Energiekrise in München:Koalition streitet über Gratis-MVV-Tickets

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Bitte Münzen oder Bankkarte bereithalten: Fahrkartenautomat am Marienplatz. (Foto: Florian Peljak)

Die Grünen wollen mit dem Vorstoß die Abhängigkeit von russischem Öl reduzieren. Die SPD spricht angesichts immenser Kosten von "billigem Populismus".

Von Heiner Effern

Die Grünen wollen ein kostenloses MVV-Wochenendticket und weitere Pop-up-Radwege, um Benzin zu sparen und so die Abhängigkeit von russischem Öl zu reduzieren. Das schlägt die Partei, also der Stadtverband, in einer Mitteilung vor. Dazu soll untersucht werden, wie in der Stadt mit reduziertem Heizen fossile Brennstoffe eingespart werden könnten.

Der SPD im Rathaus stößt der grüne Vorstoß in der Verkehrspolitik übel auf. Fraktionschefin Anne Hübner konstatierte dem Koalitionspartner "eine politische Prioritätenverfehlung": "Wichtiger wäre, den Wohnungsbau zu forcieren, um die Geflüchteten auch dauerhaft gut unterzubringen."

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Insbesondere erzürnte Hübner der Vorschlag, ein kostenloses Wochenendticket im Nahverkehr einzuführen. Die Grünen wüssten genau, dass es dafür keinen finanziellen Spielraum gebe. Die Gratisfahrkarte trotzdem öffentlich einzufordern, sei "billiger Populismus". So könne man aus der Opposition heraus agieren, "aber nicht als Partei, die in Regierungsverantwortung steht".

Die Grünen wollten die Möglichkeit des Gratistickets an Wochenenden oder an einzelnen Tagen erst mal geprüft haben. "Das geht nicht von heute auf morgen", sagte der Co-Vorsitzende Joel Keilhauer. Bezahlen soll es nicht die Stadt alleine. "Eine finanzielle Unterstützung durch Bund und Land soll angestrebt werden", heißt es in der Mitteilung. Am liebsten würden die Grünen in ihre Initiative auch noch den Ausflugsverkehr an Wochenenden einbinden. Dazu sei eine Kooperation mit der Deutschen Bahn und privaten Bahnunternehmern ebenfalls zu prüfen.

Die Münchner sollen außerdem die Heizungen ein bis zwei Grad herunterdrehen

Weiter sollen Pop-up-Radwege insbesondere Pendler zum Verzicht aufs Auto bewegen. Deshalb müsste die spontane Ausweisung von Radwegen "relevante Ausfallstraßen in allen Himmelsrichtungen umfassen". Für die harsche Zurückweisung der Initiative durch die SPD hat Co-Stadtchef Keilhauer kein Verständnis. "Es geht nicht darum, Sachen gegeneinander auszuspielen. Das ist nicht die konstruktivste Art und Weise, damit umzugehen."

Um noch mehr fossile Rohstoffe einzusparen, sollen die Münchner nach Meinung der Grünen die Heizung um ein bis zwei Grad runterdrehen und geschickter lüften. Die Stadt soll das mit einer Infokampagne befördern und prüfen, ob sie Thermometer und CO₂-Ampeln an Privatpersonen und Unternehmen verteilen könnte.

Fraktionschef Florian Roth findet die Richtung des Vorstoßes seiner Partei gut, allerdings dämpft auch er die Hoffnungen. Ein Gratis-MVV-Ticket sei teuer, die Stadt könne das nicht alleine bezahlen, sagte er. Viel Hoffnung, dass die Kosten wer anders mitträgt, hat er nicht. Pop-up-Radwege in Einzelfällen findet Roth zwar gut, aber hier gelte es abzuwägen, wie viel Energie und Ressourcen man reinstecke, beziehungsweise ob man die nicht lieber in dauerhafte Radwege investiere.

Zur Kritik des Koalitionspartners sagte Roth, "ich streite lieber im Rathaus als auf Twitter". Dort hatte Hübner sich zuerst geäußert. Zuspruch bekamen die Stadt-Grünen aber auch - ausgerechnet aus der SPD. Der Münchner Juso-Chef Benedict Lang erklärte seiner Parteifreundin Hübner in den sozialen Medien: "Kostenlosen ÖPNV als unbezahlbare Gießkanne zu bezeichnen, wird auch bei Wiederholung nicht richtiger."

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