Bräurosl-Aus auf dem Oktoberfest:Die kleinen Wirtsleute können schon mal anfangen zu zittern

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Bei der coronabedingten temporären Schließung könnte es bei vielen Wirtshäusern in München nicht bleiben. (Foto: Dominik Hutter)

Gut verdienende Wiesnwirte wie die Heides sind trotz der Corona-Pandemie noch in einer relativ angenehmen Situation. Für die allermeisten Gastronomen in der Stadt könnten die Folgen drastischer sein.

Kommentar von Franz Kotteder

Muss man sich jetzt schon um Wiesnwirte Sorgen machen? Die Entscheidung der Familie Heide, sich vom Oktoberfest zurückzuziehen, legt das fast nahe. Wenn man nach 83 Jahren Wirtedasein auf dem größten Volksfest der Welt freiwillig das Handtuch wirft, dann ist es vielleicht doch so, dass die Wirte kaum etwas haben von der jährlichen Erhöhung des Bierpreises?

Ganz so dramatisch ist es auch wieder nicht, die Münchner müssen sich nicht von geliebten Vorurteilen trennen. Natürlich verdient man auf dem Oktoberfest sehr gut - so es denn stattfindet. Im Fall der Heides hat man es aber mit einer Sondersituation zu tun. Ein neues Zelt mit nicht unerheblichen Investitionen, zugleich die Unsicherheit, wie es mit Corona weitergeht und welche Einschränkungen 2021 gelten werden, dazu dann das neue Konzept für das Stammhaus in Planegg: Da denkt man schon mal drüber nach, ob man die eine oder andere Million in die Wiesn steckt. Denn auch, wenn viel damit verdient ist, wenn sie stattfindet - man muss vorher auch einiges investieren. Allein der Auf- und Abbau eines Zeltes kostet zwischen eineinhalb und zwei Millionen Euro.

Bevor man ran darf an die Gelddruckmaschine Oktoberfest, muss man also schon mal kräftig zahlen. Da denkt man angesichts einer Pandemie drüber nach, ob man in der Vergangenheit nicht vielleicht doch schon genug verdient hat mit diesem Volksfest und ob man wirklich ein Risiko eingehen will. Insofern sind die Heides durchaus noch in einer angenehmen Situation.

Anders sieht es bei jenen aus, die gar kein oder wenig Polster haben. Das ist der allergrößte Teil der Gastronomen in der Stadt. Die meisten von ihnen überleben derzeit nur, weil sie Erspartes in den Betrieb stecken und ihn gewissermaßen subventionieren - in der Hoffnung, dass die Sache bald vorbei ist und das Geschäft dann wieder anzieht. Es wird in vielen Fällen eine trügerische Hoffnung sein, weil vorher Kreditraten anstehen und die Nachzahlung von Stundungen und dergleichen. Wenn große Wiesnwirte schon überlegen, wie es weitergeht, dann können kleine Wirtsleute schon mal mit dem Zittern anfangen.

© SZ vom 07.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Von Franz Kotteder

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