Die Situation dürften viele Jugendliche kennen: Eine aufgebrachte Mutter platzt ins Zimmer, gerade hat sie Anrufe mit Beschwerden diverser Lehrerinnen und Lehrer erhalten: Die Tochter übe nicht Ukulele, bereite sich nicht auf den Mandarin-Unterricht vor, erscheine nicht zur Mathe-Nachhilfe. "Natürlich ist das satirisch zugespitzt, Mandarin und Ukulele dürften eher die Ausnahme sein, aber uns ging es darum, die Erwartungen zu veranschaulichen, von denen Kinder und Jugendliche ständig umstellt sind", sagt Julia Riegel. Sie ist die Regisseurin des Mashup-Musicals "Generation Jetzt" aus der Starke-Kids-Serie der Sarré-Musikprojekte, das am 13./14. Oktober im Carl-Orff-Saal im Fat Cat, dem ehemaligen Gasteig, Premiere hat.
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Die zugrunde liegende Idee kam von den jungen Akademisten selbst, sagt Leiterin Verena Sarré bei einem Probenbesuch vorab im Fat Cat, wo sie zu ihrer großen Freude mit ihrer Akademie seit Juni diesen Jahres eine neue Bleibe mit ausreichenden Räumlichkeiten gefunden hat. Es ist bereits das vierte Stück der "Starke Kids"-Reihe, die sie zwischen ihren großen Musik-Produktionen "Oliver", "Zauberflöte" oder "Peter Pan" realisiert. Die Themenwahl des aktuellen Projekts war eindeutig: "Mental Health" sei das drängendste Problem für die Jugendlichen, noch vor den Themen Umweltzerstörung und Klimawandel. "Als sie das äußerten, hat es uns spontan die Tränen in die Augen getrieben", sagt Riegel.
Anders als die bayerischen Schulen und viele Politiker es wahrhaben wollten, hätte die Pandemie ihnen unglaublich zugesetzt. "Der Vater eines unserer Mitglieder leitet eine psychosomatische Klinik, es ist unfassbar, was er uns erzählt hat über die Probleme, mit denen die jungen Menschen zu kämpfen haben", sagt Sarré. Deshalb werde er auch ein Vorwort für das Programmheft verfassen.
Derweil proben die 80 Akademisten im Tanzsaal was passiert, als Fanny, frustriert von dem Streit mit ihrer Mutter, im Chat einer Fitnesstrainerin landet, dort einen Workout mitmacht und den begeistert im Klassenchat teilt. Prompt hagelt Hate-Speech auf sie nieder: Von "Du Bohnenstange" bis "Bist du fett" reichen die Kommentare, "deine Haare, das sind doch Extensions" und "deine Brüste, die sind doch nicht echt" lauten die Vorwürfe. Bis Fanny, verkörpert von der 15-Jährigen Lisa, einen fulminanten Wut-Tanz hinlegt, choreografiert nach dem Song aus dem Pixar-Klassiker "Inside Outside" - "Alles steht Kopf".
Als roter Faden zieht sich eine Experten-Talkrunde durch die Aufführung, in der Professorinnen, Politiker und Therapeuten über die Jugend diskutieren. Mittendrin sitzt verloren ein Junge, dem ständig das Wort abgeschnitten wird und der sich immer tiefer in seinen Hoodie verkriecht. Dazu passt Naomi Scotts Song "Speechless" aus dem Disney-Film "Aladdin" natürlich bestens. Überhaupt kommen in der Aufführung viele Disney-Songs zum Einsatz, Jenniffer Kaes Lied "Druck" aus "Encanto" etwa, oder Kristen Bells Song "The Next Right Thing" aus "Frozen 2" als Befreiungsschlag aus der Depression. Den Schlusssong "We decide" haben die Akademisten indes zusammen mit ihren Musik- und Gesang-Couches selbst getextet und komponiert.
Generation Jetzt - Starke Kids!, Fr., 13. Okt., 17.30 Uhr, Sa., 14. Okt., 11 & 15 Uhr, Carl-Orff-Saal im Fat Cat, Rosenheimer Str. 6