Sep-Ruf-Architektur:Ist das ein Juwel oder kann das weg?

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Abreißen oder ein Fall für den Denkmalschutz? Das Sep-Ruf-Haus in Solln steht am Fellererplatz 2. (Foto: Stephan Rumpf)

Entworfen von einem der renommiertesten Architekten der Stadt: das Sep-Ruf-Haus in Solln. Geplant ist, das Gebäude abzureißen und drei Reihenhäuser neu zu bauen. Ein Verein will das verhindern.

Von Jürgen Wolfram

Die historische Bedeutung dieses Gebäudes erschließt sich nicht auf Anhieb. Gewiss, es gibt ein paar typische Merkmale, wie den Übereck-Balkon oder das Rundfenster im Giebel. Insgesamt jedoch wirkt das Wohnhaus mit der Nummer 2 am Fellererplatz in Solln eher unscheinbar. Für Kenner aber ist es ein Juwel, denn einer der renommiertesten Architekten der Stadt hat es 1936 im Auftrag des Bauherrn Andreas Scherr entworfen: Franz Joseph "Sep" Ruf.

Das Sollner Erbe des 1982 verstorbenen Münchner Baumeisters wurde relativ spät wiederentdeckt. Jetzt soll es abgerissen werden und einem Reihenhaus-Dreispänner weichen. Eine Concept Immobilien GmbH bewirbt das Anwesen im Herzen des südlichen Stadtviertels bereits als "Baugrundstück in Bestlage". Für die Architekten und Historiker der Sep-Ruf-Gesellschaft klingt das wie ein Alarmruf. Der Verein will das Haus unbedingt retten.

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Direkt gegenüber der mächtigen Pfarrkirche St. Johann Baptist gelegen, flankiert von einem Supermarkt sowie einer modernen Wohnanlage, ist das Sep-Ruf-Haus weitgehend im Original erhalten geblieben. 1984 wurde lediglich ein Treppenhaus angebaut. Auf dem 349-Quadratmeter-Grundstück zwischen Fellererplatz und Herterichstraße erstreckt sich ein großzügig bemessener Garten. Aus Sicht der Sep-Ruf-Gesellschaft müsse es möglich sein, den geplanten Dreispänner in Fertigbauweise mit 180 Quadratmeter Wohn- und 210 Quadratmeter Nutzfläche in diesem Teil des Anwesens zu platzieren, ohne das Bestandsgebäude in seinem Kern zu gefährden.

Für die Sep-Ruf-Gesellschaft ist das Wohnhaus am Fellererplatz auch ein Fall für den Denkmalschutz und würde sich insofern bestens in den nahen historischen, unter Ensembleschutz stehenden Sollner Dorfkern einfügen. Tatsächlich hat sich das Landesamt für Denkmalpflege bereits eingeschaltet und prüft die Denkmaleigenschaft. Andererseits sind die Veränderungspläne baurechtlich weit gediehen.

Nach Auskunft des Referats für Stadtplanung und Bauordnung liegt seit Dezember 2022 eine Baugenehmigung vor, allerdings ohne Baubeginnsanzeige. Man warte nun auf die Einschätzung des Landesamtes für Denkmalschutz, um über weitere Schritte zu entscheiden, heißt es aus dem Referat. Die Untere Denkmalschutzbehörde hat sich bereits geäußert: Sie zeigt sich "aufgeschlossen gegenüber einer alternativen Bebauung unter Erhalt des Bestandsgebäudes". Es folgt jedoch der Hinweis, das Sollner Ruf-Haus sei "nicht als Denkmal erfasst" - womöglich der Knackpunkt.

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Alexander Aichwalder, Bauplanungsexperte des Bezirksausschusses Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln, schätzt die "Erfolgswahrscheinlichkeit" von Vorstößen in Richtung Denkmalschutz jedenfalls als "sehr gering" ein. Ein Blick in die Nachbarschaft des Ruf-Hauses am Fellererplatz genüge, um zu erkennen, dass in diesem Winkel von Solln baurechtlich nahezu alles möglich sei. "So hart es ist: Ohne Denkmalschutz gibt es in diesem Umfeld keine Sicherheit vor Abriss", sagt Aichwalder

In Grünwald immerhin ist es einer Allianz von Anwohnern, Gemeinderäten und Denkmalschützern unlängst gelungen, ein Sep-Ruf-Haus vor dem Abrissbagger zu bewahren - eine Art Blaupause für den Verein geschichtsbewusster Architekten. Das Gebäude an der Ecke Münchner Straße/Hugo-Junkers-Straße fiel wie sein Pendant in Solln an einen Investor, dem auf dem betreffenden Grundstück ein Wohn- und Geschäftshaus mit Tiefgarage vorschwebte. Gewissermaßen auf den letzten Drücker vereitelte der Grünwalder Gemeinderat das Vorhaben, indem er eine Veränderungssperre verhängte. Das Gebäude steht nun als Teil einer ganzen Häuserzeile unter Ensembleschutz.

Wie auch immer das Tauziehen in Solln ausgeht, an der überragenden Bedeutung vieler Werke Sep Rufs besteht kein Zweifel. Der Architekt hat vor allem in der Nachkriegszeit Akzente im Münchner Stadtbild gesetzt. Selbst die von ihm entworfenen Großbauten sind von Leichtigkeit und Transparenz geprägt, überzeugen als Kontrapunkte zur Monumentalarchitektur der Nazizeit.

Zu Rufs bekanntesten Werken zählen der Royal Filmpalast am Goetheplatz, das US-Generalkonsulat an der Königinstraße sowie der Lesesaal der Bayerischen Staatsbibliothek in München. Oder auch der Kanzlerbungalow in Bonn, entstanden 1963. Spuren hinterlassen hat der 1908 geborene Ruf ferner am Deutschen Museum (Luft- und Raumfahrthalle). Überdies baute er für zahlreiche Prominente schmucke Domizile im Isartal und im Würmtal.

Als eine seiner Meisterleistungen gilt das "Wort & Bild"-Verlagsgebäude in Baierbrunn. Mit dem Verleger Rolf Becker verband ihn eine enge Freundschaft. Ruf war alles andere als ein Architekt aus dem Elfenbeinturm. Aber einen solchen hätte er wohl auch hinbekommen. Mit markanten Linien und lichter Fassade.

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