanziell - zum Ärger von Pasings Lokalpolitikern, denen das Vorhaben jetzt zur Anhörung vorgelegt wurde. Klar ist nur, dass der Neubau rund einen Meter städtischen Grund mitbeanspruchen soll.

"Wir sind extrem enttäuscht von der Bahn", sagt Gremiumsmitglied Maria Osterhuber-Völkl (CSU). "Wenn man etwas will, in diesem Fall Grund von der Stadt, muss man dafür auch etwas hergeben." Die Stadtteilvertreter fordern, dass in dem neuen Terminal nicht nur Platz für Händler, sondern auch für öffentliche Toiletten und Fahrradabstellanlagen geschaffen wird. Dafür dürfe der Bau durchaus höher als die Lärmschutzwand werden und sollte im Idealfall noch ein auskragendes Dach bekommen - "damit die Leute an der Bushaltestelle nicht im Regen stehen". Arkaden im Erdgeschoss könnten eine "nicht so wuchtige" Optik ermöglichen.

Außerdem müsse der Nordzugang während der Bauarbeiten "dauerhaft" offen sein. Um sicherzustellen, dass all diese Punkte berücksichtigt werden, hatten die Lokalpolitiker einen städtebaulichen Wettbewerb gefordert, waren mit ihrem Wunsch aber abgeblitzt. Jetzt koppeln sie ihre Zustimmung zur Planfeststellung an die Maßgabe, dass die Kommune die Forderungen des Bezirksausschusses übernimmt.

Auf Nachfrage bei der Bahn bestätigt deren Sprecherin, dass die Planung derzeit lediglich "die Wiederherstellung des Zugangsgebäudes in seiner bisherigen Funktion" vorsehe - ohne zusätzliche Toiletten und Fahrradparkraum. Die Vermarktungsflächen, die durch die neuen Zugänge des Bahnsteiges entfielen, würden jedoch durch eine südliche Erweiterung der Unterführung kompensiert.

Die geplante Neugestaltung des Bahnhofsvorplatz zieht sich weiter hin. (Foto: Catherina Hess)

Im Zuge des Bahnhofsumbaus soll zudem der Vorplatz neu gestaltet werden. Einen ersten runden Tisch dazu gab es bereits 2009, doch der große Wurf scheint schwierig, das Verfahren zog sich immer wieder in die Länge. Inzwischen ist laut Franziska Hartmann vom städtischen Mobilitätsreferat aber eine entsprechende Machbarkeitsstudie abgeschlossen. Die Behörde, so die Sprecherin, bereite derzeit die Beschlussvorlage für den Stadtrat vor, zu der auch der Bezirksausschuss angehört werde. Details sind bisher nicht bekannt. Ein Gesamtkonzept muss den immensen Fuß- und Radverkehr inklusive der Schulwege, den Busbetrieb mit verschiedenen Haltestellen und den Autoverkehr berücksichtigen.

Im Norden kommt ein Ärztehaus - womöglich als ein Algenhaus

Und dann sind da, als dritter Aspekt, noch die beiden Bauvorhaben direkt am Bahnhof. Aus Sicht der Bürgervertreter sind das "Schlüsselprojekte" im Hinblick auf eine zukunftsorientierte, städteplanerische Gesamtlösung für die Nordseite des Pasinger Bahnhofs. Auf dem ehemaligen Weyl-Gelände an der Gottfried-Keller-Straße 39 will die Bucher Properties GmbH voraussichtlich von kommendem Frühjahr an einen fünfstöckigen Komplex mit Supermarktflächen im Erdgeschoss und im ersten Untergeschoss, zwei Ebenen Tiefgarage und rund 110 Studentenapartments in den oberen vier Stockwerken realisieren. Geschätzte Bauzeit: zwei Jahre. Eine zusätzliche Option ist ein Fahrradparkhaus mit mehr als tausend Stellplätzen. Pasings Stadtteilvertreter hatten statt der großen Einzelhandelsflächen kleinteiliges Gewerbe gefordert, um zusätzlichen Auto-Einkaufsverkehr zu verhindern, konnten sich aber nicht durchsetzen.

Der zweite Neubau soll unmittelbar neben dem Bahnhofszugang entstehen, an der August-Exter-Straße 3. Für das unmittelbar an die Pasinger Fabrik grenzende Grundstück gibt es bereits eine Baugenehmigung von 2022 für ein vierstöckiges Ärztehaus mit Satteldach und Tiefgarage. Vorgestellt hatten die Bauherren Pasings Lokalpolitikern dann aber noch ein zweites Konzept: Ein sogenanntes Algenhaus, bei dem die Fassade mit lebenden Algen bepflanzt werden könnte. Die Algen würden für ein gesundes Umweltklima sorgen und, weil sie als Bioreaktoren fungieren, zugleich Strom liefern. Auf Nachfrage ist aber trotz mehrfacher Nachfrage von den Investoren dazu nichts Näheres zu erfahren. Der Lokalbaukommission jedenfalls liegt bislang kein Antrag zu einem Algenhaus vor.

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