Kriminelle Unternehmer:Wie viel Schwarzgeld hätten Sie gern?

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Die Verdächtigen sollen ihren Arbeitern den Lohn großteils schwarz ausgezahlt haben. (Foto: Ralf Hirschberger/dpa)

Ein Bauunternehmer und seine Komplizen sollen durch Schwarzgeldzahlungen an ihre Arbeiter mehrere Millionen Euro Steuern und Sozialversicherungsbeiträge hinterzogen haben. Die Arbeiter durften selbst entscheiden, mit welchem Lohn sie offiziell gemeldet werden wollen.

Von Stephan Handel

Wer wenig arbeitet, zahlt wenig Steuern und wenig Beiträge zu den Sozialversicherungen - soweit logisch. Kriminelle Unternehmer nutzten das aber für ihre Zwecke aus, weswegen jetzt fünf Männer auf ihren Strafprozess vor der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts München I warten.

Die Staatsanwaltschaft hat Ende Oktober zwei Anklagen gegen die fünf Beschuldigten aus dem Baugewerbe erhoben. Sie sollen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von rund 5,5 Millionen Euro hinterzogen haben. Der Bundesgerichtshof hat vor Jahren als Leitlinie festgelegt, dass bei Hinterziehungssummen von mehr als einer Million Euro eine Freiheitsstrafe zwingend ist.

Die Masche der Angeschuldigten um den Bauunternehmer T. war folgende: Sie meldeten ihre Arbeiter nur mit einer geringen monatlichen Stundenzahl zur Sozialversicherung an. Nach dieser Stundenzahl berechnete sich auch der Monatslohn und daraus dann auch unter anderem die Lohnsteuer. In Wirklichkeit aber zahlten sie den Arbeitern einen Großteil des Lohnes schwarz aus - 6,2 Millionen Euro sollen so geflossen sein.

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Dabei konnten die Arbeiter selbst festlegen, wie viel legal und wie viel schwarz ausgezahlt werden sollte - womöglich ohne das Bewusstsein, dass geringe offizielle Lohnzahlungen sich später negativ auf die Rentenhöhe auswirken. Um Bargeld zu bekommen und die Schwarzgeldzahlungen zu verschleiern, verbuchten die mutmaßlichen Täter Scheinrechnungen von mindestens 16 anderen Firmen, die zum Teil auch durch die Angeschuldigten aus dem Hintergrund gesteuert wurden.

Im Juli 2022 begannen etwa 90 Durchsuchungen in Deutschland, Serbien, Rumänien, Spanien und Frankreich. Dabei wurden etwa 200 Zeugen und Beschuldigte vernommen. Neben der Sprachbarriere ergab sich oftmals das Problem, dass die Arbeitnehmer von dem System ja selbst profitierten oder parallel zu ihrer Arbeit Sozialleistungen beziehen. Deshalb hatten sie oftmals kein großes Interesse, den Ermittlungsbehörden zu helfen und ihre Arbeitgeber zu belasten. Teilweise wurden mögliche Zeugen durch die mutmaßlichen Täter wohl auch eingeschüchtert und bedroht.

Die Staatsanwaltschaft hat mit den Anklagen rund 100 Bände Ermittlungsakten an das Landgericht übergeben. Das, in Gestalt der Wirtschaftsstrafkammer, muss nun entscheiden, ob die Anklagen zugelassen werden und wann der Prozess beginnt.

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