Münchner Norden:Eine Kleinstadt für die Hightech-Riesen entsteht

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Statt Wohnungen werden in der Parkstadt Schwabing weitere Büros gebaut. Nun steht der erste neue Mieter fest: der Onlinehändler Amazon.

Von Stefan Mühleisen

Knapp ein Jahr nach dem überraschenden Kurswechsel der Immobilienfirma Argenta für die Bebauung der verbliebenen Flächen in der Parkstadt Schwabing steht inzwischen der erste neue Bewohner fest. Auf einem 13 300 Quadratmeter großen Areal, das derzeit Microsoft als Firmenparkplatz nutzt, errichtet der Immobilienentwickler ein Bürogebäude, in das der Internethändler Amazon als Hauptmieter einziehen wird. "Mit dem neuen Büro können wir den Campus modernisieren, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter näher zusammenbringen und ihnen ein fortschrittliches, nachhaltiges Arbeitsumfeld bieten", teilt eine Sprecherin mit.

Damit baut der US-Konzern seine Präsenz in München weiter aus, wobei die Niederlassung in der Landeshauptstadt schon jetzt der größte Bürostandort des Unternehmens in Deutschland ist. Amazon zog vor knapp 20 Jahren von Halbergmoos in die Stadt, seinerzeit mit 200 Mitarbeitern. Inzwischen sind es nach Firmenangaben mehr als 2500, verteilt auf Büros am Odeonsplatz und mehre Gebäude in der Parkstadt Schwabing, darunter auch im "The m.pire"-Komplex; diese Flächen will Amazon aufgeben und in den Neubau einziehen, der nach dem Baustart im Mai 2021 nach Plänen der Argenta Anfang 2024 fertig sein soll.

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Der größte Grundstückseigentümer und Generalentwickler in der Parkstadt stellt mit diesem Projekt die Weichen für die Arrondierung zu einer nahezu reinen Hightech-Kleinstadt. Bis zum Herbst 2019 hatte es so ausgesehen, als könnte es anders laufen - und eine von Bürgern und Politikern oft beklagte Unwucht ausgeglichen werden. Auf dem ehemaligen Industriegebiet entstand über die Jahre ein Hybrid aus Gewerbe- und Wohngebiet, wobei die Komplexe der Tech-Konzerne deutlich in der Überzahl sind: 12 000 Arbeitsplätze gibt es auf diesem 40 Hektar großen Areal - und nur 2300 Einwohner. Dazu vier Hotels mit insgesamt 900 Betten. Die Folge: immense Verkehrsprobleme, kaum Stadtteil-Infrastruktur, von urbanem Stadtteilflair ganz zu schweigen.

Die Argenta hatte sich vor zehn Jahren vorgenommen, diesen Geburtsfehler zu korrigieren, konkret: auf den unbebauten Restflächen gut 800 Wohnungen zu errichten. Doch Argenta-Chef Helmut Röschinger erklärte 2019 die Verhandlungen mit der Stadt für gescheitert, stoppte das Bebauungsplanverfahren - und kündigte an, nach geltendem Baurecht Büros errichten zu wollen. Und so geschieht es nun.

Den Anfang bildet das neue Amazon-Domizil an der Ecke Anni-Albers-Straße/Lyonel-Feininger-Straße, wobei die Argenta das Gebäude im Bestand behalten will. Es wird ein sechs- bis siebenstöckiges Haus mit 37 300 Quadratmetern oberirdischer Geschossfläche. In der Tiefgarage sind 450 Stellplätze vorgesehen, dazu 900 Fahrradabstellplätze. Für die Fassade sind geschosshohe, versetzt angeordnete bronzierte Eloxalrahmen geplant sowie vertikal vorgelagerte Lamellenelemente aus Naturstein. Die Eingangshalle soll den Angaben zufolge "gebäudehoch" werden, auf verschiedenen Dachflächen sollen 1500 Quadratmeter begrünte Terrassen entstehen.

Der Neubau schließt eine von vier Lücken in der Parkstadt-Bebauung; die drei anderen Grundstücke umfassen nach Angaben der Argenta insgesamt 17 000 Quadratmeter. "Wir planen, unsere Flächen zügig zu bebauen, sobald geeignete Nachfrage besteht", sagt Röschinger - wobei die Büro-Immobilien einer Zusage des Argenta-Chefs nicht im Wege stehen sollen. Lange schon wünschen sich die Parkstädter - im Schulterschluss mit dem Bezirksausschuss - städtisches Leben in diesem von Gewerbebauten dominierten Quartier, einen zentralen Platz mit Läden und Cafés.

Röschinger hat dies immer wieder versprochen - und er will Wort halten. Die städtischen Planungen für die Umgestaltung des Kreuzungsbereichs Anni-Albers-Straße/Lyonel-Feininger-Straße laufen bereits; die Argenta beteiligt sich laut Röschinger an den Kosten mit einer Summe von einer Million Euro. Der Neubau für die Amazon-Mitarbeiter bildet die westseitige Einfassung und wird nach Röschingers Worten "wesentlich zum Entstehen des von der in der Parkstadt Schwabing ansässigen Bevölkerung gewünschten urbanen Platzes beitragen". Denn die Erdgeschossbereiche seien für Läden reserviert, darunter ein Supermarkt und Gastronomie. Die Fassade im Erdgeschoss soll dabei etwa zwei Meter zurückversetzt werden, sodass ein arkadenartiger, überdachter Freibereich für Tische und Stühle entsteht.

Wie genau die gesamte Kreuzung zur "Urbanen Mitte" umgestaltet wird, ist noch nicht entschieden. Das Planungsreferat will weitere Untersuchungen anstellen, hieß es zuletzt.

© SZ vom 15.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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