Ukraine-Krieg:Polizei bereitet sich auf prorussische Kundgebungen vor

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Die Polizei bereitet sich auf die Versammlungen am 9. Mai 2022 vor. (Foto: Timo Weber / aal.photo via www.imago-images.de/imago images/aal.photo)

Für den 9. Mai sind in München zwei Versammlungen angemeldet. Das ist ein heikles Datum, an dem in Moskau die traditionelle Militärparade stattfindet, mit der Russland an den Sieg über Hitler-Deutschland erinnert.

Von Martin Bernstein

Mehrere hundert Menschen haben am Samstag vor der Münchner Feldherrnhalle erneut gegen den Krieg in der Ukraine demonstriert. Auch in München lebende Russen haben Mitte April auf einer Kundgebung deutlich gemacht, was sie von Putins Angriff auf das Nachbarland halten: nichts. In einer Woche wollen sich nun erstmals in München mutmaßliche Unterstützer des russischen Präsidenten öffentlich zu Wort melden. Mit zwei Kundgebungen vor der Oper und auf dem Platz der Opfer des Nationalsozialismus. Der Zeitpunkt der Demonstrationen und mögliche strafbare Inhalte beschäftigen schon im Vorfeld Polizei und Kreisverwaltungsreferat (KVR).

Angemeldet sind die beiden Kundgebungen für den Nachmittag des 9. Mai. Ein heikles Datum, an dem in Moskau die traditionelle Militärparade stattfindet, mit der Russland jedes Jahr an den Sieg über Hitler-Deutschland 1945 erinnert. Erwartet wird, dass Putin diesen Tag für eine Propagandarede nutzt - oder sogar die Generalmobilmachung ausruft. Die Versammlung auf dem Max-Joseph-Platz soll sich laut KVR gegen die angebliche Diskriminierung russischsprachiger Menschen richten. Rund 700 Teilnehmer werden von den Veranstaltern erwartet. Am zentralen Münchner Gedenkort für die Opfer der Nazi-Diktatur findet gleichzeitig - wie jedes Jahr - eine "Ehrung der sowjetischen Opfer im WW II" statt. Diese Versammlung ist laut KVR im engen Zusammenhang mit dem "Tag des Sieges" zu sehen, der in Russland und einigen anderen Staaten ein Feiertag ist.

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Bei ähnlichen Veranstaltungen in anderen Städten billigten einzelne Teilnehmer mit Symbolen (dem ominösen "Z" der russischen Invasionstruppen), Flaggen oder Parolen den Angriffskrieg - in Deutschland eine Straftat, die mit bis zu drei Jahren Haft geahndet werden kann. Die Münchner Polizei will am 9. Mai deshalb auch russischsprachige Beamte einsetzen. Sie ermittelt bereits in rund einem Dutzend Fälle wegen mutmaßlicher Verstöße gegen den Paragrafen 140 des Strafgesetzbuches in diesem Zusammenhang.

Darunter sind auch Postings im Messenger-Dienst Telegram, der in Russland entwickelt wurde und der sich insbesondere bei zahlreichen Gruppen der bisherigen Pandemieleugner-Szene großer Beliebtheit erfreut. In Münchner Telegram-Gruppen und -Kanälen ist derzeit zu beobachten, wie sich die Diskussionen weg vom Thema Corona hin zu einer meist russlandfreundlichen Darstellung des Ukrainekriegs verschieben. In einer dieser Gruppen wurde jüngst das "Z"-Symbol in diesem Zusammenhang gepostet. Auf einem Account, der den Namen eines Münchner Autors aus der verschwörungsideologischen Szene trägt, werden Grünen-Politiker im Kampfanzug als "die besseren Nazis" tituliert und der Krieg verharmlost: "Nach den Russen und Angelina Jolie marschieren jetzt weitere Promis in der Ukraine ein - fragt sich nur, was schlimmer ist." Im Kanal eines anderen Münchners heißt es: "Russland gibt Europa eine Chance bis zum Frühsommer - dann endet das bequeme Leben der EU wegen der Ukraine".

Nicht nur mögliche Propagandadelikte beschäftigen die Münchner Polizei derzeit im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg. Es gab auch weitere Übergriffe gegen Einzelpersonen und Einrichtungen, betroffen waren in München lebende Ukrainer, aber auch Russen. Wohnungstüren wurden mit Schmähungen und Nazi-Symbolen beschmiert, beleidigende Mails verschickt. Mehrere Attacken galten dem russischen Generalkonsulat in Bogenhausen. Mitte März wurde eine erst wenige Wochen zuvor nach München gezogene Russin an ihrer Wohnungstür in der Isarvorstadt von zwei Männern überfallen, geschlagen und beschimpft - in akzentfreiem Russisch, wie die Frau später aussagte. Wegen eines möglichen politischen Hintergrundes ermittelt auch hier der Staatsschutz.

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