Nikkei Kitchen:Der Geschmack von zwei Kulturen

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Serviert wird im Nikkei Kitchen natürlich auch das peruanische Nationalgericht Ceviche von frischem Wolfsbarsch (rechts). Überzeugen kann "North Beef 770", Rinderrippe, 36 Stunden in Koriandersauce, Bier, Chili und Kreuzkümmel (hinten), links der Schweinebauch. (Foto: Stephan Rumpf)

Im Nikkei Kitchen erlebt man die Küche Perus - so, wie sie dort einst die Einwanderer aus Japan bereicherten. Das Restaurant ist ein Gewinn für München, und das hat seinen Preis.

Von Karl-Heinz Peffekoven

Trotz seiner Zuneigung zu den kulinarischen Traditionen Perus ist Peffekoven froh, dass eine derselben den Sprung über das weite Meer hierher nicht geschafft hat und, so der Herr ein Einsehen hat, hoffentlich auch nicht schaffen wird. In der Andenstadt Cusco und anderswo versteht man unter einem Bier in geselliger Runde tatsächlich ein Bier. Das heißt aber in keiner Weise, dass es bei einer Flasche Bier bliebe, oh nein. Es bedeutet, dass besagte gesellige Runde eine einzige Flasche Bier kreisen lässt, bis sie leer ist: Wer den letzten Schluck nimmt, hat umgehend die nächste zu besorgen. Peffekoven betrachtet sich in Gastro-Dingen eigentlich als schmerzfrei, aber vor ein paar Jahren in Cusco musste er, im Wortsinn, ordentlich schlucken, bevor ihm der hygienische Aspekt der Sitte so was von egal war. Er hofft aber im Interesse seiner liebenswürdigen Mittrinker von damals, dass sie während Corona vorübergehend ausgesetzt wird.

Aber zur Sache. Im Nikkei Kitchen ist derlei nicht zu befürchten, und die sehr nette Bedienung nimmt auch die Corona-Kontrolle vorbildlich ernst. Recht peruanisch ist die Anmutung: ein kleiner Raum, ein paar Tische darin verteilt, kurzer Tresen, dahinter die Küche - solche Kleinrestaurants findet man vielfach in Peru. Das Nikkei Kitchen ist aber noch weit mehr als das, nämlich ein hierzulande seltener Vertreter der an den Anden boomenden Zwei-Kulturen-Küche, sie geht auf jene Einwanderer aus Japan zurück, die im späten 19. Jahrhundert als Arbeitskräfte nach Peru kamen. Viele sind geblieben, ihre Nachfahren nennen sich Nikkei, daher der Name. Es gibt dort zahlreiche (für viele Einwohner leider unerschwingliche) japanisch-peruanische Kochwettbewerbe, Messestände und natürlich Restaurants.

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Das besondere sowohl der peruanischen wie erst recht der Nikkei-Küche ist die Variationsbreite, selbst für Klassiker gibt es Dutzende unterschiedlicher Rezepte. Und Variation ist auch das Motto von Küchenchef Michael Canepa, der zuvor im Matsuhisa Mandarin Oriental und für das Izakaya München tätig war. Natürlich steht auch hier ganz oben das Nationalgericht Perus - Ceviche von frischem Wolfsbarsch, mariniert in frischem Limettensaft, mit Gemüse, Koriander, peruanische Chilli ají limo), dazu gerösteter peruanischer Mais aus den Anden und rote Zwiebel - sehr nah am Original (kleine Portion 18,80 Euro, große 34,80). "Ceviche Fisch & Octopus" wird um Tintenfischstückchen ergänzt sowie um die fantastisch intensive Ají-amarillo-Sauce aus gelbem peruanischen Chili. Bei "Ceviche Toryufu" kommen stattdessen gekochte Garnelen und Fischrogen dazu (je 24,80 Euro).

Der Gastraum ähnelt tatsächlich seinen peruanischen Vorbildern. Kleinrestaurants wie dieses gibt es dort viele. (Foto: Stephan Rumpf)

Eine Explosion nicht nur im Geschmack, sondern auch für das Auge war die Vorspeise Otoshi mit knallroten Fischeiern, gebettet in Avocadocreme und gelben Chili (11,80 Euro). Ein sehr schöner Mix gelang auch mit den japanischen Dumplings, drei kleinen Teigtaschen, gefüllt mit Schweine- und Rindfleisch sowie Shitake-Pilzen, dazu kommen Ingwer, Kimchi und Frühlingszwiebeln. Sie sind bei einem Preis von 14,70 Euro allerdings nur ein Happs.

Bei den Hauptspeisen gefiel den Testern das pikante Hühnchen mit eingelegten Gurken, Rettich und Zwiebeln sowie Reis und Chilicreme. Schön und angenehm leicht war auch die Domburi Garnele mit Pilzen und Gemüse, gebraten in der beliebten peruanischer Streetfood-Chilisauce Anticucho (23,40 Euro). Hier wie bei den meisten Nikkei-Gerichten harmonieren die unterschiedlichen Geschmacksnoten ganz wunderbar. Peffekovens Favorit war "North Beef 770", eine herrlich mürbe marinierte Rinderrippe, die 36 Stunden in Koriandersauce, Bier, Chili und Kreuzkümmel gekocht worden war (27,40 Euro). Übrigens: Wer gerade wegen Corona Restaurantbesuche lieber meidet, kann den vorzüglichen Take-Away-Service nutzen.

Küchenchef Michael Canepa schenkt einen edlen japanischem Whisky ein. Empfehlenswert ist auch der klassische Drink Perus: Pisco Sour. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Nikkei ist eine wunderbare Bereicherung der internationalen Küche in München, freilich eine, die ihren Preis hat. Schon 0,2 Liter trockener deutscher Landwein (Battenfeld weiß) kosten acht Euro (das wären früher, denkt Peffekoven in seiner Eigenschaft als Nostalgiker, 16 Mark für ein Glas Wein gewesen; andererseits, die Weinpreisexzesse finden sich inzwischen sehr häufig bei Münchens Corona-geplagten Gastronomen). Mit vier Personen geht ein Abendessen schnell ins Geld.

Wer das vergessen möchte, dem sei der klassische Drink Perus empfohlen, der hier in Vollendung serviert wird: Pisco Sour, den bekommt man nicht oft, eine wirklich eigenwillige Kreation aus dem Traubenschnaps Pisco, viel Limette und Eiweiß, meist, wie auch hier, mit Geheimzutaten der Bar verfeinert. Allein der Pisco Sour lohnt einen Besuch des Nikkei Kitchen. Allerdings, liebe Freunde, möchte Peffekoven warnen: Der Drink ist wirkmächtig - belasst es lieber bei einem.

Nikkei Kitchen. Adresse: Herzogstraße 86, 80796 München, Telefon: 0176/88479259, Öffnungszeiten: täglich 17 bis 21 Uhr (Küche).

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