Unter Ausschluss der Öffentlichkeit hat die 3. Jugendkammer am Landgericht München I den Prozess gegen einen 17-Jährigen aus München eröffnet. Der Minderjährige soll im März vergangenes Jahr bei einer Bandenschlägerei in Milbertshofen einen 18-Jährigen mit einem Messer getötet haben. Angeklagt ist er wegen Totschlags. Nach Angaben von Gerichtssprecher Laurent Lafleur schwieg sich der Angeklagte zunächst über die Tat aus.
17 Verhandlungstage hat die Kammer unter dem Vorsitz von Richter Matthias Braumandl anberaumt, um die Tat zu rekonstruieren, Zeugen zu befragen und Gutachter zu hören. Wie die Polizei kurz nach dem Vorfall am Korbinianplatz bekannt gab, soll es von dem Geschehen sogar ein Handy-Video geben. Unklar war nach der Tat vor allem das Motiv, warum es zu der brutalen Auseinandersetzung gekommen war. Laurent Lafleur, Leiter der Pressestelle für Strafsachen, erklärte auf Nachfrage, dass die Anklage verlesen worden sei und sich der Angeklagte bislang nur zu seinen persönlichen Verhältnissen geäußert habe, nicht aber zum Tatgeschehen. Am Nachmittag sollte die Kammer mit dem Beweisprogramm beginnen.
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Nach den damaligen Aussagen von Oberstaatsanwältin Anne Leiding hatten sich am frühen Abend des 14. März zwei Gruppen in dem kleinen Park am Korbinianplatz getroffen, "um eine tätliche Auseinandersetzung durchzuführen". Fünf Jugendliche und Heranwachsende sollen einer Gruppe von 15 Gleichaltrigen gegenüber gestanden sein. Doch während der Schlägerei sollen alsbald auch Waffen im Spiel gewesen sein.
Die Mordkommission rekonstruierte den Tatablauf in dem kleinen Park und kam zu den Schluss, dass ein 18-jähriger Azubi, das spätere Opfer, zuerst einen "spitzen Gegenstand", wohl ein Messer, gezogen haben müsse. Das soll er einem 15-Jährigen in den Bauch gerammt haben. Daraufhin soll ein 16-Jähriger mehrfach mit einem "spitzen Gegenstand" auf den 18-Jährigen eingestochen haben. Der Jüngere erlitt schwere Verletzungen, schwebte aber nicht in Lebensgefahr. Der 18-Jährige wurde unter laufender Reanimation in eine Klinik gebracht, wo er wenig später seinen schweren Verletzungen erlag. Beide Opfer sowie der mutmaßliche Täter sind laut Aussagen der Polizei bereits mit dem Gesetz in Konflikt geraten - teilweise mehrfach.
Die Polizei appelliert an Jugendliche: Keine Messer einstecken!
Wie Stephan Beer, Leiter des Morddezernats, damals ausführte, habe der Polizei bei den Ermittlungen der Zufall in die Hände gespielt. Der Vater des 16-jährigen mutmaßlichen Täters hatte seinen Sohn bei der Polizei als vermisst gemeldet. Er war am Abend der Tat nicht nach Hause gekommen. Als die Beamten der Mordkommission tags darauf den 16-Jährigen wieder daheim antrafen und als Zeugen mit zur Vernehmungen nahmen, soll er "durch eine Spontanäußerung" den Verdacht auf sich gezogen haben, so Beer. Anschließend habe der Jugendliche von seinem Recht zu Schweigen Gebrauch gemacht.
Die Staatsanwaltschaft stufte die Tat als Totschlag ein. "Das klassische Mordmerkmal der Heimtücke fällt weg", sagte Oberstaatsanwältin Anne Leiding, zumal sich die beiden Gruppen zu einer Auseinandersetzung verabredet hatten. Ein Urteil wird Anfang August erwartet.
Mit Sorge betrachtet die Polizei die Tatsache, dass sich immer mehr Heranwachsende mit Messern bewaffneten. Kriminalrat Stephan Beer appellierte nach der Festnahme des Tatverdächtigen an alle Jugendlichen, keine Stichwaffen, insbesondere keine Messer, mit sich zu führen. Wer zusteche, zerstöre gleich zwei Leben: "Das des Opfers genauso wie das des Täters." Davor war im Oktober 2021 ein 18-Jähriger bei einer Messerstecherei am Karl-Preis-Platz lebensgefährlich verletzt worden. Kurz darauf starb ein 17-Jähriger an einer Stichverletzung bei einem Drogendeal am Rosenheimer Platz. In beiden Fällen waren die Täter noch Teenager.