Ausstellungen in München:Blickwechsel

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Der Schriftsteller Orhan Pamuk in seinem Museum der Unschuld. (Foto: Museum der Unschuld / Museum of Innocence, Istanbul)

Orhan Pamuk, Magnum-Fotografinnen und Porträts Münchner Jüdinnen und Juden - eine Auswahl an Ausstellungen im Mai.

Von Jürgen Moises

Es gibt Museen, die als moderne Paläste die Geschichte(n) einer Stadt, einer Region oder eines ganzen Landes repräsentieren. Es gibt aber auch "die kleinen, unscheinbaren Museen", die sich "in den Nebenstraßen europäischer Städte" verbergen und genauso wie Romane "die Geschichte einzelner Individuen erzählen". Dass auch diese andere Form des öffentlichen Erinnerns existiert, das war für den türkischen Schriftsteller Orhan Pamuk eine prägende Erfahrung, wie er im Begleitbuch zur Wanderausstellung "Der Trost der Dinge" schreibt. Diese war noch bis Anfang April in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden zu sehen. Vom 17. Mai an macht sie im Münchner Lenbachhaus Station und zeigt den türkischen Nobelpreisträger in der Rolle des Bildenden Künstlers und Sammlers.

Die Welt der Literatur verlässt Pamuk damit nicht wirklich. Denn die dreidimensionalen Collagen in den 40 Kabinetten, die er nach den Vorbildern in seinem Instabuler "Museum der Unschuld" gestaltet hat, haben einen engen Bezug zum gleichnamigen Roman. Darin errichtet der Fabrikantensohn Kemal ein Museum mit Tausenden Erinnerungsstücken an seine Cousine Füsun. Kemals Museum erzählt also die Geschichte einer Frau, aber dann doch aus einem männlichen Blickwinkel. So wie es bis vor kurzem bei fast allen Geschichten war, die wir etwa in den Medien konsumiert haben. Wie wiederum die Fotografin Cristina de Middel im begleitenden Text zur Ausstellung " Close Enough" schreibt, die aktuell im Kunstfoyer der Versicherungskammer Kulturstiftung zu sehen ist.

Gezeigt werden dort Fotografien von dreizehn teils noch unbekannten, teils etablierten Magnum-Fotografinnen, die zudem einen sehr persönlichen Einblick in ihre oft sehr unterschiedlichen Grundhaltungen geben. Gibt es neben dem männlichen auch einen "weiblichen Blick"? Diese Frage stand mit am Anfang der Ausstellung. Aber die Antwort, so noch einmal de Middel, müssten am Ende jeder Besucher, jede Besucherin selber finden. Denn, so sagt sie über sich und ihre Kolleginnen: "Jede von uns glaubt an etwas Anderes".

"A plane flies low over students riding a train at a funfair over the weekend, Istanbul, Turkey" - so nennt die türkische Magnum-Fotografin Sabiha Cimen ihr Bild vom 29. August 2018. (Foto: Sabiha Cimen/Sabiha Cimen/ Magnum Photos)

Wie sich der Blick, die Emotionen oder die Wahrnehmung einer jungen Mutter in ihrer Kunst widerspiegeln, das können sich Besucher in der Ausstellung " Imitation of Life" von Carissa Rodriguez im Kunstverein München fragen. Entstand die zentrale Videoarbeit dort doch während des ersten Lebensjahres des ersten Kindes von Rodriguez. Ansonsten beschäftigt sich das Video mit "Reverie", der Erfahrung, in Gedanken versunken zu sein. Und das mit Filmaufnahmen, die alle zwischen 6 Uhr und 7 Uhr morgens entstanden. Die Gemälde in der Ausstellung " Bildgeschichten. Münchner Jüdinnen und Juden im Porträt", die das Jüdische Museum in München vom 15. Mai an zeigt, wurden dagegen im 19. und frühen 20. Jahrhundert geschaffen. Und sie holen zahlreiche vergessene Münchner Gesichter wieder zurück in die Erinnerung.

Ist Dietrich Kerky noch jemand ein Begriff? Der im vorigen Oktober im hohen Alter von 92 Jahren in München verstorbene Kerky war Schauspieler, unter anderem am Deutschen Theater in Berlin zur DDR-Zeit und an den Münchner Kammerspielen. Außerdem wirkte er in mehr als 60 Film- und Fernsehproduktionen mit, darunter auch einige Erotikfilme. Seine farbgewaltigen Ölbilder entwickelten sich aus einfachen Zeichnungen, die er zum besseren Textlernen skizzierte. Vom 18. bis 25. Mai werden sie zusammen mit Möbeln, Fotos, Kritiken und einem Film in der Orangerie im Englischen Garten gezeigt - als Vermächtnis eines der letzten Nachfahren der Schwabinger Bohème.

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