Verkehr in München:Gut geplant ins Stauchaos

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In Richtung Schwabing steht den Autofahrern nur eine Spur zur Verfügung, die Einmündung von der Ifflandstraße in den Ring in Richtung Schwabing ist sogar komplett gekappt. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Das Ferienende naht und damit die Rückkehr vieler Autofahrer. Besonders an der Großbaustelle am Isarring wird es sehr eng. Immerhin sind die Verantwortlichen auf alle Szenarien vorbereitet.

Von Marco Völklein

Autos, überall nur Autos. Auf einer großen Wand mit zahllosen Monitoren, insgesamt 17 Meter lang und zweieinhalb Meter hoch, verschaffen sich die Mitarbeiter des Kreisverwaltungsreferats (KVR) immer wieder einen Überblick. Wie ist die Lage im Trappentreutunnel? Fließt der Verkehr auf den Zulaufstrecken zum Luise-Kiesselbach-Platz? Und ist das nicht ein Pannenfahrzeug, das da gerade mit leuchtendem Warnblinker im Richard-Strauss-Tunnel die Haltebucht am rechten Fahrbahnrand ansteuert?

Drei KVR-Mitarbeiter sitzen hier in der städtischen Verkehrsleitzentrale an der Schragenhofstraße in Moosach und haben die Stadt im Blick. Im Raum zudem: Beamte der Polizei und Techniker des Baureferats. Und was für das ungeübte Auge wirkt wie ein Brei aus Blech, liefert für die Verkehrslenker der Stadt die nötigen Infos, um Entscheidungen zu treffen.

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"Ohne die Kameras", sagt Stefan Hoigt, Chef der Verkehrszentrale, "wüssten wir nicht, was los ist." Seit ein paar Wochen richten Hoigt und seine Leute immer auch besonderes Augenmerk auf den Richard-Strauss-Tunnel und die Großbaustelle am Isarring. Auf Höhe der Einmündung in die Ifflandstraße lässt die Stadt eine dritte Spur an den Mittleren Ring anstückeln. In Richtung Schwabing steht den Autofahrern nur eine Spur zur Verfügung, die Einmündung von der Ifflandstraße in den Ring in Richtung Schwabing ist sogar komplett gekappt. "Bislang läuft der Verkehr an der Stelle ganz gut", sagt Hoigt. Die Staus seien in der Regel nicht länger als vor der Baustelle.

"Offenbar haben sich die Verkehrsteilnehmer darauf eingestellt und meiden die Stelle", ergänzt der städtische Baustellenkoordinator Richard Bartl. Nur in den ersten Tagen habe es Probleme gegeben, auch weil die Autobahndirektion auf der A 99 bei Aschheim eine Ad-hoc-Baustelle einrichten musste, was Anfang August zu einem veritablen Stauchaos im gesamten Nordosten geführt hatte. "Im Großen und Ganzen aber", sagen Hoigt wie Bartl, "läuft der Verkehr ziemlich reibungslos an der Stelle." Eigentlich hatten Fachleute mit größeren Behinderungen gerechnet.

Von der kommenden Woche an könnte sich das aber gehörig ändern. Bislang waren Sommerferien, erfahrungsgemäß sind dann zehn bis 15 Prozent weniger Autos in der Stadt unterwegs. Von Montag an allerdings herrscht wieder Volllast im Münchner Straßennetz; und bei vielen Urlaubsheimkehrern ist die Baustelle vielleicht noch nicht oder nicht mehr präsent. "Wenn möglich, die Stelle bitte großräumig umfahren", lautet daher der Appell von Bartl. Oder umsteigen auf Busse und Bahnen oder das Fahrrad. "Übersteigen die Kfz-Zahlen von Montag an die zuletzt 25 000 bis 26 000 Fahrzeuge pro Tag am Isarring, werden größere Rückstaus leider unausweichlich sein", sagt Bartl.

Und genau deshalb werden auch Hoigt und seine Leute von Montag an mit ihren Kameras den Isarring und vor allem die beiden Röhren des Richard-Strauss-Tunnels verschärft unter Beobachtung nehmen. Sollten sich nämlich die Autos bis weit in das Tunnelbauwerk hinein zurückstauen, könnte ein weiterer Plan greifen, den die KVR-Leute bereits entwickelt haben. Dann könnte es doch noch zur "Blockabfertigung" kommen. Das heißt: Hoigt und seine Tunnelüberwacher würden die Röhre immer mal wieder dichtmachen und die Autos nur sukzessive, also Block für Block, in die Röhre reinlassen.

Der Grund dafür sind unter anderem die Sicherheitseinrichtungen in den Tunneln. Dort laufen an der Decke hochsensible Wärmesensoren entlang. Bildet sich ein Stau, in dem auch noch zahlreiche Laster stehen, dann könnte es sein, dass zum Beispiel die Kühlaggregate auf dem Dach den Wärmesensoren nahe kommen - und diese einen Brandalarm auslösen. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass der Tunnel dann automatisch gesperrt wird, die Feuerwehr anrückt, beide Röhren abfährt und den Alarm zurückstellt. "Das können nicht wir", sagt Hoigt. "Das darf nur die Feuerwehr." So seien die Vorgaben.

Der Tunnel ist dann für mindestens 30 Minuten dicht; auf dem Ring und seinen Zubringerstraßen würden sich lange Rückstaus bilden. Nach zwei oder drei solcher Fehlalarme an einem Morgen stünde die halbe Stadt Kopf. "Genau das wollen wir vermeiden", sagt Hoigt. Mit der Blockabfertigung wäre zumindest gewährleistet, dass der Verkehr im Tunnel fließt - und damit die Gefahr von Fehlalarmen gemindert wird.

Zugleich räumt Hoigt ein, dass auch eine Blockabfertigung zu langen Staus führen würde - und diese sich rasch auf die umliegenden Straßen ausbreiten würden. "Daher setzen wir alles daran, die Blockabfertigung zu vermeiden", sagt er. Die Maßnahme sei nur die "Ultima Ratio", also das allerletzte Mittel, falls es doch zu langen Staus und Fehlalarmen im Tunnel kommen sollte.

Wie auch immer es von Montag an laufen wird, am Isarring selbst seien die Baufirmen bislang gut im Zeitplan, versichert Baustellenkoordinator Bartl. Der angepeilte Fertigstellungstermin Mitte Oktober sei gesichert. Ein genaues Datum allerdings will er vorerst noch nicht nennen.

© SZ vom 10.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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