Fahrrad-Infrastruktur in München:Doch keine Brücke über die Schwere-Reiter-Straße

Lesezeit: 2 Min.

Im Vergleich zu anderen Großstädten nutzen die Münchner weniger häufig das Auto und häufiger den ÖPNV. (Foto: Florian Peljak)

Die Radroute vom Olympiapark in die Innenstadt hätte als Kernelement eine Überquerung bekommen sollen. Doch daraus wird wohl nichts. "Maximal frustrierend" finden das Beteiligte des Verfahrens.

Von Ellen Draxel

Ein Hingucker sollte sie werden, die Rad- und Fußgängerbrücke über die Schwere-Reiter-Straße. Ein positives Aushängeschild, das dokumentieren könnte, wie wichtig der Stadt München die Verbesserung ihrer Radverkehrsinfrastruktur ist. Einmal gebaut, würde sie als Teil eines Radschnellwegs aus Dachau das "Optimum" einer Querung der stark befahrenen und von einer Tramtrasse durchschnittenen Straße bedeuten - so zumindest sahen es 2019 die Bezirksausschüsse Neuhausen-Nymphenburg und Schwabing-West.

Da hatten die Lokalpolitiker gerade vier Entwürfe für solch eine Brücke als Kernelement einer von Mobilitätsexperte Simon Herzog entwickelten Radroute vom Olympiapark über die Heßstraße bis in die Innenstadt präsentiert bekommen - entworfen von Studenten und Studentinnen des TU-Lehrstuhls für Metallbau. Die Resonanz: Begeisterung.

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Viereinhalb Jahre ist das jetzt her. Kurz davor hatte der Stadtrat bereits die Verwaltung beauftragt, mittels einer "Machbarkeitsstudie die Möglichkeiten einer innovativen Brückenlösung" aufzuzeigen und das "Ergebnis dem Stadtrat vorzustellen".

Erste Ergebnisse der Machbarkeitsstudie gibt es nun schon seit mehr als einem Jahr. Aber sie wurden nie dem Stadtrat oder den Bezirksausschüssen vorgestellt, trotz wiederholter Anträge der Politiker, über den Sachstand informiert zu werden. Stattdessen will das Mobilitätsreferat am 24. Januar im Mobilitätsausschuss die künftige Gestaltung der Schwere-Reiter-Straße zur Abstimmung stellen - inklusive des Vorschlags einer "ebenerdigen, barrierefreien Querungsmöglichkeit für den Fuß- und Radverkehr" auf Höhe der Heßstraße. Die täglich von 28 000 Autos befahrene Straße soll bereits von Mitte des Jahres an für rund elf Millionen Euro umgebaut werden.

Die Brückenlösung hingegen empfiehlt die Verkehrsbehörde "aktuell nicht weiterzuverfolgen". Weil der Platz für die Brückenrampe auf der Seite des Kreativquartiers in Konkurrenz zu einer Fläche für den geförderten Wohnungsbau treten würde. Und weil die Rampe auf der anderen Seite das Eigentum des Freistaats tangiert, der dort derzeit das neue Strafjustizzentrum errichtet.

Die Reaktion bei den Stadtteilvertretern: Unverständnis. "Dass die Machbarkeitsstudie nicht veröffentlicht und diskutiert wurde, ist ein Unding", ärgert sich Trassen-Initiator Simon Herzog, der mittlerweile für die CSU im Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg sitzt. Das sei, so der für Mobilität zuständige Ingenieur bei Europas größtem Zentrum für Gründung und Innovation "UnternehmerTUM", eine "Missachtung der Beschlüsse". Varianten, Bebaubarkeit, Sinnhaftigkeit, Finanzierung, all das hätte man besprechen können - unter Mitwirkung des Freistaats und Anliegern wie der "UnternehmerTUM" oder SAP und Red Bull als Betreiber des SAP Gardens, der 2024 eröffnet.

Für die Brücke über die Schwere-Reiter-Straße hat es verschiedene Vorschläge gegeben. (Foto: Visualisierung: TU München)
Realisiert wird die Querung nun vermutlich nicht. (Foto: Visualisierung: TU München)

Ähnlich äußert sich Bernadette Felsch (Grüne), Mitglied des Westschwabinger Stadtteilgremiums und Vorsitzende des ADFC Bayern. "Wenn man eine Radschnellverbindung baut, wie sie hier nach Dachau geplant ist, baut man nicht möglichst viele Ampelstopps, Umwege und Schienen-Überfahrungen ein." Dass eine mögliche Alternative nun "plötzlich so eilig, dass die Bezirksausschüsse nicht einmal mehr ordentlich angehört werden können", zu den Akten gelegt werden soll, sei "maximal frustrierend" und alles andere als transparent. Auch die Aktivisten des Radentscheids finden es laut ihrer Referentin Genevieve Cory "superschwierig, dass die Stadt viel Geld für diese Machbarkeitsstudie ausgegeben hat, und keiner kriegt sie zu sehen".

Gelassener reagiert da nur Martin Wagle. "Ich weiß, dass es möglich ist, eine pragmatische Lösung zu finden", sagt der radpolitische Sprecher der CSU im bayerischen Landtag. Eine Brücke, wie auch immer sie gestaltet würde, fände er "sehr, sehr positiv". Schließlich gelte es "bei einem Radschnellweg eine Durchgängigkeit herzubringen". Denn das sei das Wesen von Radschnellwegen - gefährliche Situationen, wie sie an der Schwere-Reiter-Straße entstehen könnten, zu umschiffen. Wagle hat unter anderem das Bayerische Radgesetz federführend mit erarbeitet.

Eine Variante, die aus Sicht von Herzog und Felsch machbar sein könnte, wäre eine fantasievolle Kombination von Gebäuden entlang der Heßstraße und einer Brücke. Wie in der niederländischen Stadt Utrecht: Dort verläuft die in einer großen Haarnadelkurve angelegte Zufahrtsrampe zur Dafne-Schippers-Brücke stellenweise direkt über ein Schuldach. "Wir haben bei uns das Kreativquartier", sagt Herzog. "Da könnte man dann doch auch kreativ denken."

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