Die Kinder haben die neue Stadtbibliothek Riem am Elisabeth-Castonier-Platz 19 längst für sich entdeckt. Auf den 700 Quadratmetern Fläche fühlen sie sich schon richtig zuhause - und dennoch ist es mucksmäuschenstill, die Atmosphäre konzentriert. Vier Neuankömmlinge laufen direkt zur Spielkonsole. Abiturienten sitzen im Lern- und Konferenzraum und brüten über ihren Schulbüchern. Während die ganz Kleinen bei einer Vorlesestunde im "Kinderzimmer" sind, können die Eltern im "Lesegarten" entspannen.
Etwa drei Viertel des Angebots des 23. Standorts der Münchner Stadtbibliothek sind an Kinder und Jugendliche gerichtet, es wird seit der Eröffnung im Mai intensiv genutzt. Neben einer schier riesigen Auswahl an Kinder- und Jugendliteratur (darunter viele Hörbücher), gibt es auch interaktive, digitale Bilderbücher, die man sich auf eigens dafür vorgesehenen Tablets anschauen kann.
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Viele Kinder sind schon durch das digitale Angebot und das kostenlose Wlan angelockt worden, aber dann doch mit mehreren Büchern in der Tasche nach Hause gegangen. Schüler, die ihren Nachmittag hier verbringen, erzählen, dass sie in der Bücherei auch schon neue Freunde gefunden haben. Die Einrichtung wertet das Stadtviertel nicht nur in ihren Augen auf.
Grundschüler Lukas war seit der Eröffnung schon sechs oder sieben Mal in der Bibliothek, erzählt er. Er trifft sich hier regelmäßig mit einem Klassenkameraden. Heute ist er mit seinem Vater da. Lukas gefällt besonders, dass er hier einen Computer nutzen kann - sogar, wenn er mal seinen Bibliotheksausweis vergessen hat. Aber auch der Rest des vielfältigen Angebots hat es ihm angetan.
"Hier passiert in Kürze etwas Digitales ", steht in großen Buchstaben an der Wand des Foyers, in dem man auch ein Lastenrad bewundern kann, das vor der Fertigstellung der Bücherei als mobile Bibliothek gedient hat. Was da genau Digitales passieren soll, verrät die Leiterin der Stadtbibliothek Riem, Brigitte Bielinski: Es soll eine Ausstellung zum Thema Planung in der Messestadt geben. Die Münchner Raumentwicklungsgesellschaft informiert hier demnächst auf großen Touchbildschirmen zum Beispiel über die Geschichte der Messestadt und das Leben in der Region - vom ehemaligen Flughafen bis hin zu aktuellen Bauprojekten.
300 bis 400 Besucher zähle die Bibliothek durchschnittlich am Tag, sagt Bielinski, die meisten davon kämen nachmittags ab etwa 15 bis 16 Uhr. "Es ist eine Bibliothek vom Viertel fürs Viertel", erzählt sie weiter. Die Bücherei arbeitet eng mit den Schulen und Kitas des Stadtteils zusammen. Zum Beispiel bietet sie Bibliothekseinführungen für die Kleinsten an.
Zudem arbeitet der Künstler Martin Lapper, der sich schon länger mit der Messestadt beschäftigt, mit Schülerinnen und Schülern des Stadtteils an einem Kunstprojekt mit dem Titel "Timeline", das sich mit der Frage beschäftigt, wie sich das Gebiet verändert hat. Die jungen Kunstschaffenden planen, Teile des Projekts in der Bibliothek auszustellen - an einer Wand, an der man sich aktuell noch über die Entstehungsgeschichte der neuen Bücherei informieren kann.
Schon im Jahr 2013 haben engagierte Bürger aus der Nachbarschaft gefordert, dass die Messestadt Riem eine eigene Stadtbibliothek bekommen soll. Die Planung begann 2015, der Bau 2018. Da sich die Fertigstellung zunächst verzögerte, hat das Bibliotheksteam 2021 das Lastenrad angeschafft, durch das es in Riem zumindest schonmal eine kleine Bibliothek auf Rädern gegeben hat. Anfang 2023 konnte dann der Innenausbau der Bibliothek endlich beginnen. Ständig wurde das Team gefragt: "Wann geht's endlich los?".
Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), Kulturreferent Anton Biebl und Arne Ackermann, Direktor der Münchner Stadtbibliothek, eröffneten den neuen Bibliotheksstandort am 25. Mai. Schon am ersten Tag haben fast 2000 Menschen die Gelegenheit genutzt, um einen ersten Blick in die Räumlichkeiten der neuen Bibliothek zu werfen. Zur Eröffnung gab es Live-Musik, unter anderem von Kinderchören, und die Clownin Miss Pitty hat die Besucher unterhalten.
Neben der Bibliothek haben im Neubau auch ein Jugendcafé der Arbeiterwohlfahrt und ein Mieterzentrum der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewofag eröffnet. Das benachbarte Bildungslokal, das ebenfalls in städtischer Trägerschaft ist, arbeitet mit der Bibliothek bereits bei der Planung und Durchführung von Sprachkursen zusammen. Zudem soll ein Streetwork-Standort einziehen. Ob sich für die Besucher eine symbiotische Nutzung der verschiedenen Einrichtungen ergibt, wird sich noch zeigen. Leiterin Bielinski spekuliert, dass die anderen Einrichtungen mehr von den Bibliotheksbesuchern profitieren werden als andersherum.
Auch wenn bisher alles gut läuft, müssen noch ein paar letzte Kleinigkeiten erledigt werden. Im "Lesegarten" fehlen zum Beispiel noch die Sonnenschirme und im "Kinderzimmer" die Fenster-Deko und einige Möbel. Doch schon nach so kurzer Zeit ist die Bibliothek in der Messestadt fest verwurzelt, weil sie Raum zum Austausch und zur Entspannung bietet - für jede Altersgruppe.