Bauarbeiten:Der "Zukunftsbahnhof" am Sendlinger Tor nimmt ein wichtiges Etappenziel

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Wenn der zentrale Umsteigebahnhof fertig ist, soll er ein "Zukunftsbahnhof" sein. (Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Am Sendlinger Tor sind die Durchgänge zu den U-Bahnsteigen von den Gruben aus jetzt gebohrt.
  • Dafür musste das Erdreich mit enormem Aufwand eingefroren werden.
  • Die seit anderthalb Jahren laufenden Bauarbeiten werden sich noch bis 2022 hinziehen.

Von Andreas Schubert, München

Wer als Laie die Baustelle am Sendlinger Tor besucht, kann sich beim Anblick nackter Betonwände und Pfützen auf dem Boden kaum vorstellen, dass hier irgendwann einmal wieder ein normaler Betrieb herrschen soll. Doch ein großer Durchbruch ist seit kurzem geschafft: Von der großen Baugrube an der Blumenstraße sind die Durchgänge zum U-Bahnsteig der U1/U2 bereits passierbar. Dass dies alles nach Plan ablief, war für Projektleiter Christoph Schaller ein "erhebender Moment".

Denn die Verbindung zu den bestehenden U-Bahnsteigen herzustellen, war für die Ingenieure und Bauarbeiter die größte Herausforderung. Mit enormem Aufwand mussten sie in der Tiefe die Wände vereisen, damit beim Bohren der Boden wegen des Grundwassergehalts nicht in sich zusammenstürzt. Dazu waren Geräte nötig, die das Erdreich mit einer Leistung von 400 Eisschränken einfroren. An der Blumenstraße tauen die Wände bereits wieder auf - demnächst werden auch die Durchgänge von der Baugrube an der Sonnenstraße zur U-Bahn fertiggestellt sein.

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Obwohl "fertig" in diesem Fall relativ ist. Die seit anderthalb Jahren laufenden Bauarbeiten werden sich noch bis 2022 hinziehen. Derzeit sind am Sendlinger Tor noch zwei der derzeit tiefsten offenen Baugruben der Stadt. Seit Baubeginn hat sich aber schon viel getan: An der Blumenstraße neben dem Sparkassengebäude ist die Bodenplatte mit einer 80 Zentimeter dicken Betonschicht bereits fertiggestellt, 600 Kubikmeter Beton wurden hier verbaut. Die schweren Pfeiler, die die Wände der Baugrube stützen, werden nun nicht mehr benötigt und derzeit abmontiert. An der Sonnenstraße, wo in etwa das Gleiche passiert, sind sie noch nicht so weit. Aber laut Christoph Schaller ist alles im Plan.

Wenn der Rohbau der neuen Zugangsbauwerke abgeschlossen ist, kommen Ende 2019 Betondeckel darauf, die Innenausbauten erfolgen dann darunter. Ebenfalls Ende nächsten Jahres soll dann die Treppenverbindung zwischen der U1/U2-Ebene und der U3/U6-Ebene umgebaut und ein neuer Durchgang zwischen den Bahnsteigen der U1/U2 geschaffen werden. Es soll mehr Platz entstehen, sodass Passagiere sich besser verteilen und sich optimalerweise keine Staus mehr bilden. Doch während dieser Umbauphase müssen die Umsteiger umständliche Umwege in Kauf nehmen, da sie über das Sperrengeschoss gelotst werden.

Anfang 2020 soll dann der Neubau an der Sonnenstraße fertig sein. Er wird benötigt, weil durch ihn die Passagierströme gelenkt werden, solange der bestehende U-Bahnhof umgebaut wird. Das bedeutet, dass ein Jahr lang die alten Zugänge an der Ostseite, also vor dem Sendlinger Tor und der Kreissparkasse gesperrt werden. Im Jahr darauf sind die Zugänge auf der gegenüberliegenden Seite dran. An der Blumenstraße wird das künftige Zugangsbauwerk, von dem aus man direkt zur U1/U2-Ebene gelangt, erst am Ende der kompletten Arbeiten für die Passagiere geöffnet. Vorher dient es als Logistikfläche.

Die Skulptur der heiligen Barbara trotzt der Baustelle. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Wenn der zentrale Umsteigebahnhof, den täglich bis zu 150 000 Passagiere nutzen, fertig ist, soll er ein - so die Vorgabe der Stadtwerke - "Zukunftsbahnhof" sein. So werden die Zugänge am Sendlinger Tor und zur Müllerstraße ebenfalls ausgebaut und erhalten jeweils eine zusätzliche Rolltreppe. Die Bahnsteige werden barrierefrei gestaltet und um jeweils fünf Zentimeter angehoben, die Rampe im Sperrengeschoss wird verbreitert, und es wird ein Leitsystem für Sehbehinderte eingebaut.

Auch optisch soll alles moderner und heller werden. Die U1/U2-Ebene bleibt auch künftig in Gelb gehalten, die U3/U6-Ebene in Blau. Die Decke im Sperrengeschoss wird schwarz. Die Neugestaltung hat das Architektenbüro Raupach und Bohn entworfen, das Beleuchtungskonzept der Lichtdesigner Ingo Maurer; insgesamt erhoffen sich die Stadtwerke durch die Neugestaltung nicht nur eine bessere Abfertigung der Fahrgastströme, sondern auch mehr Aufenthaltsqualität. Dazu sollen auch neue Geschäfte auf erweiterten Verkaufsflächen beitragen, ein Randaspekt: Von den Vermietungen versprechen sich die Stadtwerke zusätzliche Einnahmen für die Finanzierung des Nahverkehrs.

Doch bis es zu den Feinarbeiten im U-Bahnhof kommt, müssen die Passagiere noch viel Geduld aufwenden. Im Sperrengeschoss kämpft man sich derzeit durch einen Wald aus Gerüsten und Stützpfeilern. Wo früher Läden waren, sind heute abgesperrte Flächen. An der Stelle im Sperrengeschoss, an der eine Zeitlang das provisorische MVG-Kundencenter war, ist heute eine Lager- und Logistikfläche, von der aus man bereits zur Baugrube an der Sonnenstraße gelangt.

Dort, in fast 20 Metern Tiefe, wo sie derzeit noch am Durchbruch zur U-Bahn arbeiten, hängt an der Betonwand eine kleine, schlichte Holzstatuette der heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute, vor ihr brennt eine Kerze. "Die gehört einfach dazu", sagt Ralph Bentrup vom Projektleitungsteam.

© SZ vom 26.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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