Öffentlicher Nahverkehr:Der MVG gehen die Fahrer aus

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Damit die MVG mehr Tram- und U-Bahnen fahren lassen kann, braucht sie auch mehr Fahrer. (Foto: Rumpf)
  • Die Fahrer der MVG können von kommendem Jahr an entscheiden, ob sie auf einen Teil ihres Gehalts verzichten möchten, um mehr Urlaubstage zu bekommen.
  • Das Problem: Wenn viele diese Möglichkeit in Anspruch nehmen, braucht die MVG neue Mitarbeiter.
  • Dabei ist das Personal schon jetzt knapp, da die MVG auch ihr Angebot erweitern möchte.

Von Andreas Schubert

Freie Tage oder mehr Geld? Diese Wahl können Fahrer der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) vom nächsten Jahr an erstmals treffen. Die neue Regelung ist Bestandteil des neuen Tarifvertrags Nahverkehr (TV-N), der nun vorliegt.

Und dieser Vertrag setzt die MVG weiter unter Druck: Denn falls viele Beschäftigte von der Regelung Gebrauch machen, benötigt das Verkehrsunternehmen zusätzliches Personal. Doch das ist schon jetzt knapp. Vor allem im Fahrdienst werden weiterhin dringend neue Leute gesucht.

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Rund 6500 Beschäftigte in Bayern werden nach dem TV-N bezahlt, 800 sind es bei der MVG. Diese Angestellte besitzen alte Verträge, die restlichen 1000 Bus-, Tram- und U-Bahnfahrer sowie andere Angestellte im Fahrdienst fallen unter den Haustarif. Doch auch für sie will MVG-Personalchef Werner Albrecht das Wahlangebot zwischen zusätzlichen freien Tagen oder Geld einführen. "Wir schreiben damit Tarifgeschichte", schwärmt er. Und auch Verdi hatte sich nach dem Abschluss im Juni zufrieden gezeigt. Wie sich die Entgeltregelung des TV-N auf den MVG-Haustarif auswirken wird, kann Albrecht nicht sagen. Der Vertrag wird erst nächstes Jahr neu verhandelt.

Zur Erinnerung: Im Juni streikten Fahrer in mehreren bayerischen Städten nicht nur für mehr Geld, sondern auch für Entlastung bei den Arbeitsbedingungen. Letztlich einigten sich die kommunalen Arbeitgeber mit der Gewerkschaft Verdi auf eine Lohnerhöhung von 3,19 Prozent in diesem Jahr, rückwirkend zum ersten Juni, und weitere 3,3 Prozent zum 1. Juli 2019. Für die MVG bedeutet der Tarifabschluss Mehrkosten von 3,8 Millionen für 2018, 8,8 Millionen im Jahr 2019 und 11,4 Millionen im Jahr 2020. Noch ist laut Albrecht offen, wie der Verkehrsbetrieb dies refinanzieren soll. Über höhere Fahrpreise geht es schon mal nicht: Eine Erhöhung ist für dieses Jahr ausgesetzt - und kommendes Jahr soll das Tarifsystem für die Fahrpreise komplett umgestellt werden, was auch zu Mindereinnahmen führen kann.

300 Fahrer sollen allein in diesem Jahr eingestellt werden

Doch das Geld ist nur ein Problem: Wenn die MVG wie geplant ihr Angebot nach und nach ausweiten will, geht das nicht ohne zusätzliches Personal. Allein in diesem Jahr sollen 300 Fahrer eingestellt werden, was nach Einschätzung Albrechts auch gelingen wird. Doch in Zukunft könnte es eng werden bei den Neueinstellungen: Das Einstiegsgehalt eines Fahrers liegt bei rund 2400 Euro brutto ohne Zulagen - was im teuren München den Job nicht unbedingt begehrenswert macht.

Der Personalchef hofft nun, dass mit höheren Gehältern und Zulagen sowie den Freizeitregelungen die mitunter sehr stressige Arbeit im Fahrdienst attraktiver wird. So können Fahrer von nächstem Jahr an wählen, ob sie auf 2,5 Prozent ihres Lohns verzichten und stattdessen fünf zusätzliche Urlaubstage bekommen. "Wenn sich 44 Leute dafür entscheiden, müssen wir eine neue Kraft einstellen", sagt Albrecht. Weitere Zeitgutschriften gibt es für die sogenannten Vor- und Abschlusszeiten, also die Routineüberprüfung der Fahrzeuge durch den Fahrer. Als Option steht den Angestellten nun auch zu, bei geteilten Diensten statt der von fünf auf zehn Euro erhöhten Zulage sich 30 Minuten Arbeitszeit gutschreiben zu lassen.

Die Option Geld oder Freizeit gilt von 2020 an. Doch schon im Mai nächsten Jahres müssen sich die Fahrer für zwei Jahre festlegen. Albrecht, früher selbst Gewerkschafter, glaubt, dass diese Wahlmöglichkeit auch in Tarifverträge anderer Branchen Einzug finden wird. Dies, sagt er, sei die Zukunft.

© SZ vom 01.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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