Bahn-Streik in München:Ratlos an Gleis 24

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Der Münchner Hauptbahnhof am Tag des GDL-Streiks. (Foto: Alessandra Schellnegger/Alessandra Schellnegger)

Der Warnstreik der Lokführer trifft auch die Münchner Pendler: Die meisten S-Bahnen fahren nur einmal in der Stunde, eine Linie entfällt komplett. Auch Regionalzüge sind betroffen - aber nicht alle.

Von Anne Eberhard und Andreas Schubert

Eigentlich hatten sich Claudia Blank und Matthias Bauer auf ein bisschen deutsche Ordnung gefreut. Gerade waren sie in Indien unterwegs, am Donnerstag landeten sie mit dem Flugzeug in München. Doch die Weiterreise gestaltet sich schwieriger als gedacht: Im Reisezentrum des Flughafens riet man ihnen, zum Hauptbahnhof zu fahren und dort nachzusehen, welche Züge überhaupt fahren. Nun stehen Claudia Blank und Matthias Bauer etwas ratlos am Gleis 24. Ob sie ein Regionalzug nach Passau bringt, wissen sie am Vormittag noch nicht.

Dass die Urlauber erst einmal nicht weiterkommen, hat seinen Grund: Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat zum Warnstreik aufgerufen. Am Mittwoch und Donnerstag kam es deshalb zu massiven Beeinträchtigungen im Nah- und Fernverkehr. Viele Menschen hatten sich aber offenbar auf die Einschränkungen eingestellt. An den Bahnsteigen warten weniger Reisende als sonst, und viele Züge sind am Vormittag leerer als gewöhnlich.

Matthias Bauer hat trotz der Unannehmlichkeiten Verständnis für den Streik. "Es ist die einzige Möglichkeit, die Lohnforderungen durchzusetzen", sagt er. Seine Begleiterin sieht das anders. Sie halte die Forderungen für "ambitioniert", sagt Claudia Blank. Sie selbst arbeite im öffentlichen Dienst, zu schlechteren Bedingungen, als sie die Lokführer jetzt fordern. Wenn es wenigstens mehr Alternativangebote gäbe, sagt Blank, "wäre ich nicht so genervt".

Auch am Münchner Hauptbahnhof spüren Pendler und Reisende die Auswirkungen des Warnstreiks. (Foto: Alessandra Schellnegger)

GDL und Deutsche Bahn (DB) hatten sich in der vergangenen Woche zur ersten Verhandlungsrunde für einen neuen Tarifvertrag getroffen und nach einigen Stunden die weiteren Gespräche auf diesen Donnerstag vertagt. Die Gewerkschaft fordert unter anderem 555 Euro mehr pro Monat für die Beschäftigten sowie eine Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3000 Euro. Als Knackpunkt gilt die Forderung nach einer Arbeitszeitreduzierung von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter bei vollem Lohnausgleich.

Die DB hat vorab ihren Fahrgästen geraten, Reisen nach Möglichkeit auf die Zeit nach dem Streik zu verschieben. Celine Straube musste ihre Reise trotzdem antreten. Auch sie kam am Donnerstag am Münchner Flughafen an, mit einem Flug aus Bali. Da sich die meisten Flüge nicht so einfach verschieben lassen, fuhr die S-Bahn zwischen Pasing und dem Flughafen trotz des Streiks alle 20 Minuten.

Die Linien S1, S2, S3, S4, S6 und S7 fuhren dagegen nur einmal pro Stunde, die S20 fiel ganz aus. Die S8 verkehrte zwischen Herrsching und Germering-Unterpfaffenhofen stündlich, zwischen Germering-Unterpfaffenhofen und Pasing alle 20 bis 40 Minuten. Laut DB funktioniert der Notfahrplan. Und in der Innenstadt bekommen Nutzer der S-Bahn auf der Stammstrecke vom Streik kaum etwas mit, weil etwa alle fünf Minuten ein Zug vorbeikommt.

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Wer lieber aufs Auto setzt, kommt ebenfalls gut voran. Das Verkehrschaos bleibt aus, das bestätigen auch Messungen des Verkehrsdatenanbieters Tom-Tom. Der Verkehr fließe zwar schlechter als am Donnerstag vor einer Woche, aber besser als noch am Dienstag dieser Woche. Auch im Vergleich zum großen Verdi- und EVG-Mobilitätsstreik im März seien die Straßen weniger voll.

Es gibt auch positive Überraschungen an diesem Streiktag. Eigentlich wollte Julius Ostermann heute von zu Hause aus arbeiten, doch als er auf sein Smartphone schaute, stellte er fest: "Es fährt doch alles!" Ostermann pendelt täglich von Mering nach Pasing. Diese Strecke wird vom Betreiber Go Ahead bedient und wurde ebenso wenig bestreikt wie die Regionalzüge der Bayerischen Regionalbahn und des Alex. Er sei froh, dass die Beschäftigten streiken dürften, sagt Ostermann. "An einem normalen Donnerstag geht das", fügt er hinzu. Weniger Verständnis habe er, wenn es um die Weihnachtsfeiertage gehe.

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