Residenz in München:Des Königs Gelbe Treppe

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Der Prunk-Aufgang in der Residenz ist erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder zugänglich. Damit ist die Sanierung des Königsbaus vollendet - und ein Stück Geschichte wieder hergestellt.

Von Jakob Wetzel

Diese Treppe sollte schon damals Eindruck machen, und diese Wirkung entfaltet sie immer noch - oder besser: jetzt wieder. Es ist nicht ganz 200 Jahre her, da ließ Bayernkönig Ludwig I. seinen damaligen Lieblingsbaumeister Leo von Klenze den Königsbau der Residenz errichten, jenen Trakt am Max-Joseph-Platz, der aussieht wie ein Adelspalais in Florenz. Und wenn einem der König in seiner neuen Behausung fortan eine Audienz gewährte, hieß es für die Gäste erst einmal: Treppensteigen.

Als Zugang hatte Klenze eine Prunktreppe entworfen, die Gelbe Treppe, so genannt wegen des gelben Stuckmarmors an den Wänden. 28 Stufen führten hinauf vom älteren "Schwarzen Saal" der Residenz zu den königlichen Appartements. Und diese Treppe ist ab sofort wieder offiziell in Betrieb: Als erste sind sie am Mittwoch Bayerns Finanzminister Albert Füracker und die Vorsitzende der Edith-Haberland-Stiftung Catherine Demeter hinaufgeschritten. Etwa eine Viertelstunde vor ein Uhr sind sie nach oben gegangen, dann wieder hinunter und später noch einmal hinauf, damit die Fotografen zufrieden sind.

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Füracker und Demeter haben die Treppe damit der Öffentlichkeit übergeben: die laut "bedeutendste Prunktreppe Klenzes", sagte Füracker. Sie sei "ein weiteres architektonisches Highlight" für München und die Residenz. Fünf Jahre lang ist sie für 6,5 Millionen Euro wiederhergestellt worden. Etwa die Hälfte davon hat die Edith-Haberland-Stiftung finanziert, um der Treppe aus ihrem "traurigen Dasein" heraus zu helfen, wie Demeter sagte. Denn die Treppe war seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr zu sehen gewesen. Sie hatte zwar die verheerenden Bombenangriffe im Frühjahr 1944 halbwegs glimpflich überstanden; beim Wiederaufbau aber standen andere Gebäudeteile im Fokus. So wurde etwa, statt die zwölf Meter hohe Kuppel über dem Treppenaufgang zu rekonstruieren, eine Zwischendecke eingezogen; es wurden Stufen entfernt und sogar Mauern im Treppenhaus gebaut.

Das alte Erscheinungsbild sei aber lückenlos dokumentiert worden, sagte Füracker. So habe man nun alles authentisch rekonstruieren können. Damit sei nun auch die Sanierung des Königsbaus vollendet.

Originalgetreu bis ins Detail: Damit ist die Sanierung des Königsbaus vollendet

Die Originaltreue beginnt bei der Kuppel und den beiden Karyatiden, die das Portal am oberen Ende der Treppe flankieren: Sie personifizieren die Gerechtigkeit und die Beharrlichkeit, entsprechend König Ludwigs Wahlspruch, der über ihren Köpfen zu lesen ist. Bildhauer Benno Ortner hat sie nach Zeichnungen und Fotografien neu geschaffen. Doch die Originaltreue reicht bis zu den Details, etwa zu den Handläufen, deren Verlauf authentisch sei, sagt Norbert Achatz vom Staatlichen Bauamt München I. Oder zu den Treppenstufen: Die bestanden einst aus Rosenheimer Granitmarmor; um an dieses Material wieder heranzukommen, habe man eigens einen stillgelegten Steinbruch reaktiviert.

Die Gelbe Treppe ist ab sofort für Besucher des Raumkunstmuseums der Residenz zugänglich. Bis sie nach Lust und Laune die Treppe hinauf- und hinunterschreiten können, braucht es freilich noch etwas Geduld: Das Museum ist wegen der Corona-Pandemie nur auf einem festen Rundweg zu besuchen. Erst wenn die Regeln gelockert sind, steht dem Treppensteigen wirklich nichts mehr im Wege.

© SZ vom 10.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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