SZ-Serie: Urlaub in München:Unterwegs zur Quelle des Münchner Leitungswassers

Lesezeit: 3 min

Von der Brücke am Gasthof Maxlmühle kann man Fische im Wasser beobachten. (Foto: Florian Peljak)

Warum das Trinkwasser so frisch schmeckt und so gesund ist, kann man auf dem Wasserweg der Stadtwerke erkunden - und nebenbei die wilde Schönheit des Mangfalltals entdecken.

Von Ekaterina Kel

Der Weg in die Natur lohnt sich besonders, wenn man sich danach mit den kleinen Ärgernissen zuhause in der Stadt versöhnt. Mit dem ewig verkalkten Wasserkocher zum Beispiel. Wenn man mal wieder kurz davor ist, das Ding aus dem Fenster zu werfen, sollte dringend eine Reise ins Mangfalltal erwogen werden. Dort steht man dann, irgendwo zwischen dem Gasthof Maxlmühle und dem Mühlthal, beides in der Gemeinde Valley, allerdings an einer Stelle weit von irgendwelchen Wohnbehausungen entfernt, etwa 40 Kilometer vom Zentrum Münchens. Um einen herum: saftiges, dunkles Grün, Vogelgeräusche, irgendwelches Zirpen, Klackern und ganz viel Rauschen - riesige moosbewachsene Felsbrocken unterbrechen den ruhigen Fluss der Mangfall und bilden miniaturhafte Wasserfälle.

Hier, an der Station Nummer zehn des M-Wasserwegs der Stadtwerke München (SWM), erblickt man eine steile Felswand. Sie ragt mitten im Wald aus dem Boden, umringt von munter wachsenden Laubbäumen, bedeckt von grau-braunem Moos, allerlei grünem Gewächs und herunterhängenden gelben Grashalmen. Die Kieselsteinchen auf dem Grund der grünlich schimmernden Mangfall erkennt man mühelos, sie tänzeln von den kleinen Strömungen im Fluss getrieben herum. Genau aus so einer Umgebung, direkt aus der Felswand, zapfen die Stadtwerke das Grundwasser, um die mehr als 1,4 Millionen Münchener mit Trinkwasser zu versorgen. Rund 128 Liter pro Kopf und Tag verbrauchen sie laut SWM. 80 Prozent des Bedarfs werden aus den Quellfassungen und Gewinnungsanlagen im Mangfalltal gedeckt. Das Wasser aus dem Wasserhahn kommt direkt von hier, wo man also gerade steht, quasi aus dieser Felswand. Es wird bis in die Stadt geleitet, ohne Aufbereitung, ohne Filterung. Der Kalk? Tja, er kommt eben aus so einem Felsbrocken. Und schon kann man dem Wasserkocher gar nicht mehr so böse sein.

SZ-Serie: Urlaub in München
:Abschlag mit Zeitreise

Der Minigolfplatz von Gerhard Friesleben versetzt den Besucher zurück in die Sechzigerjahre - ein simples Vergnügen an der frischen Waldluft.

Von Ramona Dinauer

"Je kalkhaltiger, desto frischer schmeckt das Wasser", sagt Rainer List. Der Bauingenieur ist seit 33 Jahren mit den Leitungen befasst und ist mittlerweile Chef der Trinkwassergewinnung. Man trifft ihn in seinem Büro im Betriebshof Thalham, etwa fünf Kilometer weiter südlich. Das Wasser, das die Münchner aus ihrem Wasserhahn bekommen, sei eines der besten in ganz Europa, sagt List. Es hätte nebst Kalk noch viel Calcium und Magnesium zu bieten und sei absolut "quellfrisch". Die Chloranlage - man habe sie für Notfälle wie Hochwasser parat - sei das letzte Mal vor sieben oder acht Jahren in Betrieb gewesen, versichert List.

Wegen des Coronavirus entscheiden sich diesen Sommer vielleicht einige Münchner, in der Stadt zu bleiben. Wegen zwei anderer Krankheiten trieb es Ende des 19. Jahrhunderts alle, die es sich leisten konnten, aus der Stadt hinaus - Cholera und Typhus kosteten hier schon seit einigen Jahrzehnten viele Hunderte das Leben und verpassten München den Ruf einer versifften Stadt. Kein Wunder: Die Leute holten ihr Wasser aus Brunnen direkt unter der Stadt, ein vernünftiges Kanalisationssystem gab es noch nicht, und so tranken die Münchner sozusagen ihren eigenen Dreck. Und auch damals schon war ein Hygiene-Professor der Mann der Stunde. Max von Pettenkofer, der Namensgeber des Labors der LMU, in dem heute viele Corona-Tests gemacht werden, schlug 1879 vor, das Trinkwasser aus der Mangfallnach München zu bringen. Binnen kurzer Zeit trieben Arbeiter Stollen und Leitungen in die Bergwände und zapften dort das Wasser ab. List sagt: "Meine Aufgabe ist es, die Versorgung langfristig zu erhalten." Im Tal komme doppelt so viel Grundwasser an, wie die Stadtwerke entnehmen würden, sagt er. Eine sichere Nummer.

Rainer List ist Leiter der Trinkwassergewinnung und kennt das Mangfalltal sehr gut. (Foto: Florian Peljak)

Ein anderes Thema sind die land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen in der Gegend, die auf die Qualität des Wassers einwirken. Als Ausflügler entlang der Mangfall aber erscheinen einem solche Sorgen irgendwie fern. Spätestens der steile Weg von der Gemeinde Valley aus hinunter ins Tal zum Fluss versetzt einen mitten ins grüne Dickicht, fernab von jeglichem Ärger. Von frisch geteerter Straße über Schotterweg bis batzigem Trampelpfad gibt es hier auch genug Abwechslung. Besonders zu empfehlen ist zudem der neugierige Blick abseits des offiziellen Wegs. Zum Beispiel die Fahrt mit dem Rad hinunter von der Dorfkirche in Hohendilching Richtung Skulptur-Lichtung, einem jederzeit zugänglichem privatem Freilichtmuseum. Die dort ausgestellten Bildhauer wollten eine Symbiose zwischen Kunst und Natur erreichen. Auf dem M-Wasserweg kann man zunächst mal eine kleine Mensch-Natur-Symbiose ausprobieren.

In der nächsten Folge am Freitag schauen wir zu, wie Oldtimer im Verkehrsmuseum restauriert werden.

© SZ vom 10.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ-Serie: Urlaub in München
:Höchstens Huhnhöhe

Der Hachinger Bach ist ein angenehmes Ausflugs- und Spazierziel. Man kann ihn etappenweise erkunden und an vielen Stellen einkehren. Und: Er ist kindertauglich seicht.

Von Philipp Crone

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: