S-Bahn:"Wie viel Bairisch darf es sein und wie viel Bairisch muss es sein?"

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Regina Wallner und Graham Baxter nehmen Weihnachtssprüche auf. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Münchner S-Bahn-Stimmen feiern im Dezember zehnjähriges Jubiläum. Im Advent geben sie den Fahrgästen feierliche Grüße mit auf den Weg - auf Bairisch und in feinstem Oxford-Englisch.

Von Kai Blum, München

"Heiligabend steht vor der Tür, lasst's eich ned stressn - Hobt's olle Gschenke kauft, die Platzl gessn? 'S vierte Kerzal is heit dro - Mia fahrn eich gern, aber des wisst's ja scho!" Mit diesen und weiteren Reimen wird Regina Wallner, die bairische Stimme der S-Bahn-Stammstrecke ab dem dritten und vierten Adventswochenende tausende Fahrgäste auf die Reise schicken. Das Gedicht hat Wallner zusammen mit Anna Stangl von der Fahrgastinformation selbst gereimt. Graham Baxter, die englische Stimme, wird englischsprachigen Fahrgästen ebenfalls Frohe Weihnachten und ein Frohes Neues über die Lautsprecher wünschen.

Die beiden Münchner S-Bahn-Stimmen feiern in diesem Dezember ihr zehnjähriges Jubiläum in den Zügen der Stammstrecke und wurden gestern zum ersten Mal in ein Tonstudio nach Giesing eingeladen, um ein bairisches Weihnachtsgedicht, englische Weihnachtsgrüße und eine Silvesterbotschaft aufzunehmen - zuvor gab es spezielle Grüße nur zum Oktoberfest. Im Frühjahr 2009 startete die S-Bahn in München einen Medienaufruf, um die generischen, unpersönlichen "Roboteransprachen" durch menschliche und freundliche Ansagen zu ersetzen. "Ich wollte die Zeitung gerade auf dem Wertstoffhof entsorgen, als ich darin sah, dass eine Person mit Oxford-Englisch gesucht wurde", sagt Graham Baxter. "Da dachte ich, die meinen mich." Baxter, aufgewachsen und zur Schule gegangen in Oxford, kam für seinen Beruf als Banker 1984 nach München, lernte seine Frau kennen und wohnt heute in Olching im Landkreis Fürstenfeldbruck.

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Regina Wallner, die deutsche Stimme, sagt über die ersten Aufnahmen: "Ich habe mich gefragt: Wie viel Bairisch darf es sein und wie viel Bairisch muss es sein?" Die Ansagen der Haltestellen und Verkehrsinformationen sind nur dezent mit bairischem Akzent gesprochen, das Weihnachtsgedicht ist jedoch stark eingefärbt. Wallner, die aus Prien in Oberbayern stammt und nun in München als Journalistin beim Bayerischen Rundfunk arbeitet, spricht auch Verkehrsmeldungen und Staus für Bayern 1 und Bayern 3 ein, während Baxter bis dahin Laie war.

Man wollte damals eine persönliche Note in die Ansagen bringen, sagt eine Sprecherin der S-Bahn München. Die Jury, bestehend aus Vertretern von Fahrgastverbänden, habe sich aufgrund der angenehmen Tonfarbe für die beiden jetzigen Ansager entschieden. Die beiden Stimmen setzten sich im Sommer 2009 erfolgreich bei einem Casting gegen mehr als 200 Bewerber durch und wurden kurz danach in ein Tonstudio nach Berlin eingeladen. Ursprünglich waren es über 200 Haltestellen, Umleitungen und Reiseinformationen, die Wallner und Baxter in einem freundlichen Bayerisch und angenehmen Oxford-Englisch einsprachen. Seitdem kamen zahlreiche hinzu. Pläne für weitere Feste gibt es noch nicht.

Baxter, der die S-Bahn selbst fast jeden Tag nutzt, wurde einmal erkannt. "Ich habe mich mit meiner Tochter unterhalten und die Dame gegenüber fragte, ob ich die Stimme aus dem Lautsprecher sei." Wallner und Baxter fühlen sich mit ihren Ansagen verbunden, aber nur zu einem gewissen Grad: "Für Verspätungen können wir selbstverständlich nichts", sagt Wallner, "ich höre aber immer noch genau hin, ob es Verbesserungsbedarf gibt".

© SZ vom 20.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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