Zwischenfall bei Kundgebung:"Für mich war es ein Spießrutenlauf"

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Marian Offman, interreligiöser Beauftragter der Stadt München (Foto: Stephan Rumpf)

Der ehemalige Stadtrat Marian Offman ist am Rande einer Kundgebung auf dem Max-Joseph-Platz in den Austausch von Beleidigungen verwickelt. Am Ende wird er von Polizeibeamten unsanft abgeführt.

Von Joachim Mölter

Am Rande einer Kundgebung von Verschwörungsanhängern auf dem Max-Joseph-Platz hat es am Mittwochabend einen Zwischenfall mit dem langjährigen Stadtrat Marian Offman gegeben, der womöglich ein Nachspiel im Landtag haben wird. Der SPD-Abgeordnete Florian Ritter hat jedenfalls bereits eine Anfrage angekündigt, auch die Fachstelle für Demokratie der Landeshauptstadt München will sich mit dem Fall beschäftigen, wie Offman der SZ sagte.

Der 74-Jährige, der zwischen 2002 und 2020 erst für die CSU und am Ende für die SPD im Stadtrat saß, war kurz nach Beginn der Versammlung um 18.30 Uhr recht unsanft von Polizeibeamten vom Max-Joseph-Platz weggeführt worden. Auf Videos ist zu sehen, wie er dabei von beiden Seiten an den Oberarmen gepackt wird. Vorausgegangen war nach Polizeiangaben eine "verbale Auseinandersetzung", die letztlich zu gegenseitigen Anzeigen wegen Beleidigung führte.

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Brisant ist der Zwischenfall zum einen wegen des Datums - am 9. November gedenkt die jüdische Gemeinde der Pogromnacht der Nationalsozialisten im Jahr 1938. Zum anderen wegen der Konstellation auf dem Platz vor der Oper - dort hatten sich auch viele Rechtsdenkende versammelt, unter dem Vorwand, sich für politische Gefangene zu engagieren. Nach Angaben von Offman, dem ehemaligen Vizepräsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde für München und Oberbayern, wurde er in einen Streit verwickelt, als er ein Plakat monierte, auf dem ein Davidstern zu sehen gewesen sei. Im weiteren Verlauf kam es zwischen Offman, einem Mann, den er später als AfD-Politiker identifizierte, sowie einer Frau zum Austausch von Beleidigungen. Gegenüber Offman wurde dessen Glaube thematisiert, der konterte "einmal mit sittlich abwertenden Äußerungen, einmal mit politisch abwertenden", wie es ein Polizeisprecher formulierte.

"Am liebsten würde ich auswandern"

Zur Feststellung der Personalien sollten die Beteiligten aus der Versammlung herausgebracht werden, wogegen Offman sich zunächst sträubte, wie er zugibt. "Ich hätte meinen Personalausweis aber an Ort und Stelle gezeigt", versichert er. Die anschließende Abführung empfand er dann nicht nur als körperlich schmerzhaft, sondern vor allem als "große Erniedrigung. Für mich war es ein Spießrutenlauf". Er müsse sich nun fragen, wie er mit diesem Fall umgehen solle, gab er zu: "Am liebsten würde ich auswandern."

Offman hält das Vorgehen der Polizisten jedenfalls für "unverhältnismäßig" und eine "massive Verfehlung", zumal seine Kontrahenten ungleich pfleglicher behandelt worden seien. Andreas Franken, der Sprecher der Münchner Polizei, nahm seine Kollegen am Donnerstag in Schutz und erklärte: "Es handelte sich um eine Gruppe junger Polizisten einer Einsatzhundertschaft. Sie kannten den Namen der Person nicht und wussten auch nicht, um wen es sich handelt. Ich kann nachvollziehen, dass ein Bürger jüdischen Glaubens in einer solchen Situation mit dem Kontext der Versammlung und des speziellen Datums sich emotional belastet fühlt."

Offman selbst erhielt keine Reaktion aus dem Polizeipräsidium. "Da werden sie nie einen Fehler eingestehen", sagte er, "eher gehen sie in Pension."

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