Oktoberfest:Schon wieder eine Eskalation im Wiesnstreit

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Josef Schmid auf dem Weg in seine Behörde zum Gespräch mit den Wirten. Das Ergebnis steht zu diesem Zeitpunkt schon fest. (Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Josef Schmid empfängt die Wirte zum Versöhnugsgespräch und verteilt schon zuvor schriftlich das Ergebnis der Debatte.
  • Dieter Reiter kassiert das Papier seines Stellvertreters gleich wieder ein.
  • Schmids Konzept komme nicht auf die Tagesordnung des Wirtschaftsausschusses, verkündet Reiter.

Von Franz Kotteder

Als die großen und kleinen Wiesnwirte Punkt 14 Uhr im Referat für Arbeit und Wirtschaft in der Herzog-Wilhelm-Straße 15 zum klärenden Gespräch einlaufen, ist eigentlich alles längst geklärt. Denn der städtische Wiesnchef und Zweite Bürgermeister Josef Schmid (CSU) hat den Stadträten des Wirtschaftsausschusses bereits am Vormittag per Boten seine Beschlussvorlagen für die Sitzung am kommenden Dienstag zukommen lassen.

Da steht detailliert drin, wie er sich Umsatzpacht und den Bierpreisdeckel für das Oktoberfest in diesen und den folgenden Jahren vorstellt. Den Wirten zeigt das, welchen Wert der Wiesn-Chef noch auf das langfristig anberaumte Gespräch und auf die möglichen Argumente der Wirte legt: Keinen, er hat sich entschieden. Ein Dialog sieht anders aus, ein Affront aber genau so. Er habe seine Position den Wirten "detailliert erläutert", heißt es in einer danach verbreiteten Erklärung Schmids, dies sei "hilfreich" für das Verständnis seiner Vorgehensweise gewesen.

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Der Bürgermeister fühlte sich vom Wirtesprecher beleidigt. Der hatte ihn angeblich als "Komiker" und "despotisch" bezeichnet, bestreitet das aber.

Eine gute halbe Stunde vor dem Termin, genau um 13.25 Uhr, hatte allerdings Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) verlauten lassen, was er vom Vorgehen des Zweiten Bürgermeisters hält: nichts. Durch sein Büro ließ er den Stadtratsfraktionen in lapidaren Worten mitteilen, dass "die o. g. Vorlagen-Entwürfe, die heute durch das Büro des 2. Bürgermeisters an die Fraktionen verteilt wurden", nicht auf der Tagesordnung des Ausschusses am kommenden Dienstag stünden. "Nicht" in Großbuchstaben.

Laut SPD-Fraktionschef Alexander Reissl hatte Reiter Schmid schon vor ein paar Tagen angekündigt, dass er die Vorlagen nicht so kurzfristig in die Tagesordnung des Ausschusses aufnehmen werde. Dass Schmid sie trotzdem verschicken ließ, verwundert Reissl: "Ich habe keine Ahnung, was das für ein komisches Spiel ist."

Reiter fährt damit seinem Wiesnchef Schmid erneut in die Parade. Eine nähere Begründung dafür nannte das OB-Büro zunächst aber nicht. Bekannt ist, dass Reiter zumindest Schmids Konzept für eine Deckelung des Bierpreises für drei Jahre auf maximal 10,70 Euro eher kritisch sieht. Er dürfe "auf keinen Fall dazu führen, dass die Wiesnbesucher, vor allem auch Familien, in den Zelten bei alkoholfreien Getränken und beim Essen stärker abkassiert würden", ließ er zuletzt verlauten.

In Schmids Vorlage, die nun doch nicht auf die Tagesordnung kommt, wird eine maximale Obergrenze für Festbier in Höhe von 10,70 Euro pro Liter und 7,80 Euro für Weißbier sowie für die entsprechenden alkoholfreien Biere und Biermischgetränke vorgeschlagen. Was andere Getränke und die Speisen angeht, verlässt sich Schmid auf das Gaststättengesetz, nach dessen "Apfelsaftparagrafen" mindestens ein Getränk billiger als Alkohol angeboten werden muss, und auf den Markt: "Anders als beim Bierausschank ist der Verkauf von Speisen nicht auf wenige Betriebe limitiert." Und Speisen dürften auch in den Biergartenbereich der großen Festzelte zum Verzehr mitgenommen werden.

Damit, so sagt Schmid, sei sichergestellt, dass die Wirte die höheren Abgaben, die er von ihnen wegen der gestiegenen Sicherheitskosten für die Wiesn kassieren wolle, nicht einfach auf den Bierpreis umlegten. Der Bürgermeister spricht von Gesamtkosten für die Sicherheit in Höhe von rund 10,7 Millionen Euro. So gebe es in diesem Jahr wieder "rund um die Uhr Zutrittskontrollen", die Zahl der Ordner, die größtenteils wie schon im vergangenen Jahr von der Essener Sicherheitsfirma Kötter angemietet werden müssen, beträgt heuer 491, etwa zehn Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Außerdem soll es Flügeltore an den vier Hauptzugängen der Wiesn geben. Auch eine Beschallungsanlage für Durchsagen muss neu angemietet werden.

Die Kosten muss die Stadt wieder hereinholen - sie darf mit dem Oktoberfest weder Gewinne noch Verluste einfahren. Und weil auch noch der Grundsatz der Leistungsfähigkeit gilt, will Schmid die stark witterungsabhängigen Schausteller schonen. Die notwendigen Standgelderhöhungen möchte er ausschließlich von den kleinen und großen Festzelten verlangen, und zwar nicht wie bisher über feste Platzgebühren, sondern über eine Umsatzpacht.

Die soll in diesem Jahr auf 5,1 Prozent festgesetzt werden. Ein Satz, der auf Schätzungen beruht, denn konkrete und beglaubigte Umsatzzahlen hat die Stadt von den Wirten nicht. Erst in den kommenden Jahren nach 2017, so Schmid, könne man aufgrund der Ergebnisse aus den jeweiligen Vorjahren die Pacht zielgenau anpassen.

Reiter verband am Abend sein Grußwort beim Festakt zum 40-jährigen Bestehen der Münchner Schaustellerstiftung mit ein paar Spitzen gegen Schmid. "Was in Sachen Bierpreis, Umsatzpacht und einen weiteren Wiesntag passiert, entscheidet weder der Wirtschaftsreferent noch der Wirtesprecher, sondern der Stadtrat: am 9. Mai." Der jüngste "Theaterdonner" sei unnötig: "Ich glaube nicht ernsthaft, dass es eine Reform der Wiesn braucht."

© SZ vom 23.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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