Nach Achterbahn-Unfall auf dem Oktoberfest:Wie sicher sind die Fahrgeschäfte auf der Wiesn?

Lesezeit: 3 min

Das Fahrgeschäft Höllenblitz ist seit Samstagabend geschlossen, die Achterbahn wurde nach einem Unfall am Eröffnungstag gesperrt. (Foto: Wolfgang Maria Weber/Imago)

Mehrere Pannen und acht Verletzte: Zum Wiesn-Auftakt haben TÜV und Polizei einiges zu tun. Für die Betreiber können Defekte existenzbedrohend werden.

Von Katharina Haase

Der Unfall ereignete sich am späten Samstagabend. Kurz nach 22 Uhr kollidierten auf dem Oktoberfest im "Höllenblitz" - laut Betreiber Wilhelm Ottens die größte transportable Indoor-Achterbahn der Welt - zwei Züge miteinander. Ein anfahrender Zug war leicht zurückgerollt und gegen einen noch stehenden Zug gestoßen. Von insgesamt 60 Insassen wurden acht leicht verletzt, drei kamen vorsorglich ins Krankenhaus. Das Fahrgeschäft stellte daraufhin vorerst den Betrieb ein.

Am Montag dann die gute Nachricht: Alle notwendigen Reparaturen seien abgeschlossen und vom TÜV abgenommen worden, so Ottens. Auch die Polizei gab grünes Licht. "Die Ermittlungen sind abgeschlossen. Von uns aus kann das Fahrgeschäft wieder fahren", sagte ein Polizeisprecher. Ganz so leicht ist es jedoch nicht.

Wie Ottens im Gespräch mit der SZ mitteilte, müsse zunächst die Herstellerfirma gemeinsam mit dem TÜV die Achsen der Züge überprüfen, man sei diesbezüglich in der Terminfindung. "Wenn es gut läuft, kann der 'Höllenblitz' am Dienstag wieder fahren", so Ottens.

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Wie hoch die Verluste durch die mindestens zwei Tage Stillstand sind, das will Ottens nicht sagen. Aber: "Es trifft uns schon sehr." Eine Betriebsausfallversicherung hat er nicht abgeschlossen. "Das rechnet sich meistens nicht", so Ottens. Die Wahrscheinlichkeit, dass etwas passiere, sei so gering, dass die Finanzierung der Versicherung ein Verlustgeschäft bedeuten würde. Als Unfallursache wird ein technischer Defekt vermutet. Wie es dazu kam, ist noch in Klärung.

Vorfälle solcher Art sind auf der Wiesn eher selten, weshalb schon auffiel, dass es dieses Mal zum Auftakt an mehreren Stellen Probleme gab. Ein Video in den sozialen Medien zeigt, wie am Samstagabend auch die Fahrgäste eines Wagens der Olympia-Looping-Bahn auf steilen Treppen herunterklettern mussten, weil der Zug auf halber Höhe stehen geblieben war. Auch hier soll ein Bauteil defekt gewesen sein, verletzt wurde niemand.

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Die rechtliche Verantwortung für den sicheren Betrieb von Fahrgeschäften trägt letztendlich immer der Betreiber, nicht der Hersteller, erklärt Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands. Einmal im Jahr müssen Fahrgeschäfte, auch solche in Freizeitparks, eine grundlegende Überprüfung durch den TÜV bestehen. Auf Volksfesten findet zusätzlich nach dem Aufbau und nach dem Abbau eine sogenannte Gebrauchsprüfung statt, bei der beispielsweise auch die Bremssysteme überprüft werden. "Diese Prüfung machen in der Regel auch wir", sagt Bühler.

Dennoch seien der Betreiber und das Personal verpflichtet, vor jedem Fahrtbeginn einen Kurz-Sicherheitscheck durchzuführen. Sollte im Laufe des Festbetriebs ein Teil ausgetauscht werden müssen, ist nach der Reparatur eine erneute Gebrauchsabnahme durch den TÜV nötig. Für solche Fälle gibt es eine Notrufhotline, an die die Schausteller sich wenden können.

Wie es zum "Höllenblitz"-Unfall kam, kann Bühler nicht beantworten. Letztlich müsse die Polizei ermitteln, ob ein technischer Defekt vorlag - oder ob auch menschliches Versagen der Grund für den Unfall gewesen sein könnte. Selbst eine mutwillige Herbeiführung des Unfalls durch Dritte müsse in so einem Fall erst durch die Polizei ausgeschlossen werden. "Zum Zeitpunkt der Prüfung durch den TÜV war jedenfalls alles in Stand, da das Fahrgeschäft sonst keine Freigabe für den Betrieb bekommen hätte", so Bühler.

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Bereits seit 1929 ist der TÜV für die Überprüfung der Fahrgeschäfte auf dem Oktoberfest zuständig. Wie üblich waren die ersten Mitarbeiter zur Überprüfung der Zelte auch in diesem Jahr bereits drei Monate vor dem Anstich auf der Theresienwiese. Allein die Überprüfung aller Fahrgeschäfte habe zwei Wochen in Anspruch genommen, so Bühler. Je nach Komplexität der Anlage kann die Abnahme eines Fahrgeschäfts zwischen einigen Stunden und mehreren Tagen dauern.

So lange es keine Betriebsfreigabe gibt, müssen die Fahrgeschäfte diesen einstellen. So stand die Zugspitzbahn von Schausteller Michael Menzel im Jahr 2022 lange still, weil ein Ersatzteil zwar bestellt, dann aber verloren gegangen war. Weil nach dem Verlustgeschäft das Platzgeld für 2022 noch aussteht, bekam Menzel dieses Jahr keine Theresienwiesen-Zulassung - das Aus für die Zugspitzbahn nach 80 Jahren.

Ähnlich erging es Schausteller Karl Häsler im Jahr 2014. Seine Hightech-Illusionsshow Encounter, bei der es um Experimente mit Aliens ging, konnte erst mit fünf Tagen Verspätung starten. Zunächst wurden Bauteile aus den USA zu spät geliefert, dann streikte die Lichtanlage - und auch die Lautsprecher waren falsch eingebaut.

Unfälle, bei denen Menschen zu Schaden kommen, sind auf dem Oktoberfest selten. Bei der "Turmschleifenbahn", die 1921 auf der 110. Wiesn stand, brach aufgrund des großen Besucheransturms in einer Höhe von 20 Metern plötzlich der Boden durch. 30 Menschen wurden verletzt, acht davon schwer. Bei der Achterbahn Euro-Star fuhren im Jahr 1996 zwei Wagen aufeinander auf, auch hier gab es 30 Verletzte.

Besonders tragisch endete ein Vorfall auf der Olympia-Looping-Bahn im Jahr 1989. Ein Schlosser vergaß bei einer der letzten Testfahrten vor der Premiere der damals neuen Bahn den Sicherheitsbügel zu schließen und wurde aus dem Wagen geschleudert. Der Vater dreier Töchter überlebte den Unfall nicht.

Hinweis der Redaktion: Ursprünglich hatte ein Experten erklärt, dass im Legoland menschliches Versagen zu einem Unfall geführt habe. Die Ermittlungen dazu sind allerdings noch nicht abgeschlossen. Wir haben die Passage korrigiert.

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