Landgericht München I:16-Jährigen im Streit um Kokain fast erschossen: Lange Haftstrafen für Angreifer

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Als die Angreifer das Kokain schon an sich genommen hatten, zückte einer von ihnen eine Waffe und schoss dem Opfer in den Bauch. (Foto: imago/Westend61)

Die fünf jungen Männer hatten ihr Opfer in seiner Wohnung in Milbertshofen überfallen, mit Metallstangen geschlagen und ausgeraubt. Dann fiel ein Schuss, der beinahe tödlich geendet hätte.

Von Isabel Bernstein

Sie wollten größere Mengen Kokain und sich für eine Attacke auf einen Bekannten rächen - am Schluss starb fast ein Mensch: Nun muss ein 17-Jähriger nach einem Angriff mit Schusswaffe und Metallstange auf einen Gleichaltrigen für sechs Jahre und drei Monate in Haft. Das Landgericht München I verurteilte ihn wegen versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung und besonders schweren Raubes sowie Handelns mit Betäubungsmitteln. Drei Mittäter erhielten wegen gefährlicher Körperverletzung und besonders schweren Raubs mehrjährige Jugendstrafen zwischen fünf Jahren und drei Monaten sowie zwei Jahren und neun Monaten. Ein 24-Jähriger, der die Angreifer in die Wohnung des damals 17-Jährigen gelassen hatte, wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.

Das Landgericht sah es nach 17 Hauptverhandlungstagen als erwiesen an, dass einer der Angeklagten die drei anderen am 13. Januar 2022 in die Wohnung des damals 16-Jährigen hineinließ, wo sie über ihr Opfer herfielen und mit Metallstangen auf ihn einprügelten. Auch nahmen sie ihm 80 Gramm Kokain ab, das er bei sich zu Hause hatte.

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Als die drei anderen den Tatort schon verlassen hatten, zückte der Hauptangeklagte - zum Tatzeitpunkt 16 Jahre alt - eine Waffe und schoss seinem Gegenüber in den Unterbauch. "Mit Tötungsvorsatz", davon ist das Gericht überzeugt. Der Schuss sei mit den anderen Angreifern nicht abgesprochen gewesen, er sei "nach einer provozierenden Äußerung des Geschädigten" abgegeben worden.

Nach der Tat ließen die junge Männer ihr Opfer schwer verletzt zurück. Der 17-Jährige erlitt bei dem Schuss eine mehrfache Dünndarmperforation und überlebte nur dank einer Notoperation im Klinikum Schwabing. Staatsanwältin Christina Bichler warf den Angeklagten im Prozess vor, sich in Milbertshofen wie in einer Parallelwelt aus einem Gangsterfilm zu verhalten, in der falsche Loyalitäten untereinander bedeutsamer seien als die geltenden Gesetze.

Der Vorsitzende Richter Stephan Kirchinger stellte in seiner Urteilsbegründung bei den Angeklagten eine "massive kriminelle Energie" fest und eine erhebliche Dissozialität, die die teils langen Jugendstrafen rechtfertigten. Einer der Angeklagten musste während der Urteilsbegründung wegen der Störung und Belästigung eines Mitangeklagten auf einen anderen Platz verwiesen werden. Bei vier der Angeklagten wurde außerdem die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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