Zwei Läden, eine Idee: Der eine, ein Familienbetrieb mit zwei Filialen befindet sich in der vorläufigen Insolvenz. Der andere, genossenschaftlich organisiert, konnte eineinhalb Jahre nach Gründung vor Kurzem bereits sein 2000. Mitglied begrüßen.
Zwar lassen sich die beiden Geschäftsmodelle nicht unbedingt vergleichen. Die verpackungsfreien Supermärkte "Ohne", 2016 und 2019 von Hannah Sartin und Carlo Krauß in Schwabing und Haidhausen eröffnet, und der von Quentin Orain, Kristin Mansmann und Karl Schweisfurth, bekannt von den Herrmannsdorfer Landwerkstätten, gegründete Foodhub München Market in Giesing. Doch der Grundgedanke und die Ziele sind die gleichen: fair, regional, überwiegend bio, nachhaltig und umweltbewusst bis hin zu ganz verpackungsfrei ein wenig die Einkaufswelt umkrempeln. Etwas, das viele Münchner unterschreiben würden, in einer Stadt, die Zero-Waste-City werden will.
Newsletter abonnieren:München heute
Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.
Der Unterschied zeigt sich schon am Eingang. Im Foodhub dürfen nur einkaufsberechtigte Mitglieder einkaufen. Das sind solche, die drei Stunden pro Monat mitarbeiten. An der Kasse, beim Auffüllen der Regale, in der Verpackungsstation. Jeder Kunde ist Miteigentümer und Mitarbeiter und kann mitgestalten. 90 bis 95 Prozent sind Münchnerinnen und Münchner, etwas 70 Prozent wohnen in einem Umkreis von einem Kilometer, die meisten im Alter von 30 bis 35 Jahren und zwischen 50 und 60. Foodhub wolle weiter wachsen und neue Läden eröffnen, sagt Schweisfurth.
Hannah Sartin und Carlo Krauß kämpfen dagegen ums Überleben ihrer Unverpackt-Geschäfte und ihres Lebenswerks. Die Filiale an der Rosenheimer Straße mussten sie bereits schließen, an der Schellingstraße droht Ähnliches. Der operative Betrieb läuft vorerst nur noch bis 1. Juli. Wenn nicht noch eine Lösung, also Mitstreiter gefunden werden.
Beide sind Pioniere. Der Foodhub ist nach eigenen Angaben der erste solidarische Mitmach-Supermarkt in München, das 2016 an der Schellingstraße eröffnete Unverpackt-Geschäft das erste auf unverpackte Lebensmittel spezialisierte, für den das Ehepaar im gleichen Jahr den Gründungspreis der Stadtsparkasse erhielt.
Nachdem sich das Konzept und Geschäft schön entwickelten, wie Hannah Sartin sagt, eröffneten sie 2019 den zweiten Laden in Haidhausen. Dann kamen Corona und vor allem die Auswirkungen der Pandemie. "Speziell die Stammkundschaft aus den Unis, Büros, Schulen, die nicht in Schwabing gelebt hat, sei durch Home-Office weggebrochen", sagt Hannah Sartin. Menschen seien verunsichert gewesen, wie gefährlich unverpackte Lebensmittel während der Pandemie seien. "Dabei hatten wir ein superstrenges Hygienekonzept, sofort alles gespült, nachdesinfiziert."
Auch als wieder Normalität eingekehrt sei, habe man gespürt, dass sich viele Lebensentwürfe geändert hätten. Viele seien im Home-Office geblieben, hätten den Job wechseln müssen oder gekündigt, wären weggezogen. "Unter der Woche hatten wir fast gähnende Leere", sagt Carlo Krauß. Es folgten der Ukraine-Krieg, Inflation. "Wir hatten tatsächlich nicht das Marketingbudget, um der Außenwelt im großen Stil zu kommunizieren, dass wir im Jahr 2022 keine Preiserhöhungen vorgenommen haben", sagt Sartin. "Bei sinkenden Umsätzen und zunehmenden Engpässen in unseren Lieferketten konnten wir nicht mehr das ganze Sortiment vorhalten. Irgendwann ist man an einem Punkt, wo es nicht mehr geht."
Die Foodhub-Gründer hatten von Anfang an nach den Ratschlägen von ähnlichen Projekten in Paris und den USA auf Vollsortiment und eine Laden-Mindestgröße gesetzt. Habe man nur ein geringes Angebot, müsse der Kunde noch in zwei, drei andere Läden, was Zeit koste, sagt Orain. "Die Menschen wollen zwar Unverpacktes, aber handeln anders und damit haben wir einen Weg gefunden, um das zu umgehen." Der zweite Tipp lautete, alles so zu gestalten wie in normalen Supermärkten. "Eine Aufmachung, die Menschen gewöhnt sind, auch bei den Öffnungszeiten."
Foodhub hofft, nach etwa einer Million Euro Investitionskosten in etwa einem Jahr vor der Gewinnschwelle zu stehen. Dann könnte man auch den Aufschlag auf den Einkaufspreis senken. Derzeit sind das einheitlich 30 Prozent auf jeden Artikel, was oft noch zu krummen Preisen führt - aber transparente Preisgestaltung bietet.