Mittwochnachmittag, 16.30 Uhr, Geschwister-Scholl-Platz. Rund 200 Menschen sind gekommen, um gegen die teilweise Abschaffung der Selbstverwaltung in den Wohnheimen durch das Studierendenwerk (Stuwerk) zu demonstrieren. Bunt bemalte Schilder werden in die Höhe gehalten. "Studierende brauchen auch eine Stimme", heißt es auf einem und auf dem nächsten "R.I.P. Selbstverwaltung".
Seit einer Mail des Stuwerks am 6. Februar herrscht Aufruhr unter den Studierenden. Von April an soll es in den Wohnheimen keine Haussprecher und keine selbst organisierten Wahlen mehr geben. Für die Studierenden bedeuten die Pläne einen enormen Eingriff in die Gemeinschaft der Wohnheime. "Es geht uns nicht um den Erhalt von Privilegien, sondern um den Fortbestand der Demokratie und einer demokratischen Vertretung auch für zukünftige Generationen", ruft Farid Razai vom Biedersteiner Wohnheim ins Mikrofon. Jubel brandet auf. Immer mehr Studierende treten ans Mikrofon. Obwohl sie in den verschiedensten Wohnheimen leben, eint sie ein gemeinsamer Wunsch: dass das Studierendenwerk von seinen Umstrukturierungsplänen abrückt.
In einer Stellungnahme hatte das Stuwerk vor einigen Tagen den Vorwurf zurückgewiesen, dass die Umstrukturierung mit dem Verlust von Demokratie gleichzusetzen sei. Anders sehen das unter anderem die Stadtratsmitglieder Lars Mentrup (SPD) und Sibylle Stöhr (Grüne). Gemeinsam mit Stefan Jagel (Die Linke) und Moritz Fingerle (FDP), sind sie der Einladung der Studierenden zu der Demo gefolgt. "Mein gesamtes politisches Dasein fußt auf diesen Erfahrungen", so Mentrup, der wie Stöhr in seiner Studienzeit stark in der politischen Selbstverwaltung eines Wohnheims aktiv war. "Man muss sich überlegen, will man eine Denkfabrik, die Wissenschaftler produziert, oder will man einen Ort, an dem Menschen ihre Persönlichkeit entwickeln können?", sagt Stöhr.
Auch viele ehemalige Wohnheimbewohner sind da, unter ihnen Andi und Vero, die mit Sohn Luis zur Demo gekommen sind. 2014 lernten sie sich im Biedersteiner Wohnheim kennen. Studierende sind sie längst nicht mehr, doch für den Erhalt der dortigen Strukturen wollen sie trotzdem kämpfen. "Mit dieser Form der Selbstverwaltung lernt man erst mal, wie so eine demokratische Gesellschaft überhaupt funktioniert", sagt Andi. Vero ergänzt: "Wenn man von oben eingreift, wird man dort viel kaputt machen."
"Eigentlich müsste die Demo heute vor dem Wissenschaftsministerium stattfinden", sagt Sibylle Stöhr. Es sei falsch, dass man sich dort nicht zu den Vorgängen der vergangenen Tage äußern wolle. Von der CSU ist der Einladung zur Demo niemand gefolgt. "Das ist schade, bei so einem wichtigen Thema", sagt Yannic Lohschelder aus der Studentenstadt.
Welches Potenzial in den engagierten Studierenden steckt, zeigt die Demo ohnehin. Nur wenig Zeit blieb zur Vorbereitung. Das Programm, inklusive Musik-Acts, kann sich jedoch sehen lassen. Ob das Stuwerk sich davon jedoch in seinem Entschluss beeinflussen lässt, bleibt offen.