Also, das kann der Weidenthaler Rudi, Hacker-Festzelt, Schenke 6, jetzt aber nicht auf sich sitzen lassen: dass sein Bier zu warm sei. "Is ja no nix ganga heid", brummt er. Kein Problem, sagt der junge Mann in der Lederhose mit dem Digital-Thermometer in der Hand: "Ich komm später noch mal." Dann wird des Schankkellner Weidenthalers Bier die korrekte Temperatur haben, da ist sich Christian Höflinger sicher.
Höflinger hat hier, an Weidenthalers Schenke auf dem Balkon im Hacker-Zelt, sein Tagwerk begonnen, das für viele klingen mag wie ein Traumberuf: Seit Sonntag und noch bis zum letzten Wiesntag geht er täglich durch alle Paulaner- und Hacker-Pschorr-Zelte und schaut nach, ob mit dem Bier alles stimmt.
Für diesen Job verfügt Höflinger, 25 Jahre alt, über mehr Sachkunde als der durchschnittliche Bierliebhaber: Er ist nicht nur Braumeister, sondern noch eine Stufe mehr, "Brau- und Getränke-Techniker". 2008 hat er mit der Lehre bei Paulaner begonnen, seit 2016 arbeitet er beim Schwester-Unternehmen Hacker-Pschorr. Und zum ersten Mal ist er heuer für die Qualitätssicherung auf der Wiesn zuständig.
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Christian Höflingers Arbeitstag beginnt momentan gegen 10 Uhr - früher zu beginnen hat nicht viel Sinn, wie der Besuch beim Schankkellner Rudi gerade gezeigt hat: Unter dem Hacker-Zelt bringt eine Ringleitung das Bier zu den Schenken. Die ist zwar gekühlt, aber trotzdem nimmt ihr Inhalt über Nacht Wärme an. Zwar hat das Bier momentan immer noch nur wenig über 8 Grad, ist also durchaus genießbar - aber eigentlich sollte es mit zwei bis drei Grad aus dem Zapfhahn fließen. Das wird schnell erreicht sein, wenn das Zelt erst einmal gefüllt ist und eine Mass nach der anderen gefüllt wird.
Kein Grund zur Sorge geschweige denn zum Einschreiten also für Christian Höflinger. Die nächste Station ist eine eher kleinere Einheit, die Metzgerstubn von Vinzenz Murr - da sind die Leitungen nicht so lang, deshalb sollte auch schon zur frühen Stunde genug Bier geflossen sein für eine aussagekräftige Prüfung. Oben in der Kühlzelle hält der Biertester ein Laser-Thermometer gegen die beiden Tanks - 3,2 Grad, optimal. Aber was ist das - die Anzeige für das Kohlendioxid steht auf Null? Da hat jemand vergessen, die Flasche aufzudrehen, was sie aber schnell gemerkt hätten, wenn der Zapfhahn zu spucken begonnen hätte.
Unten im Wirtsraum lässt sich Höflinger ein wenig Bier einschenken - zuerst der Sicht-Test, feinporiger Schaum, klare Farbe, dann Geruch, schließlich der Geschmack: "Anders als die Winzer müssen wir Brauer schon runterschlucken, um den Geschmack zu überprüfen", sagt Höflinger. "Außerdem: Wie würde denn das ausschauen, wenn ich das Bier ausspucke." 28 Schenken hat er täglich zu überprüfen, und wenn er wirklich nur einen Schluck nimmt an jeder, dann macht das überschlagsweise insgesamt auch eine Mass aus.
Aber bei einem Schluck bleibt's ja oft nicht. Der Bär zum Beispiel, er ist Schankkellner an der Schenke 3 im Armbrustschützenzelt und trägt seinen Spitznamen in einem Herzerl auf der Brust, der Bär hat ihm gleich eine halberte Halbe rausgelassen, die muss jetzt auch getrunken werden. Zuvor hat Höflinger die drei Tanks mit jeweils 5000 Liter Bier hinter der Schenke inspiziert - alles in Ordnung beim Bär.
Seinen Job versteht Höflinger nicht als Kontrolle der Wirte - "das sind Profis, von denen kann man noch was lernen", sondern eher als Frühwarn-System. Wenn zum Beispiel das Bier in der Brauerei nicht gut vorgekühlt wurde, wenn der CO₂-Gehalt nicht hoch genug ist, wenn, Gott bewahre, die Spülmaschine nicht richtig sauber macht - dann merkt er das als erster, würde eventuell Rücksprache mit der Zentrale halten, die Anlage warten lassen oder halt ein Fass, wenn nötig, mal austauschen lassen.
Seit Sonntag ist Höflinger jetzt unterwegs, aber sie kennen ihn schon und begrüßen ihn in den Zelten. Magdalena Kübler von "Küblers Bierstüberl" gleich am Haupteingang sagt, sie fühle sich durch den Service der Brauerei "nicht kontrolliert, sondern unterstützt" - "damit das Bier gepflegt zum Gast kommt". Für heute zumindest wird es damit voraussichtlich keine Probleme geben - neben den Messwerten, die alle innerhalb des Solls liegen, vergibt Höflinger bei seinen subjektiven Bewertungen - Schaum, Geruch, Geschmack - durchgehend die Höchstnote.
So ist es in den meisten Zelten, und so soll's ja auch sein. Sieben bis acht Stunden braucht Höflinger täglich, beim ersten Rundgang hat er gemessen, dass er rund 25 Kilometer gelaufen ist. Das versucht er noch zu optimieren - zunächst aber muss er noch einmal ins Hacker, damit der Weidenthaler Rudi nicht mehr grantig ist, jetzt, wo sein Bier richtig kalt ist.