Die Schwabinger kämpfen für den Erhalt "ihres" Karstadt am Nordbad. Mit einer Unterschriftenkampagne und einer Online-Petition solidarisieren sie sich mit den Mitarbeitern und fordern den Vermieter Ariston Real Estate dazu auf, den Standort nicht preiszugeben. Rund 1300 Namen standen am Donnerstagnachmittag bereits auf den Unterschriftenlisten, die seit Dienstag am Haupteingang und an der Kasse des Warenhauses ausliegen. Die Petition zählte zu diesem Zeitpunkt 325 Unterstützer. Die Listen sollen OB Dieter Reiter (SPD) bei den Verhandlungen mit dem Konzern helfen.
"Als wir von der geplanten Schließung erfahren haben, waren wir erschüttert", sagt Claudia Djabbari-Heilgemeir. Die 43-Jährige ist wie viele Kundin "seit Babytagen" und hat gemeinsam mit ihrer Freundin Sonja Brkic die Unterschriften-Aktion ins Leben gerufen. Die beiden Frauen wissen, wie wichtig den Menschen im Viertel das Kaufhaus an der Schleißheimer Straße ist. "Meine Mutter sitzt im Rollstuhl, kann aber ganz bequem zum Karstadt rüber rollen", erklärt Djabbari-Heilgemeir. Gerade für Ältere, die nicht online shoppten, erklärt die Schwabingerin, sei die Infrastruktur immens wichtig.
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Neben dem Kaufhof am Stachus werden die Standorte am Nordbad und einer der beiden im OEZ aufgegeben. Nach Gewerkschaftsangaben sind davon etwa 350 Mitarbeiter betroffen.
Ähnlich sehen das die SPD-Politikerinnen Ruth Waldmann und Simone Burger. "Der Karstadt am Nordbad ist etwas Besonderes, das merkt man gerade jetzt in der Krise", sagt die Landtagsabgeordnete Waldmann, die am 7. Juli die Petition gestartet hat. Nicht nur, dass das Kaufhaus für kleinere Geschäfte in der Umgebung wie ein Magnet wirke und "der inoffizielle Hauptplatz des Stadtviertels" sei, an dem sich die Schwabinger träfen. Dieser Standort, meint die Betriebsratsvorsitzende Karin Kübler, könne derzeit auch nicht über Kunden klagen. "Wir laufen nach dem Lockdown besser als die Innenstadt-Filialen, weil es bei uns geräumig und gemütlich ist." Dass der Karstadt am Nordbad 80 Prozent Stammkunden hat und eine Belegschaft, deren Betriebszugehörigkeit bei durchschnittlich 24 Jahren liegt, zeigt, wie beliebt der Laden ist. "Wir haben sogar einen Mitarbeiter, der schon 46 Jahre dabei ist", erzählt Kübler. "Die Kunden und wir, wir sind zusammen alt geworden."
Die Betriebsratschefin kann "nicht nachvollziehen", warum dieses Haus keine gute Entwicklung haben soll. "Wir haben seit der Eröffnung 1968 bis vor zwei Jahren immer schwarze Zahlen geschrieben." Erst 2018/19, als Mietnachzahlungen, eine Mieterhöhung und zudem Umbauten zu stemmen waren, sei die Filiale in die roten Zahlen gerutscht. Ruth Waldmann und Stadträtin Simone Burger sorgen sich nun vor allem um die Beschäftigten. Sie wollen, falls es zu Kündigungen oder zum Übertritt in eine Transfergesellschaft kommt, das Personal unterstützen.