Kritik:Berührend

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Ein mitreißendes und berührendes Weihnachtskonzert gaben in der Matthäuskirche wieder einmal Star-Posaunist Nils Landgren und seine Freunde. (Foto: Oliver Hochkeppel)

Nils Landgren und Freunde feiern Jazz-Weihnacht in der Matthäuskirche.

Von Oliver Hochkeppel

Für manche gehört es inzwischen zur Vorweihnachtszeit wie Spekulatius oder Adventssingen: das Weihnachtskonzert von Nils Landgren in der Matthäuskirche. Vor 16 Jahren versammelte der schwedische Jazz-Posaunist (und nicht nur in Deutschland prominenteste Vertreter seines Fachs) erstmals enge Weggefährten zu einer "Christmas With My Friends"-Tour durch schwedische und deutsche Kirchen. Jedes zweite Jahr wiederholt er dies seitdem, dokumentiert auf inzwischen sieben Alben seines Münchner Stammlabels Act. Wobei es diesmal, wegen Corona aus dem Takt geraten, erst mit einem Jahr Verspätung wieder soweit war.

Dass auch dieser Auftritt wieder ganz vorne beim Titelrennen um das stimmungsvollste und schönste Weihnachtskonzert rangiert, liegt an der Vielfalt. Der Vielfalt des Repertoires, das Klassiker wie "Stille Nacht" mit Unbekanntem wie dem polnischen "Gdy ślicz na Panna" (hier zum englischen "Listen To My Lullaby" umgetextet), neuen Standards wie Michael Bublés "It's beginning to look a lot like Christmas" und eigenen Stücken wie Johan Norbergs "This Christmas" mischt. Vor allem aber der Vielfalt der Interpretation: Dank der ganz unterschiedlichen Charakteristika der Gesangs- wie Instrumentalstimmen dieses Oktetts - von der folkigen Gitarre Norbergs und den lyrisch bis knorrig gespielten Saxofonen Jonas Knutssons bis zum klassischen Sopran Jeanette Köhns, dem bittersüßen Soul Ida Sands, dem Glockenton von Jessica Pilnäs, den Blues-Farben von Sharon Dyall und dem hellen Soul von Landgren selbst - kommt hier alles in einer eigenen, überraschenden Version daher, so wie "Oh Tannenbaum" als Dixie-Nummer.

So klang es mal beschwingt und humorvoll, mal feierlich und hymnisch. Und spätestens nach der Zugabe mit dem von Landgren im Duo mit Norberg total reduziert und damit umso berührender gesungenen, leider brandaktuellen "Imagine" von John Lennon verließ wohl selbst der größte Weihnachtsmuffel die Matthäuskirche nicht ohne ein paar Tränchen der Rührung.

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