Bezahlbare Mieten:München fördert den Bau von Werkswohnungen

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Mit dem neuen Beschluss soll der Bau neuer Werkswohnungen in München vorangetrieben werden. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Der Stadtrat beschließt ein neues Modell, mit dem bezahlbarer Wohnraum für dringend gesuchte Arbeitskräfte im Gesundheitswesen, dem Nahverkehr oder bei der Polizei entstehen soll. Doch die Opposition äußert Zweifel an dem Projekt.

Von Sebastian Krass

Die Pflegerin im Krankenhaus, der Mülllader von den Stadtwerken, die Beamtin im Polizeidienst - für diese und weitere Arbeitskräfte aus dem Bereich der sogenannten Daseinsfürsorge soll in München künftig spezieller Wohnraum mit gedeckelten Mieten entstehen. Mit breiter Mehrheit, lediglich gegen die Stimme der FDP, hat der Planungsausschuss des Stadtrats am Dienstag ein neues Förderprogramm für den Bau von Werkswohnungen in München beschlossen.

Dieses neue Baulandmodell soll es öffentlichen und privaten Bauherrinnen und Bauherren ermöglichen, auf ihren Grundstücksflächen Mietwohnungen zu entwickeln, die an einen Arbeitsplatz aus Bereichen wie Gesundheit, Ver- und Entsorgung, Verkehr und öffentliche Verwaltung gebunden sind.

Neben den Stadtwerken München (SWM) werden auch die Stadibau, ein Wohnungsunternehmen des Freistaats für seine Bediensteten, und die Bima, die Immobilienagentur des Bundes, an dem Programm teilnehmen. All diese - zumindest indirekt - von der öffentlichen Hand getragenen Investoren haben bereits Wohnungsbauprojekte in München laufen, die nun in Richtung des neuen Konzepts für Werkswohnungen entwickelt werden können. Das Konzept ist aber explizit auch offen für private Investorinnen und Investoren.

Aufgehängt ist es als eine neue Variante der sozialgerechten Bodennutzung (Sobon), mit der die Stadt den Investoren im Gegenzug für neues Baurecht soziale Vorgaben macht. Im sogenannten "Sobon-Modell Werkswohnungsbau-Daseinsfürsorge" gilt für 70 Prozent der Wohnungen eine Obergrenze von 15 Euro Miete pro Quadratmeter, wobei die Mieten auch niedriger sein können, wenn geförderter Wohnraum angeboten wird. Für die restlichen 30 Prozent gilt eine Obergrenze, die sich am Mietspiegel orientiert, der aktuell stadtweit bei durchschnittlich 14,58 Euro pro Quadratmeter liegt, in guten Lagen höher - und der bei der nächsten Erhebung weiter steigen dürfte.

Mit der Deckelung beim Mietspiegel übertreffen die Sobon-Vorgaben für den Werkswohnungsbau einerseits die Vorgaben aus der regulären Sobon, die nach der letzten Reform 2021 - vereinfacht gesagt - einen Anteil von 60 Prozent gefördertem Wohnraum vorschreibt und den Rest zur frei finanzierten Vermarktung überlässt. Für die öffentlichen Träger, die beim Werkswohnungsmodell schon dabei sind, sind diese Vorgaben kein Problem, da sie ohnehin dem bezahlbaren Wohnungsbau verpflichtet sind. Ob Private sich für das Modell erwärmen können, bleibt abzuwarten.

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Andererseits erlaubt die Werkswohnungs-Sobon im Vergleich mit der regulären Sobon einen deutlich höheren Anteil an Wohnungen, die zwar preisgedämpft sind, aber nicht den strengen Regularien für geförderten Wohnraum entsprechen müssen. Das liegt daran, dass viele Beschäftigte in der Daseinsfürsorge - auch durch zuletzt gute Tarifabschlüsse - oberhalb der Einkommensgrenzen für geförderten Wohnraum liegen. Dennoch können sie sich die Mieten von oft deutlich mehr als 20 Euro pro Quadratmeter, die auf dem freien Markt in München aufgerufen werden, nicht leisten. Diese Lücke soll das neue Modell der Stadt schließen.

Zusätzliche Gelder aus dem Haushalt sind für das Programm nicht nötig, es werden Mittel aus dem zwei Milliarden Euro umfassenden Förderprogramm "Wohnen in München VII" umgeschichtet. Wie viele Werkswohnungen nach dem Modell entstehen werden, ist noch offen.

In seiner Beschlussvorlage geht das Planungsreferat von der "Annahme" aus, dass bis 2028 etwa 1000 Werkswohnungen gefördert werden. Bei einer durchschnittlichen Wohnungsgröße von 70 Quadratmetern errechnet die Verwaltung einen "durchschnittlichen Förderaufwand" von 217 000 Euro pro Wohnung. Das Referat begründet auch, warum diese Unterstützung nötig sei: Ein Unternehmen wie die SWM wolle und solle zwar Werkswohnungen bauen, dürfe damit aber aus rechtlichen Gründen keine Verluste machen. Dem wirke das Förderprogramm entgegen.

Simone Burger (SPD) sagte, dass die Stadt "Verbündete für bezahlbares Wohnen" brauche, "wir haben deshalb schon viel für Genossenschaften getan", nun unterstütze man auch Firmen, die Werkswohnungen bauten. Anna Hanusch (Grüne) ergänzte, man wolle dieses Programm nun "publik machen", sie appellierte auch an private Unternehmen, verstärkt in den Werkswohnungsbau einzusteigen, "sie können sich nun nicht mehr verstecken".

Winfried Kaum von der oppositionellen CSU hingegen sieht in dem Programm "keinen bedeutsamen Schritt, um die Attraktivität von Werkswohnungen voranzubringen, sondern eine akademische und bürokratische Fortsetzung der Sobon 2021", die die CSU für zu streng hält. Überdies kritisierte Kaum die Miet-Obergrenze von 15 Euro pro Quadratmeter als zu hoch, "bei 70 Quadratmetern sind das mehr als 1000 Euro kalt, das ist zu viel für eine alleinerziehende Krankenschwester". Die Fraktion CSU/Freie Wähler stimmte deshalb gegen diese Obergrenze, insgesamt gab sie dem Modell aber doch ihr Okay.

Fritz Roth von der FDP stimmte zu, dass es für die Stadt einen Bedarf an Werkswohnungen gebe. Das vorgelegte Modell aber hält er für zu komplex und den zu erwartenden Ertrag für zu gering: "1000 Wohnungen in den nächsten vier Jahren, das wären 250 pro Jahr, wenn wir Glück haben, für 1000 Menschen im Jahr." An die Koalition gerichtet sagte er: "Ihr müsst noch mal in Euch gehen, ob Euch das reicht oder ob Ihr eine Schippe drauflegen wollt."

Brigitte Wolf (Linke) warf hingegen die Frage auf, ob die Umschichtung von Mitteln andere Fördermodelle etwa für Genossenschaften gefährde: "Was passiert, wenn das Budget erschöpft ist?" Ein Mitarbeiter des Referats entgegnete, ein solches Szenario sei derzeit nicht zu befürchten. Wolf forderte zudem per Änderungsantrag, dass der Anspruch auf die Werkswohnung auch nach dem Eintritt in die Rente erhalten bleiben müsse und dass nach einer Kündigung eine hinreichend lange Kündigungsfrist des Mietverhältnisses bestehen müsse. Solche Fragen seien in den Unternehmen meist per Betriebsvereinbarung geregelt, hieß es dazu aus der Verwaltung. Der Stadtrat beschloss aber, Wolfs Anregung als Protokollnotiz zum Beschluss mit aufzunehmen.

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