Kulturfest:Große Leinwand für Neuperlach

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Patrik Thomas (v. li.), Hanna Hütter, Andrea Benze und Sam Hosseini feiern mit dem mobilen Fahrradkino bei der Stadtteilwoche in Neuperlach Premiere. (Foto: Stephan Rumpf)

Bei der Stadtteilwoche feiert ein mobiles Freiluft-Fahrradkino Premiere, in dem Kurzfilme von Schülern und Schülerinnen gezeigt werden. Doch das soll nur der Anfang sein für "eine Art Filmarchiv des Viertels".

Von Patrik Stäbler

Wenn an diesem Freitag bei der Stadtteilwoche Ramersdorf-Perlach nahe der Theatronbühne im Ostpark zum Open-Air-Kino geladen wird, dann ist dies sowohl un- als auch außergewöhnlich. Ungewöhnlich, weil es in Neuperlach trotz mehr als 50 000 Einwohnerinnen und Einwohnern kein einziges Lichtspielhaus gibt - was gerade junge Menschen im Viertel oft beklagen. Und außergewöhnlich, weil alles, was es für diesen Kinoabend braucht, vom Projektor über die Leinwand bis zu den Sitzsäcken fürs Publikum, auf zwei Rädern in den Ostpark gelangt: Mit dem "Ciné Velo Cité" - einem Freiluft-Fahrradkino, das bei der Stadtteilwoche seine Premiere feiert.

Doch bevor es so weit ist, muss Patrik Thomas strampeln. Der Münchner Filmemacher wird das Fahrradkino - eine Kombination aus E-Lastenrad plus Anhänger, mit allem Drum und Dran gut 300 Kilo schwer - von den Domagkateliers nach Neuperlach fahren. Wobei der 36-Jährige gut im Training ist, schließlich hat er in den vergangenen drei Monaten fast 1500 Kilometer auf dem Gefährt zurückgelegt. Zu zahllosen Testfahrten kam das andauernde Pendeln zwischen seinem Atelier, der Werkstatt in der Hochschule München, wo das Fahrradkino zusammengeschraubt wurde, und dem Shaere in Neuperlach. Dort hat Patrik Thomas mit Architekturstudierenden sowie Schülerinnen und Schülern der Wilhelm-Röntgen-Realschule mehrere Kurzfilme gedreht. Sie handeln von den Zukunftsvisionen der Jugendlichen für "Neuperlach 2030" und werden nun bei der Stadteilwoche erstmals gezeigt - im Fahrradkino.

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"Für uns ist das ein Testballon", sagt Patrik Thomas. Der Filmemacher trägt seit Jahren die Idee für ein Fahrradkino mit sich herum; nun hat er das "Ciné Velo Cité" in Kooperation mit der Hochschule München unter Leitung von Andrea Benze sowie den Münchner Kammerspielen verwirklicht. Das Ziel sei es, "einen Ort der Begegnung und Interaktion zu schaffen", sagt Thomas. Und: "Wir wollen kulturelle Bildung und Teilhabe in Neuperlach fördern." Schließlich ist das selbstgebaute Gefährt nicht nur ein mobiles Kino, sondern obendrein ein fahrendes Filmlabor.

Das "Ciné Velo Cité" hat sämtliches Equipment an Bord, um Filme zu drehen - etwa bei Workshops mit Kindern und Jugendlichen. "Community Filmmaking", nennt das Thomas. Er betont: "Wir wollen die Kultur im Stadtteil erforschen und können durch die Wahl der Spielorte auch bisher übersehene Plätze in Neuperlach entdecken." Mit der Zeit solle eine Art Filmarchiv des Viertels entstehen, hofft er - "von einfachen Kurzfilmen von Schülern bis hin zu professionell gedrehten Filmen".

Bei der Stadtteilwoche stehen nun aber erst mal die ersten Filmvorführungen des Fahrradkinos an, zu dem auch ein 30 Kilo schwerer Akku gehört, der den nötigen Strom liefert. Aufgeladen wird er über eine mobile Solaranlage; künftig soll dies auch durch mit Muskelkraft angetriebene Fahrraddynamos möglich sein. Nach der Premiere am Freitag um 21 Uhr im Ostpark folgt tags darauf eine weitere Aufführung im Wohnring nahe der Einrichtung "Zusammen Aktiv in Neuperlach" (ZAK). Neben diesen beiden Filmabenden umfasst das Programm der Stadtteilwoche Ramersdorf-Perlach noch Dutzende weitere Veranstaltungen - von Konzert bis Kabarett, von Führung bis Fotoausstellung, von Zirkusfestival bis Zeichenworkshop.

Bei allen Veranstaltungen ist der Eintritt frei

Insgesamt beteiligen sich mehr als 200 Kreative, Vereine und Institutionen an dem Kulturfest in Münchens bevölkerungsreichstem Stadtbezirk; bei allen Veranstaltungen an den gut 50 Spielorten ist der Eintritt frei. Im Zentrum der Stadtteilwoche steht der Festplatz im Ostpark auf der Wiese neben dem Theatron. Dort geht es am Donnerstag um 19.15 Uhr mit der Eröffnung im Zirkuszelt los, ehe die Kabarettistin Franziska Wanninger den künstlerischen Auftakt gibt. Ein weiterer Höhepunkt im Ostpark ist die Kulturdult am Samstag und Sonntag, bei der sich zig Vereine und Initiativen vorstellen.

Doch auch andernorts im Viertel ist einiges los - etwa im Shaere, wo unter anderem ein Graffiti-Workshop, ein Schachturnier sowie ein Erzählcafé angeboten werden. Und am Sonntag, 2. Juli, heißt es am Karl-Marx-Ring "Get down am Steini", wenn diverse Hip-Hop-Künstler auf der Open-Air-Bühne stehen. Mit dabei ist auch "Großes K", der "Bürgermeister von Neuperlach", dessen Stimme man freilich schon tags zuvor im Ostpark hören wird. Denn eigens für das Fahrradkino hat "Großes K", der bürgerlich Kandala Nzanzala heißt, zusammen mit Jugendlichen einen 30-sekündigen Rapsong über das "Ciné Velo Cité" aufgenommen. Dieser Jingle, mit wummernden Bässen unterlegt, solle zu einer Erkennungsmelodie des Projekts werden, sagt Filmemacher Patrik Thomas. "So dass man - wie beim Eismann, der durchs Viertel fährt - gleich weiß, dass das Fahrradkino in Neuperlach unterwegs ist."

Das komplette Programm der Stadtteilwoche Ramersdorf-Perlach steht auf www.stadtteilwochen-muenchen.de .

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