Nahverkehr in München:Das optimierte Umsteigen bringt dann doch nicht viel

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Zeit sparen, durch strategisches Einsteigen? Wenn später woanders die Technik streikt, hilft das auch nicht weiter. (Foto: Stephan Rumpf)

Steigen Sie auch genau an der Stelle in die U-Bahn ein, an der man später an der Rolltreppe zu S-Bahn rauskommt? Das könnte Zeit sparen - wäre da nicht die Technik.

Kolumne von Anna Hoben

Woran merkt man, dass man in der Großstadt angekommen ist? Daran, dass man jeden Tag der weiten Welt begegnet? Daran, dass die Menschen gut angezogen sind? Daran, dass man jeden Tag die Wahl zwischen Dutzenden Kulturveranstaltungen hat, sich nicht entscheiden kann und also einen Biergarten aufsucht?

Ja, schon. Dass man in der Großstadt angekommen ist, merkt man aber vor allem daran, dass man plötzlich Wege optimiert, um Zeit zu sparen. Man steigt am U-Bahnsteig genau an der Stelle ein, an der man eben einsteigen muss, um zwei Stationen später exakt an der Rolltreppe rauszukommen, die einen nach oben zur S-Bahn bringt. Am S-Bahnsteig legt man gleich ein Stück des Weges zurück, das man sich damit am Ziel spart, weil: Treppe wieder gleich vor der Nase. Frei nach Edmund Stoiber: "Wenn Sie . . . von der S-Bahn . . . ohne dass Sie am Ziel noch den Bahnsteig entlanglaufen müssen . . . dann starten Sie im Grunde genommen am S-Bahnhof . . . in der S-Bahn starten Sie im Grunde genommen in die Arbeit."

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Jahrelang hatte ich einst bei München-Besuchen die Optimierer-Freunde belächelt. 30 Sekunden Zeitersparnis? Albern. An den ersten Tagen in der neuen Stadt deshalb Trotz: Der Einstieg in die Bahn erfolgt, wo man halt gerade steht. Der Weg zur Treppe erschien dann allerdings bald wie eine kleine Wanderung.

Also doch optimieren, ist ja auch dynamisch und großstädtisch. Und weil ich nun ja quasi in der S-Bahn in die Arbeit gestartet war, googelte ich schon mal rasch das Wort "Optimierung". Zwölf Millionen Ergebnisse. Zum Vergleich: "Optimismus" bringt weniger als drei Millionen Treffer. Kann jetzt jeder selbst entscheiden, wo hier der Fehler liegt.

Die Strafe für all die Optimierung erfolgte am Nachmittag. In der Kaffeebar im Erdgeschoss des Arbeitsturms gibt es Snacks, der Weg zurück ins Büro führt über sechs Aufzüge - die jedoch waren alle außer Betrieb. Eine halbe Minute unentschlossenes Warten, dann die Entscheidung: 17 Stockwerke, noch viel mehr Treppenstufen, aufwärts. Am Ende ist so die Zeit, die die Optimierung in der Früh gespart hatte, wieder doppelt und dreifach als Weg in den Beinen. Der ganze Optimierungs-Wahn bringt hochgerechnet also doch nichts - dann lieber wieder Trotz.

© SZ vom 12.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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